Life - Richards, K: Life - Life
- der Wärter führt den Todeskandidaten zur Hinrichtung:
Sing me back home with a song I used to hear …
Sing me back home before I die.
Wie so oft erwies sich Bill Carter als Retter in der Not. Aber er hatte ein Problem: 1975 hatte er den Visumsbehörden zugesichert, dass unsere Drogeneskapaden der Vergangenheit angehörten. Und jetzt stand ich in Toronto vor Gericht - wegen Drogen schmuggel . Carter flog direkt nach Washington. Nicht etwa, um mit seinen Freunden im Außenministerium oder in der Einwanderungsbehörde zu sprechen, die ihm bereits mitgeteilt hatten, dass ich nie wieder in die USA einreisen durfte. Nein, er wollte ins Weiße Haus. Schon als er die Kaution stellte, hatte er dem kanadischen Gericht von meinem Gesundheitszustand berichtet. Ich wäre heroinsüchtig, und von dieser Sucht müsste ich geheilt werden. Seine Bekannten im Weißen Haus, in dem Jimmy Carter Hausherr war,
bekamen dasselbe zu hören. Bill warf sein volles politisches Gewicht in die Waagschale; beispielsweise unterhielt er sich mit einem Berater, der für Carters Strategie in Sachen Drogen zuständig war. Glücklicherweise war dieser Berater gerade beauftragt worden, effektivere Lösungen als simple Strafen zu erarbeiten. Unser Carter erzählte ihm, sein Klient wäre vom rechten Weg abgekommen und hätte ernsthafte gesundheitliche Probleme - und ob es den USA möglich wäre, diesem Klienten in ihrer Gnade ein Sondervisum zu gewähren? Warum ausgerechnet die USA und nicht Borneo? Nun ja, es gäbe nur eine einzige Frau, die mich heilen könnte, und das wäre Meg Patterson mit ihrer Black-Box-Therapie, die über elektrische Impulse funktionierte. Meg Patterson lebte in Hongkong, konnte aber in die Staaten kommen, wenn ein Arzt für sie bürgte. Bill Carter hängte sich wirklich mächtig ins Zeug - mit Erfolg. Seine Leute im Weißen Haus wiesen die Einwanderungsbehörde an, mir ein Visum auszustellen, und das kanadische Gericht erlaubte mir, in die Vereinigten Staaten auszureisen. Es war ein Wunder. Wir durften uns ein Haus in Philadelphia mieten, wo ich die nächsten drei Wochen lang tagtäglich von Meg Patterson behandelt wurde. Als die verschriebene Behandlungsdauer abgelaufen war, zogen wir weiter nach Cherry Hill, New Jersey. Ich war auf einen Radius von vierzig Kilometern um Philadelphia beschränkt, was Cherry Hill einschloss. Ein wunderbarer Deal zwischen Ärzten, Anwälten und Beamten der Einwanderungsbehörde - nur für Marlon lief es nicht ganz so rosig.
Marlon: Sie ließen ihn einreisen, damit er einen Entzug machen konnte. Deshalb zogen wir nach New Jersey. Ich wohnte bei einer Arztfamilie, einer sehr religiösen Familie. Das war wirklich das Schlimmste für mich. Eben noch mit dem
ganzen Stones-Haufen im Hotel und jetzt in diesem Haus in New Jersey bei einer konservativen christlichen amerikanischen Familie mit weißem Lattenzaun und Skateboards. Ich ging in eine amerikanische Schule, wo sie jeden Tag beteten. Das war ein echter Schock. Alle paar Tage durfte ich Keith und Anita besuchen, die nur ein paar Häuser entfernt wohnten. Ich konnte es nicht erwarten, da rauszukommen. Ich glaube, ich war ein ziemlicher Rüpel. Die Familie hielt mich für wild, und dann die langen Haare. Ich trug keine Schuhe und überhaupt ungern Klamotten. Meine Sprache war so wüst, wie man sie sich bei einem Siebenjährigen überhaupt nicht vorstellen kann. Ich glaube, sie hatten nur Mitleid mit mir. Es war erbärmlich. Ich mochte die Familie nicht, sie wollten einen lieben amerikanischen Jungen aus mir machen. Dabei war ich vorher nie in Amerika gewesen. Bei Amerika dachte ich an Indianer und herumziehende Büffelherden, und plötzlich saß ich in New Jersey und dachte: O Gott, wenn ich hier vor die Tür gehe, dann ziehen sie mir den Skalp vom Schädel.
Auch wenn ich unter Meg Pattersons Obhut clean wurde - bei einer von den Behörden verordneten Entziehungskur fehlt mir die rechte innere Überzeugung. Megs Methode sollte der schmerzlose Weg aus der Sucht sein. Elektroden an den Ohren aktivieren Endorphine, die - in der Theorie - den Schmerz ausschalten. Meg befürwortete Alkohol, sozusagen als Ersatz, als Ablenkung - in meinem Fall war das Jack Daniel’s. Also trank ich kräftig unter Megs mütterlicher Anleitung. Eine interessante Methode. Sicher half sie, aber ein Vergnügen war das auch nicht. Nach der Kur, die etwa zwei Wochen dauerte, entschieden die Einwanderungsbehörden, dass sie mich noch einen weiteren Monat
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