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Life - Richards, K: Life - Life

Titel: Life - Richards, K: Life - Life Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Richards
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einen weiteren herrlichen englischen Winter überstanden. Auf welchen Tag der Sommer wohl dieses Jahr fällt?
    Aber ich hatte sooo viel zu tun seit Weihnachten, und nicht nur in der Schule. Du weißt doch, wie sehr ich auf Chuck Berry abfahre. Ich dachte immer, ich wäre meilenweit der einzige Fan, aber dann stehe ich eines Morgens mit einer Platte von Chuck am Bhf (das ist die Kurzform, damit ich nicht den ganzen Bahnhof ausschreiben muss) Dartford, als ein Knabe, den ich von der Grundschule her kenne, auf mich zukommt. Er besitzt alle Platten von Chuck Berry, genau wie alle seine Freunde, und alle sind sie Rhythm-and-Blues-Fans - echter R&B (nicht dieser Mist von Dinah Shore oder Brook Benton, sondern: Jimmy Reed, Muddy Waters, Chuck, Howlin’ Wolf, John Lee Hooker), die ganzen Bluesmen aus Chicago, echt das Wahre, einfach klasse. Bo Diddley gehört auch zu den ganz Großen.
    Der Kerl da am Bahnhof heißt Mick Jagger, und alle Mädchen und Jungs treffen sich jeden Samstagvormittag im »Carousel«, so einem Siffladen. Eines Morgens letzten Januar schaute ich dann mal vorbei. Seither
interessieren sich plötzlich alle für mich, und ich bin zu zehn Partys eingeladen. Außerdem ist Mick der größte R&B-Sänger auf dieser Atlantikseite, und das meine ich ernsthaft. Ich spiele Gitarre (elektrisch) wie Chuck, wir haben inzwischen einen Bassisten und einen Drummer und eine Rhythmusgitarre und proben zwei, drei Abende die Woche. SWINGIN’!
    Sie schwimmen natürlich nur so im Geld, wohnen in großen Doppelhaushälften, Wahnsinn, einer hat sogar einen Butler. Bin mit Mick hin (natürlich in Micks Auto, nicht in meinem). O Mann, Englisch ist UNMÖGLICH!
    »Darf ich Ihnen etwas bringen, Sir?«
    »Wodka Lemon, bitte.«
    »Gewiss, Sir.«
    Kam mir vor wie ein Lord, hätte beinah nach meinem
    Krönchen verlangt, als ich ging.
    Hier ist alles einfach toll.
    Komme überhaupt nicht mehr von Chuck Berry weg.
    Hab mir grade eine LP von ihm gekauft, direkt von Chess Records in Chicago, das ist billiger als eine englische Platte.
    Wir haben hier natürlich auch richtige Genies wie Cliff Richard, Adam Faith und die 2 neuen Schocker Shane Fenton und John Leyton - EINEN SOLCHEN MIST HAST DU NOCH NIE GEHÖRT. Außer von Schmalzlocke Sinatra, ha ha ha ha ha ha ha.
    Immerhin ist mir nicht mehr langweilig. Samstag ist die ganze Nacht Party angesagt.
    »I looked at my watch
    It was four-o-five
    Man I didn’t know

    If I was dead or alive«.
    Zitat Chuck Berry
    Reeling and a Rocking.
    12 Gall. Bier, ein Fass Cider, 3 Flaschen Whiskey, Wein.
    Ihre Eltern fort übers Wochenende und ich tanze bis zum Umfallen (und zwar gerne).
    Nächsten Samstag gehen Mick und ich mit 2 Mädchen zu unserem Lieblings-Rhythm-and-Blues-Club in Ealing, Middlesex.
    Dort haben sie einen Typen an der elektrischen Mundharmonika. Cyril Davies. Unglaublich, immer halb besoffen. Unrasiert, spielt wie ein Wahnsinniger, wunderbar.
    So, mehr fällt mir nicht ein, mit dem ich dich langweilen könnte, deshalb verabschiede ich mich jetzt, gute Nacht, liebe Zuschauer.
    BREITES GRINSEN
    Alles Lüübe
    Keith xxxxx
    Wer würde sonst solchen grauenhaften Quatsch schreiben …
    Ob Mick und ich uns verstanden haben? Wenn ich mit einem Kerl, der Rockin’ at the Hops von Chuck Berry auf Chess Records und auch noch The Best of Muddy Waters unterm Arm trägt, in einen Waggon steige, dann müssen wir uns einfach verstehen. Ich meine, er besaß den Piratenschatz von Henry Morgan. Er hatte das echte Zeug. Und ich keine Ahnung, wie ich drankomme.
    Mir fällt mit einem Mal ein, dass ich ihn mal vor der Dartford Town Hall gesehen habe, als er in den Ferien Eis verkauft hat. Er
muss damals fünfzehn gewesen sein, kurz bevor die Schule aus war und ungefähr drei Jahre, ehe wir dann die Rolling Stones gründeten, denn er erwähnte, dass er manchmal dort zu Buddy Holly und Eddie Cochran tanzte. Daran erinnerte ich mich erst wieder, als wir zusammen im Zug saßen. Ich hatte mir ein Schokoeis gekauft. Ob Becher oder Waffel weiß ich nicht mehr - da plädiere ich auf Verjährung. Auf jeden Fall hatte ich ihn bis zu diesem schicksalhaften Tag am Bahnhof nicht mehr getroffen.
    Er hatte diese unglaublichen Sachen. »Wo hast du das verdammt noch mal her?« Es ging wie immer um Platten. Seit ich elf oder zwölf war, ging es nur noch darum, wer die Platten hatte, auf die du scharf warst. Sie waren kostbar. Wenn ich Glück hatte, bekam ich alle halbe Jahre zwei, drei Singles. Aber er sagte: »Also, ich hab

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