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Life - Richards, K: Life - Life

Titel: Life - Richards, K: Life - Life Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Richards
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Beatlemania, Stone Mania. Lauter Mädchen, die keine Lust mehr hatten auf den alten Mist. Zufällig schossen sie sich auf vier, fünf dürre Typen ein. Sonst hätten sie sich was anderes gesucht.
    Ein Haufen weiblicher Teenager von dreizehn, vierzehn, fünfzehn Jahren, die sich zu einer Gang zusammenrotten - das ist eine unheimliche Macht. Unter dem Eindruck stehe ich noch heute. Diese Mädchen haben mich fast umgebracht, die haben mir Angst eingejagt wie nichts anderes in meinem Leben. Schwer zu beschreiben, wie furchterregend es war, in eine Ansammlung rasender Teenies zu geraten. Du wurdest gewürgt, praktisch in Stücke gerissen. Da hätte ich lieber im Schützengraben gekämpft, als mich dieser Killerwelle aus Lust und Sehnsucht zu stellen, oder wie man das nennen soll. Die Mädchen hatten selbst keine Ahnung, wie ihnen geschah, aber sie waren nicht zu stoppen, während die Bullen davonrannten und dich dem Orkan entfesselter Gefühle überließen.
    Einmal schaffte ich es nicht mehr ins Auto. Ich glaube, das war in Middlesbrough. Ich wollte in diesen Austin Princess einsteigen,
aber diese wild gewordenen Biester krallten sich einfach an mir fest. Dabei wussten sie gar nicht, was sie mit mir anfangen sollten, wenn sie mich in die Finger gekriegt hätten. Sie erwürgten mich fast mit meiner Halskette. Die eine packte das eine Ende, die andere das andere, und beide riefen »Keith, Keith«, während sie mich langsam erdrosselten. Mit Mühe bekam ich den Türöffner zu fassen - und hatte ihn plötzlich in der Hand. Das Auto raste davon, und ich stand da, mit dem blöden Griff in den Fingern. Toll, wenn man so hängengelassen wird. Der Fahrer hatte die Nerven verloren; immerhin hatten es die anderen in den Wagen geschafft, und länger wollte er einfach nicht warten. Lieber ließ er mich in dieser Meute weiblicher Hyänen zurück. Kurz darauf wachte ich in der Gasse neben dem Hintereingang zur Bühne auf. Offensichtlich hatten die Polizisten die Massen vertrieben. Und ich war umgekippt, erdrückt unter den ganzen Körpern. An einen echten Kontakt mit den Mädchen kann ich mich auch noch erinnern, an ein völlig unerwartetes Zwischenspiel.
    Ein düsterer Himmel. Wir haben einen Tag FREI! Plötzlich bricht ein Sturm los. Mit aller Gewalt. Draußen entdecke ich drei besonders treue Fans. Ihre Turmfrisuren erliegen den Naturgewalten, aber sie weichen nicht. Was soll ein armer Junge wie ich tun? Ich habe praktisch keine Wahl. »Kommt rein, ihr verrückten Hühner.« In meinem winzigen Kämmerchen wird es eng, drei halbersoffene, dampfende und zitternde Gören setzen den Boden unter Wasser. Ihre Frisuren sind dahin. Sie zittern nicht nur vor Kälte, sondern auch, weil sie plötzlich ihrem Idol gegenüber stehen (oder einem ihrer Idole). Allgemeine Verwirrung. Die drei wissen nicht, ob sie sich hinhocken oder spontan erblinden sollen. Auch ich habe keine Ahnung. Auf der Bühne stehen ist das eine, von Angesicht zu Angesicht mit ihnen reden was anderes. Bald dreht sich alles um Handtücher und um das Klo. Sie versuchen, ihr Äußeres
wiederherzustellen. Aussichtslos. Alle sind nervös, mit den Nerven am Ende. Ich gehe Kaffee mit einem Schuss Bourbon holen, von Erotik keine Spur. Schließlich sitzen wir zusammen, reden und lachen, bis der Himmel aufreißt. Dann rufe ich ihnen ein Taxi. Wir gehen als Freunde auseinander.
     
    September 1963. Uns gingen die Songs aus, zumindest die mit Aussicht auf einen Charterfolg. Das begrenzte R&B-Pulver schien uns weitgehend verschossen. Wir probten im Studio 51 in Soho. Andrew machte einen kleinen Spaziergang, um sich der düsteren Stimmung zu entziehen, und traf dabei auf John und Paul, die an der Charing Cross Road aus dem Taxi stiegen. Die drei gingen einen trinken. Andrews Sorgen waren nicht zu übersehen, und bald rückte er damit heraus: Wir haben keine Songs. Also kamen John und Paul mit ins Studio und gaben uns einen - einen Song von ihrem nächsten Album, der aber nicht als Single erscheinen würde: »I Wanna Be Your Man«. Wir spielten ihn gemeinsam durch, Brian baute eine hübsche Slide-Gitarre ein. Am Ende klang es nicht mehr nach den Beatles, sondern ganz klar nach den Stones. Die beiden waren noch nicht mal richtig aus der Tür, da wussten wir schon: Das ist ein Hit.
    Der Song war von Anfang an wie für uns gemacht gewesen. John und Paul waren Songwriter, sie wollten ihre Ware an den Mann bringen, die Tin-Pan-Alley-Masche. Und sie dachten, dieses Lied würde zu uns passen. Wir

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