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Life - Richards, K: Life - Life

Titel: Life - Richards, K: Life - Life Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Richards
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da diese Adresse.« Er bestellte damals bereits in Chicago, und lustigerweise bei Marshall Chess, der in den Ferien bei seinem Vater die Post erledigte und später Geschäftsführer von Rolling Stones Records wurde. Es war ein Mail-Order-Unternehmen, so ähnlich wie das Kaufhaus Sears, Roebuck. Er kannte den Katalog, den ich noch nie gesehen hatte. So kamen wir ins Gespräch. Er sang noch immer in einer kleinen Band, Sachen von Buddy Holly. Von dem hatte ich auch noch nie was gehört. Ich sagte: »Also, ich spiele ein bisschen.« Und: »Komm doch vorbei, spielen wir ein paar andere Sachen.« Beinah hätte ich vergessen, in Sidcup auszusteigen, weil ich immer noch die eingestanzten Nummern auf den Platten von Chuck Berry und Muddy Waters aufschrieb, die er bei sich hatte. Rockin’ at the Hops: Chess Records CHD-9259.
    Mick hatte einen Auftritt von Buddy Holly im Woolwich Granada erlebt. Das ist einer der Gründe, warum er mich interessierte, aber auch, weil er viel mehr Kontakte hatte als ich und dazu noch diese Wahnsinnsplatten. Ich war damals einfach nicht eingeweiht. Im Vergleich zu Mick war ich praktisch bloß ein Dorftrottel. Er
war schon halber Londoner … studierte bereits an der London School of Economics, wo er Leute von ganz anderem Kaliber traf. Dafür hatte ich nicht das Geld und auch nicht das Wissen. Ich las nur die Magazine, Sachen wie den New Musical Express: »Eddie Cochran tritt mit Buddy Holly auf.« Wow, wenn ich groß bin, guck ich mir die Show an. Sie nippelten natürlich alle vorher ab.
    Wir hatten uns kaum getroffen, da hockten wir schon zusammen. Er singt was, ich spiele was, und »Hey, das ist gar nicht schlecht!« Es war auch nicht schwer: Außer uns mussten wir niemanden beeindrucken, und darauf waren wir auch gar nicht aus. Außerdem war ich noch in der Lernphase. Das lief am Anfang so, dass Mick und ich zum Beispiel eine neue Platte von Jimmy Reed hatten und ich versuchte, die Griffe auf der Gitarre zu lernen und er den Text. Wir analysierten das Stück so gut, wie es zwei Leute überhaupt können. »Ungefähr so?« - »Yeah, genauso geht’s!« Es machte Spaß. Wir wussten, dass wir Anfänger waren, aber gleichzeitig wollten wir es unbedingt lernen, und dieses Lernen war zehnmal besser als das in der Schule. Damals ging es vor allem darum, dem Geheimnis auf die Spur zu kommen, wie man diesen Sound produzieren konnte. Dieses unglaubliche Bedürfnis, selber so hip und cool zu klingen. Und dann trifft man zufällig eine Horde Jungs, denen es ganz genauso geht. Und über die trifft man wieder andere Musiker und Leute und glaubt schließlich, dass es wirklich funktionieren kann.
    Während sich die Stones zusammenfanden und noch davor, müssen Mick und ich ein Jahr ausschließlich damit verbracht haben, Platten aufzutreiben. Es gab noch andere wie uns, die dafür weite Reisen auf sich nahmen, und wir begegneten uns in den Plattenläden. Wenn man kein Geld hatte, lungerte man da herum und redete einfach. Aber Mick hatte diese Kontakte zur Blues-Szene. Es gab ein paar Plattensammler, Leute, die lange vor allen anderen
über einen besonderen Draht nach Amerika verfügten. Da war zum Beispiel Dave Golding in Bexleyheath, der jemanden bei Sue Records kannte, deshalb hörten wir Künstler wie Charlie und Inez Foxx mit ihrem beinharten Soul, die bald danach einen großen Hit mit »Mockingbird« landeten. Golding stand im Ruf, die größte Blues- und Soul-Sammlung im Südosten von London oder sogar darüber hinaus zu besitzen. Mick lernte ihn kennen und kam mit ihm ins Geschäft. Er klaute keine Platten, es gab keine Kassetten oder Tonbänder, aber manchmal waren kleine Geschäfte möglich, wo einer mit dem Grundig-Tonband diese oder jene Aufnahme für dich überspielte. Seltsame Leute waren das. Die Blues-Aficionados der Sechziger muss man erlebt haben: Sie kamen zu kleinen Treffen zusammen wie die frühen Christen, nur eben in Wohnzimmern im Londoner Südosten. Ansonsten verband sie absolut nichts miteinander; sie waren unterschiedlich alt und hatten ganz unterschiedliche Berufe. Es war komisch, wenn man dazustieß und sie stundenlang über nichts anderes als die neue Slim Harpo diskutierten. Das reichte schon, um alle miteinander zu verbinden.
    Ein wichtiges Thema war immer auch die Stanznummer. Geflüsterte Unterhaltungen darüber, ob man die Schellack-Ausgabe hatte, die von der Originalpressung der Original-Plattenfirma. Anschließend wurde darüber gestritten. Mick und ich grinsten uns quer

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