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Life - Richards, K: Life - Life

Titel: Life - Richards, K: Life - Life Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Richards
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den Laden einfach nur zusammenhalten mussten, anstatt vier oder fünf Jahre ziellos herumzuirren und, um danach alles wieder mühsam zusammenpuzzeln zu müssen. Jeder fühlte sich hintergangen. Und was war mit unserer Freundschaft? Hätte er mir nicht von Anfang an sagen können, dass er was anderes versuchen wollte?
    Was mir in dieser Zeit wirklich auf den Zeiger ging, war Micks zwanghaftes Verlangen, einen auf guter Kumpel mit den Firmenbossen zu machen - in diesem Fall mit Yetnikoff. Ununterbrochen rief er ihn an, um ihn mit seinem Wissen zu beeindrucken, um ihm mitzuteilen, dass er alles im Griff hätte. Aber natürlich hat nie eine Person allein alles im Griff. Seine andauernde Einmischung in Angelegenheiten, für die man Fachleuten, die es besser wussten als er, Unsummen bezahlte, nervte jeden.
    Unsere einzige Stärke bestand darin, geschlossen aufzutreten und die Distanz zu wahren. So hatten wir den Decca-Deal ergattert. Wir waren einfach reinspaziert, alle mit Sonnenbrillen, und schüchterten sie so ein, dass sie uns einen der besten Schallplattenverträge aller Zeiten gaben. Meine Theorie über den Umgang mit Leuten von Plattenfirmen lautet: außer bei gesellschaftlichen Anlässen nie persönlich mit ihnen reden, nie warm werden mit ihnen, sich nie in das tägliche Gelaber hineinziehen lassen. Dafür lässt man seine Leute für sich arbeiten. Wenn man Fragen über
Budgets oder Werbung stellt, wird man persönlich erreichbar für diese Burschen. »Hey, Walter, wie läuft das jetzt eigentlich mit …?« Damit schmälerst du deine Macht. Du machst die Band kleiner. Weil dann nämlich Folgendes passiert: »Jagger ist wieder dran.« - »Ach, der soll später noch mal anrufen.« Ich mag Walter Yetnikoff, er ist ein fabelhafter Bursche. Aber indem er zu vertraulichen Umgang mit Walter pflegte, zog uns Mick den Boden unter den Füßen weg.
    Ende 1984 kam es zu dem seltenen Schauspiel, dass Charlie seinen Schlagzeugerpunch einsetzte - einen Punch, den ich nur ein paar Mal beobachtet habe. Er ist tödlich. Balance und Timing müssen stimmen, und man muss Charlie schon bis aufs Blut reizen. Diesmal bekam Mick ihn zu spüren. Wir waren in Amsterdam. Mick und ich standen damals nicht gerade auf freundschaftlichem Fuß, trotzdem schlug ich vor, zusammen einen trinken zu gehen. Ich lieh ihm das Jackett, das ich bei meiner Hochzeit getragen hatte. Als wir wieder ins Hotel kamen, das muss so um fünf Uhr morgens gewesen sein, rief Mick Charlie an. Ich hab noch gesagt, lass das, nicht um diese Uhrzeit. Aber er hat trotzdem angerufen und gesagt: »Wo bleibt mein Schlagzeuger?« Keine Antwort. Mick legte wieder auf. Mick und ich waren ziemlich besoffen - ein paar Gläschen reichen, und Mick ist hinüber. Nach etwa zwanzig Minuten klopft es an der Tür. Ich mache auf. Und da steht er, Charlie Watts, Savile-Row-Anzug, perfekt gekleidet, Krawatte, frisch rasiert, die ganze Chose. Ich roch sogar das Rasierwasser. Ohne mich anzuschauen, marschierte er an mir vorbei und blieb vor Mick stehen. »Nenn mich nie wieder deinen Schlagzeuger!« Dann packte er ihn am Revers meines Jacketts und verpasste ihm einen rechten Haken. Mick fiel hintenüber in eine Platte Räucherlachs und rutschte samt Tisch auf das offene Fenster und die darunterliegende Gracht zu. Ich dachte noch: Das hat gesessen! Doch
dann fiel mir ein, dass er noch mein Hochzeitsjackett anhatte. Ich sprang auf und bekam Mick gerade noch zu fassen, bevor er raus in die Amsterdamer Nacht und die Gracht segelte. Ich begleitete Charlie auf sein Zimmer und glaubte schon, die Sache sei damit erledigt, als er zwölf Stunden später wieder davon anfing. »Scheiße, ich geh jetzt runter und hau ihm noch eine rein.« Es kostete mich vierundzwanzig Stunden, um ihn wieder zu beruhigen. Und Charlie ist wirklich nicht leicht aus der Ruhe zu bringen. »Warum hast du ihn festgehalten?«, fragte er. »Das Jackett, Charlie. Er hatte mein Hochzeitsjackett an.«
     
    Als wir uns 1985 für die Aufnahmen zu Dirty Work in Paris trafen, war die Stimmung schlecht. Die Sessions hatten sich hinausgezögert, weil Mick erst an seinem Soloalbum gearbeitet hatte und danach mitten in der Promotion dazu steckte. Mick hatte so gut wie keine Songs für uns. Er hatte sie alle für seine eigene Platte verbraten. Und er kam auch nicht besonders oft ins Studio.
    Also schrieb ich für Dirty Work viel mehr alleine als sonst, ganz unterschiedliche Songs. Die grauenhafte Atmosphäre im Studio beeinflusste jeden. Bill

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