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Life - Richards, K: Life - Life

Titel: Life - Richards, K: Life - Life Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Richards
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Winkel zum Mischpult. Wenn man sich eine Aufnahme anhörte, war der eine Lautsprecher weiter von einem entfernt als der andere. Das Studio nebenan war mit einem viel größeren Mischpult und wesentlich ausgefeilterer Technik ausgestattet, aber vorerst spielten wir in dieser Lagerhalle. Wir teilten den Raum mit Trennwänden ab und setzten uns im Halbkreis zusammen. In den ersten paar Tagen betraten wir den Kontrollraum so gut wie nie - er war einfach zu klein.

    Kimsey bemerkte sofort, was das Studio für einen fantastischen Sound hatte. Da das Studio nur als Proberaum genutzt wurde, war die Miete billig, was unser Glück war, da wir sehr lange an der Platte arbeiteten und nie nach nebenan in das richtige Studio wechselten. Das primitive Mischpult stellte sich als das gleiche Modell heraus, das die EMI in den Abbey Road Studios benutzte - sehr bescheiden und einfach, mit kaum mehr als den Reglern für Höhen und Bässe, aber mit einem phänomenalen Sound, in den sich Kimsey sofort verliebte. Heute sind Relikte dieses Mischpulttyps anscheinend Sammlerstücke für Musiker. Der Sound war kristallklar, aber dreckig, sehr funky, und er hatte genau dieses gewisse Club-Feeling, das wir uns vorstellten.
    Es machte großen Spaß, dort zu spielen. Auch wenn Mick immer wieder mal sagte: »Kommt schon, gehen wir in ein anständiges Studio« - wir blieben dort. Weil bei einer Aufnahmesession alles passen muss, besonders bei dieser Art von Musik. Gegen den Strom schwimmen funktioniert nicht, wir sind keine Lachse. Wir müssen uns treiben lassen können. Und wenn der Raum nicht gut klingt, dann verliert man das Vertrauen, dass die Mikrofone auch wirklich das einfangen, was man will, dann fängt man an rumzubasteln. Wenn die Band lächelt, dann weißt du, der Raum ist gut. Als sehr wichtig bei Some Girls sollte sich ein kleiner grüner Kasten erweisen, den ich verwendete, ein MXR-Effektpedal, ein Delay. Das Ding habe ich bei den meisten Songs eingesetzt. Es gab der Band einen ganz speziellen Sound. In gewisser Weise hat ein bisschen Technologie den Unterschied gemacht. Ein kleiner Kasten, wie bei »Satisfaction«. Bei Some Girls habe ich es endlich hinbekommen, das Ding richtig einzusetzen, zumindest bei den schnellen Songs. Charlie zog voll mit, und auch Bill Wyman, das muss ich sagen. Eine Atmosphäre der Erneuerung war spürbar. Ein Faktor war auch, dass wir punkiger
sein wollten als die Punks. Weil die nicht spielen können, und wir können spielen. Alles, was die können, ist einen auf Punk machen. Möglich, dass mir das wie ein Stachel im Fleisch saß, zugegeben. Wir wollten es ihnen zeigen, diesen Johnny Rottens, dieser Kinderkacke. Ich liebe jede neue Band. Deshalb bin ich auf der Welt, ich ermuntere die Leute, Musik zu machen und Bands zu gründen. Aber denen ging es gar nicht um die Musik, sondern bloß darum, Leute anzurotzen, also ehrlich, da haben wir locker mehr drauf.
    Und es gab noch was, das mich unter Druck setzte: der üble Prozess, der mir bevorstand, und das Bedürfnis, nach dem ganzen Theater - der Verhaftung, dem Geschrei, der Entziehungskur - zu beweisen, dass das ganze Leiden einen Sinn gehabt hatte. Und das ist auch gelungen.
    Da wir schon ziemlich lange nicht mehr zusammen gespielt hatten, mussten wir wieder auf unsere alte Form des Songwritings und der Gemeinschaftsarbeit zurückgreifen - an Ort und Stelle, von der ersten Note an. Wir sprangen ins kalte Wasser und machten es wie in alten Zeiten, mit bemerkenswerten Resultaten. »Before They Make Me Run« und »Beast of Burden« waren echte Teamarbeit. Bei »When the Whip Comes Down« lieferte ich bloß das Riff, und Mick erledigte den Rest. Ich schaute in die Runde und sagte: »Scheiße, der Kerl hat endlich mal einen Rock’n’Roll-Song geschrieben. Ganz allein!« »Some Girls« war Micks Song. »Lies« auch. Im Grunde lief es so: Er sagte: »Ich hab da einen Song«, und ich sagte: »Wie wär’s, wenn wir es so oder so probieren?«
    Als wir »Miss You« aufnahmen, hielten wir zunächst nicht viel davon. Wir sagten: »Aha, Mick war mal wieder in der Disco und hat was vor sich hingesummt, als er nach Hause kam.« Der Beat, der »four on the floor«, ist das Ergebnis von Micks Nächten im Studio 54. Spielt doch mal eine Melodie über den Beat, sagte er.
Wir dachten: Okay, tun wir ihm den Gefallen, geben wir halt unseren Senf dazu, wenn er denn unbedingt seinen Disco-Scheiß haben will. Doch je mehr wir rumspielten, desto interessanter wurde der Beat. Und

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