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Life - Richards, K: Life - Life

Titel: Life - Richards, K: Life - Life Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Richards
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Toronto. Wir wussten, dass es das Ende für uns alle bedeuten konnte, aber als wir es nun so direkt vor uns hatten, entdeckte der eine oder andere doch auch die positiven Seiten. »So furchtbar wird es schon nicht werden«, sagte Mick. »Selbst wenn der schlimmste Fall eintritt und Keith auf Lebenszeit mit Mrs. Trudeau im offenen Strafvollzug landet, werde ich immer noch auf Tour gehen. Wir können ja eine kanadische Gefängnis-Tournee machen, hahaha.«

    Je länger sich der Prozess hinzog, umso deutlicher kristallisierte sich heraus, dass die kanadische Regierung sich irgendwie aus der Sache herauswinden wollte. Die Mounties und ihre Verbündeten dachten sich: »Na klasse! Super gemacht! Wir haben ihn der kanadischen Regierung auf einem silbernen Tablett serviert!« Und die Trudeaus dachten sich: »Äh, das kommt uns jetzt aber etwas ungelegen.« Jedes Mal, wenn ich vor Gericht erschien, standen fünfhundert bis sechshundert Leute draußen und skandierten: »Free Keith! Free Keith!« Wir wussten, dass das feindliche Lager - die Ankläger -, wenn man die damalige kanadische Regierung als Feind bezeichnen wollte, auf unsicherem Terrain operierte. Mir war das egal. Ich dachte mir, ich käme da umso leichter wieder raus, je härter sie mich angriffen. Die Mounties, oder zumindest die Staatsanwaltschaft, hatten keinerlei Interesse daran, dass die Sache einfach so durchgewunken wurde. Aber wie Bill Carter feststellte, hatten sie sich in fast jedem Anklagepunkt gegen uns selbst die Hände schmutzig gemacht. Sie wussten, dass ich keine Drogen schmuggelte, aber sie wollten das unbedingt vor einem Geschworenengericht durchdrücken, um eine lange Gefängnisstrafe als historisches Exempel zu statuieren. Und das war ihr Fehler. Seht euch Keith Richards an. Der verkauft keine Drogen. Der hat wahrlich genug Geld. Ihm Drogenschmuggel vorzuwerfen, nur um ihn drakonisch abzuurteilen, ist absurd. Der Mann ist hoffnungslos süchtig. Ein Fall für den Arzt. Meine Anwälte schrieben einen Bericht, der darlegte, dass ich, wenn ich nicht Keith Richards wäre, nach allen Präzedenzfällen und allen Entscheidungen, die in Toronto ergangen waren, wahrscheinlich nicht mehr als eine Verurteilung auf Bewährung bekommen würde. Erst im letzten Moment wandelte die Anklage den Vorwurf des Drogenschmuggels in einfachen Drogenbesitz um, fügten dann aber noch eine Anklage wegen Kokainbesitzes hinzu. Doch dieser plötzliche Richtungswechsel
schwächte sie nur und stellte sie bloß, verriet mehr über die kanadische Regierung als über mich. »Hast du schon gehört? Keith Richards nimmt Heroin.« Und? Das ist doch nichts Neues. Die Meldung, dass die Frau des Premierministers im Hotel rumwuselt, um sich vögeln zu lassen, war da schon ein anderes Kaliber. Die Dinge überschlugen sich förmlich. Irgendwann blickte ich nicht mehr durch. Keiner wusste mehr, was da wirklich ablief? Das nennt man Politik - eins der schmutzigsten Geschäfte überhaupt.
    Wir wussten also, dass die Sache im Grunde bereits gelaufen war. Die Frage war, wie lange es dauern würde, bis sie mich würden laufen lassen. Sie hatten sich selbst in diese Situation hineinmanövriert und nun wollten sie nichts mehr davon wissen; jetzt ging es darum, wie sie ohne großen Schaden da wieder rauskämen. Wir warteten also ab, dass die kanadische Regierung weich wurde.
    Am Ende war es das kanadische Volk, das dafür sorgte, dass man mich vom Haken ließ. Die eigentliche Aufgabe war, Margaret Trudeaus Fauxpas zu vertuschen. Wenn die Behörden sofort unbarmherzig durchgegriffen hätten, wäre ich wahrscheinlich allein schon für die Einfuhr von Drogen dran gewesen. Aber als es schließlich zur Verhandlung kam, hatte der neue Richter offensichtlich entschieden, die Sache möglichst unauffällig zu beenden. Sie wollten damit nichts mehr zu tun haben; es konnte nur noch peinlicher werden und kostete mehr Geld, als es die Sache wert ist. Am Tag der Entscheidung erschien ich vor Gericht, in diesem Saal, der an das England in den Fünfzigern erinnerte, mit einem Porträt der Queen an der Wand, das irgendwie komisch wirkte. Der Schauspieler Dan Aykroyd, den ich kurz zuvor bei Saturday Night Live kennengelernt hatte, hielt sich in seiner Eigenschaft als Kanadier und Leumundszeuge bereit. Lorne Michaels, der Erfinder und bis
heute Produzent der Show, sprach vor Gericht über meine Rolle in der großen Welt der Kulturen. Und das erledigte er höchst elegant. Das Gericht machte mir nicht im mindesten Angst.

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