Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Life - Richards, K: Life - Life

Titel: Life - Richards, K: Life - Life Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Richards
Vom Netzwerk:
er sich eine Lambretta zu, mit so einem blöden kleinen puscheligen Fuchsschwanz hinten dran. Vielleicht hat Brian ganz allein die Mod-Bewegung erfunden, die ja ursprünglich aus Südlondon und den Kunstschulen kam. Er war einer der Ersten, die Mod-mäßig ausstaffiert zur Schule kamen. Damals befand er sich in einem fieberhaften Mode-Wettrennen - er legte als Erster das Drape Jacket ab und zog stattdessen ein kurzes, kastenförmig geschnittenes Jackett an. Was das Schuhwerk anging, war er auf jeden Fall allen voraus mit seinen spitzen Schuhen, die er anstatt der abgerundeten trug. Die Schnabelschuhe mit schrägen Absätzen waren eine regelrechte Revolution. Die Rocker sind erst viel später den spitzen Schuhen verfallen. Brian ging zum Schuster und ließ sich die Spitzen um zehn Zentimeter verlängern, was das Laufen ziemlich schwierig machte. Diese unendliche Modenschau war fast schon von verzweifelter Verbissenheit, aber es war lustig, ihm dabei zuzusehen, und er war auch ein lustiger Kerl.
    Ich konnte mir keine Fuchsschwänze leisten. Ich war froh, dass ich überhaupt eine Hose hatte. Das absolute Gegenteil von diesem Fashionista-Zeug waren die Rocker und die Motorrad-Typen. Mich konnte niemand so richtig einordnen. Ohne mir den Arsch aufreißen zu müssen, schaffte ich es irgendwie, einen Fuß in jedem Lager zu haben. Ich hatte meine eigene Uniform, sommers wie winters. Wrangler-Jacke, lila Hemd und schwarze Röhrenhose. Ich erwarb mir den Ruf, gegen Kälte unempfindlich zu sein, weil ich an meiner Kleidung nie viel änderte. Was Drogen betraf, war ich noch nicht so weit - wenn man die gelegentliche Einnahme von Doris’ Tabletten gegen Menstruationsbeschwerden nicht mitrechnete. Die Leute hatten damals gerade mit Ephedrin angefangen,
was ein furchtbares Zeug war, deshalb hielt es sich nicht lange. Ansonsten gab es noch die Nasensprays, Inhalatoren voller Dexedrin, die nach Lavendel rochen. Man nahm das Kopfstück ab und rollte das Wattezeug innen drin zu kleinen Pillen zusammen. Dexedrin gegen Erkältung!
     
    Der Typ, der neben mir auf dem Schulfoto steht, ist Michael Ross. Manche Platten kann ich noch heute nicht hören, ohne an Michael Ross zu denken. Mein erster öffentlicher Gig war mit Michael; wir gaben ein paar Schulkonzerte zusammen. Er war was ganz Besonderes, extrovertiert, talentiert, immer auf Risiko und Abenteuer aus. Er war ein sehr begabter Zeichner, brachte mir viele Kniffe bei, wie man mit Stift und Tinte umgeht. Und er hatte sich total der Musik verschrieben. Michael und ich mochten dieselbe Musik, Sachen, die wir auch spielen konnten. Darum orientierten wir uns Richtung Country und Blues, weil wir das alleine spielen konnten. Einer reicht, und mit zweien ist es noch besser. Er machte mich mit Sanford Clark bekannt, einem Vollblut-Countrysänger in der Art von Johnny Cash, der mit dem US-Hit »The Fool« die Baumwollfelder und die Air Force hinter sich gelassen hatte. Wir spielten »Son of a Gun« von ihm, zum Teil, weil es das Einzige war, was die Instrumente mitmachten, aber es war auch ein toller Song. Irgendwo in der Gegend von Bexley spielten wir auf einer Schulparty, in der Turnhalle, und trugen eine Menge Country-Sachen vor, so gut wir es damals eben konnten, mit nur zwei Gitarren und sonst nichts. Von unserem ersten Auftritt erinnere ich mich noch am besten daran, dass wir zwei Mädels abgeschleppt und die ganze Nacht irgendwo in einem Park in einem dieser Unterstände mit einer Bank und einem kleinen Dach drüber verbracht haben. Da ist nicht wirklich was gelaufen. Ich habe ihre Brust berührt, und wir haben die ganze Nacht rumgeknutscht,
die Zungen müssen wie Aale rumgeflitzt sein. Dann haben wir da einfach bis zum Morgen geschlafen, und ich dachte mir: »Mein erster Gig, und schon fällt eine Schnecke für mich ab. Scheiße noch mal! Vielleicht ist das ja meine Zukunft.«
    Ross und ich traten noch öfter zusammen auf. Ich trieb ohne irgendwelche zielgerichteten Gedanken so vor mich hin, aber dann war man am nächsten Wochenende wieder da, und es waren schon wieder ein paar Leute mehr … Nichts ist ermutigender. Das war der Silberstreif am Horizont.
     
    Ich hatte meine ganze Schulzeit hindurch damit gerechnet, dass ich später mal den National Service ableisten müsste. Das war in meinem Hirn verankert - ich würde die Kunstschule absolvieren und anschließend zur Armee gehen. Doch dann wurde kurz vor meinem siebzehnten Geburtstag im November 1960 verkündet, dass es vorbei war,

Weitere Kostenlose Bücher