Life - Richards, K: Life - Life
Einfuhr von Drogen. Dafür würde ich verdammt lange sitzen. Besser, ich bereitete mich schon mal darauf vor.
Und das ist einer der Gründe, warum ich schließlich endgültig auf Entzug gegangen bin: Ich wollte nicht auf Turkey im Knast landen. Ich wollte meinen Fingernägeln Zeit zum Wachsen geben. Das sind nämlich die einzigen Waffen, die einem bleiben, wenn man im Knast sitzt. Und so abhängig, wie ich inzwischen von dem Zeug war, war ich auf dem besten Weg, dass es bald sowieso nicht mehr möglich sein würde, weiter in der Weltgeschichte herumzufahren und zu spielen. Ein Monat später, im Juni 1978, sollte die Some-Girls-Tour starten. Ich wusste, dass ich vorher clean werden musste. Jane Rose hatte mich immer wieder gefragt: »Wann wirst du endlich clean?«, und ich hatte immer erwidert: »Morgen.« Im Jahr zuvor hatte ich es schon mal versucht, es dann aber doch versaut; seither hing ich wieder an der Nadel. Das war jetzt meine letzte Chance. Ich wollte nie wieder was von einem Drogendeal hören. Ich hatte genug. Man macht das zehn Jahre, hört auf, bekommt einen Orden und setzt sich zur Ruhe. Und Jane stand mir bei - Gott schütze sie. Jugs - das ist ihr Spitzname - hielt ihr Wort. Für mich war es entsetzlich. Aber auch für sie muss es furchtbar gewesen sein. Sie musste mit ansehen, wie ich die Wände hochging, mich vollschiss und völlig ausklinkte … Wie hat sie das bloß alles durchgestanden? Zu der Zeit waren die Stones gerade in den Bearsville Studios in Woodstock im Staat New York zusammengekommen, um für die Tour zu proben. Ich war zu Hause mit Anita. Von dem Moment, als ich das Heroin aufgab, berichtet Jane am besten selbst.
Jane Rose: Ich war im Grunde zum Kurier geworden - ich brachte regelmäßig Geld oder Drogen für Keith von New York nach Westchester County. Er war einfach nicht zu einem Entzug zu bewegen und brauchte mittlerweile richtig große Mengen, wollte es sich aber nicht eingestehen. Ich hatte
es so satt, ständig nach Westchester beordert zu werden. Als ich wieder mal hinfuhr, waren auch Antonio und Anna Marie, Freunde von Anita, die in Keiths Apartment in der Rue Saint-Honoré in Paris lebten, anwesend (aus Antonio wurde später Antonia). Auch Anita war da. Als Erstes fragten sie mich: »Wo ist das Geld?«, und ich sagte: »Ich hab kein Geld dabei. Es ist in New York.« Sie flippten total aus, und Anita setzte sich ins Auto und bretterte los; sie war stinksauer. Daraufhin erklärte ich ihm: »Keith, heute ist morgen.« Er sagte nämlich immer: Morgen geh ich auf Entzug; das war direkt vor der Tour im Mai. An dem Tag hatten er und Anita noch einen Riesenstreit. Keith verschwand nach oben; er war wütend. Anna Marie und Antonio starrten mich bloß an - diese unverfrorene Jüdin aus New York. Sie dachten wohl: Das Mädchen ist so gut wie tot. Wie kann sie es wagen, ohne Geld hierherzukommen? Dann trat Stille ein, und ich ging hoch zum Schlafzimmer mit dem Himmelbett. Er hatte die Schuhe abgestreift. »Okay, ich mach’s; ich hör auf.« Und ich sagte: »Willst du mit nach Woodstock? Da finden die Proben statt. Hau einfach ab hier. Ich komm mit.« Und nach drei Stunden willigte er ein. Wir mussten uns reisefertig machen, bevor Anita zurückkehrte. Ich wusste, dass es nur so funktionierte. Doch sie kam zurück, bevor wir weg waren. Es gab einen fürchterlichen Streit, jemand flog die Treppe runter. Am Ende setzte sich Keith ins Auto, und wir fuhren los. Anita hatte ihre Drogen oder ihr Geld. Und Keith fuhr nach Woodstock und ging auf kalten Entzug. Mick und Jerry Hall kamen für zwei Tage hoch, um mir beizustehen. Ich blieb rund um die Uhr bei Keith. Ich war mit ihm in einem Zimmer, war immer da. Ich weiß nicht, wie viele Tage es insgesamt waren, und ob ich überhaupt mit jemandem gesprochen
habe. Ich war überzeugt, dass er durchkommen würde. Ich glaubte einfach an ihn.
Wenn man irgendwas aus jemandem rauslocken will, dann habe ich einen Tipp: Gib ihm ein, zwei Monate lang Stoff und dann unterbrich plötzlich die Versorgung. Der Typ wird reden. Jane brachte mich durch die 72 Stunden. Sie war dabei, als ich die Wände hochging; schon deshalb mag ich keine Tapeten mehr. Du hast Muskelkrämpfe, hast deinen Körper überhaupt nicht mehr unter Kontrolle. Und du schämst dich furchtbar. Aber du musst das tun. Jane war bei mir. Sie hat mich vom Heroin runtergeholt. Das war das letzte Mal. Ich mach das nicht noch mal mit.
Anita dagegen war keine Hilfe. Sie wollte nicht mitmachen. Doch
Weitere Kostenlose Bücher