Life - Richards, K: Life - Life
bemerkenswert war das Benehmen seiner Begleitmusiker, die mit ihren Blicken und Bewegungen massiv gegen ihn arbeiteten. Sie lachten ihn aus. Sie versuchten, ihm den Auftritt zu versauen. Alle paar Takte hob Jo Jones seinen Trommelstock und grinste, als wäre er im Kindergarten. Chuck wusste, dass er schlechte Karten hatte. Und er war wirklich nicht sonderlich gut, aber er hielt durch. Er hatte eine Band im Rücken, die ihn ins Knie ficken wollte, aber er gewann die Schlacht. Es war Jones, der es vermasselte. Er hätte ihm Dampf machen können, anstatt ihn das Messer in den Rücken zu rammen. Aber Chuck boxte sich durch.
Eine Schilderung der Zeit unserer ersten Engagements und meiner Verwunderung und Begeisterung darüber, dass wir allmählich zu einer professionellen Band wurden, fand ich in einem Brief an meine Tante Patti, der mir überraschend während der Arbeit an diesem Buch in die Hände fiel.
Keith Richards
Spielman Rd 6
Dartford
Mittwoch, 19. Dezember
Liebe Patti,
danke für deine Geburtstagskarte. Ist punktgenau am 18. angekommen.
Hoffe, es geht euch beiden gut … blablabla Bei mir läuft alles bestens. Die meiste Zeit bin ich in Chelsea, in der Wohnung meiner Freunde. Machen gerade unsere ersten Schritte im Musikgeschäft, läuft ganz gut. Das nächste große Ding wird Rhythm and Blues, und da sind wir dann gefragt. Diese Woche haben wir einen Deal festgemacht für nächsten Monat, regelmäßige Auftritte im Flamingo-Nightclub in der Wardour Street. Am Montag haben wir mit einem Agenten geredet, der meint, dass wir einen sehr kommerziellen Sound hätten, und wenn alles glattläuft und der nicht wieder so ein Schwindler ist, könnten wir vielleicht schon bald 60 oder 70 Pfund die Woche verdienen. Außerdem haben wir Post von einer Plattenfirma gekriegt, die irgendwann in den nächsten paar Monaten Aufnahmen mit uns machen will. Dann stürmen wir die Top 100.
Aber Schluss jetzt mit den Albernheiten. Hier geht’s jetzt allen wieder besser, nur dass ich einfach meine Lepra nicht loswerde und Dad Parkinson bekommen hat und Mum schon wieder mit ihrer Schlafkrankheit im Bett liegt.
Ich mach dann mal Schluss, mir fällt nichts mehr ein.
Frohe Weihnachten.
Alles Liebe Keef X
Das ist das erste Mal, dass mein Spitzname »Keef« auftaucht. Sprich, er wurde nicht von einem Fan erfunden. In meiner Großfamilie wurde ich »Captain Beef« gerufen, und das hat sich dann ganz natürlich in »Keef« verwandelt.
Die kurze Zeitspanne, die das Tagebuch abdeckt, endet genau in dem Augenblick, als unsere Zukunft gesichert war - mit unseren regelmäßigen Gigs im Crawdaddy Club in Richmond. Von da an zog alles immer größere Kreise. Ruhm in sechs Wochen. Für mich war der geheime Kern der ganzen Geschichte Charlie Watts. Und das ging wiederum zurück auf Ian Stewart - »Wir müssen Charlie Watts kriegen« - und all die Gaunereien, die wir abzogen, um uns Charlie zu sichern. Wir hungerten, um Charlie bezahlen zu können! Buchstäblich. Wir gingen im Supermarkt klauen, um Charlie Watts zu kriegen. Wir haben unsere Essensrationen gekürzt, Mann, so sehr wollten wir den Kerl. Und jetzt werden wir ihn nicht mehr los!
Am Anfang hatten wir weder Bill noch Charlie, auch wenn Bill schon im zweiten Tagebucheintrag erwähnt wird:
Januar 1963
Mittwoch, 2.
Den neuen Bassisten getestet, den Tony mitgebracht hat. Eine der besten Proben überhaupt. Mehr Druck durch die Bassgitarre. Mit dem Bassisten haben wir auch einen £100-Vox-Verstärker sicher. Programm fürs Marquee festgelegt. Muss Bombenerfolg werden, wenn wir in größere Läden wollen.
Bill hatte einen Verstärker! Bill kam mit kompletter Anlage. Er war einfach ein Pauschalangebot. Wir spielten mit diesem Typen Tony Chapman zusammen, der nur ein Lückenbüßer war. Ich weiß nicht mehr, wer es gesagt hat, Stu oder Tony, sehr zu seinem eigenen Nachteil: »Ich hab da diesen Bassisten an der Hand«, und das war Bill. Bill kam mit seinem Verstärker, und an dem war vorne als Schutz so eine Platte aus einem Metallbaukasten, mit diesem grünen Zeug auf den Schrauben. Kein Scheiß! Ein Vox-AC30-Verstärker, der jenseits unserer finanziellen Reichweite lag. Gebaut von Jennings in Dartford. Wir haben ihn angebetet. Wir haben ihn angeschaut und sind vor ihm auf die Knie gefallen. Einen Verstärker zu besitzen war wirklich absolut notwendig. Erst wollte ich Bill den Verstärker einfach irgendwie abluchsen. Das war, bevor er anfing, mit Charlie zu
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