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Life - Richards, K: Life - Life

Titel: Life - Richards, K: Life - Life Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Richards
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Jaguar Mark II kaufte. Mit eingebautem 45er-Plattenspieler, auf dem sie aber nie die Stones laufen ließ. In Chelsea hingen wir im Casserole, im Meridiana oder im Baghdad House ab. Unser Stammrestaurant in Hampstead, Le Cellier du Midi, existiert bis heute, und die Speisekarte hat sich in den letzten vierzig Jahren wahrscheinlich auch nicht geändert. Von außen ist es jedenfalls noch ganz das Alte.

    Auf lange Sicht konnte es nicht gutgehen. Ich war einfach ständig unterwegs. Letztlich lag es vor allem an unserer Orientierungslosigkeit. Auf einmal lebten wir ein Leben, für das niemand, oder zumindest keiner meiner Bekannten, einen Masterplan besaß. Wir waren alle noch ziemlich jung und stürzten uns kopfüber in Sachen, so dass es auf einmal hieß: improvisieren. »Ich geh dann mal für drei Monate nach Amerika. Ich liebe dich, Darling.« Währenddessen veränderte man sich. Ich lernte Ronnie Bennett kennen, mit der ich mehr Zeit on the road verbrachte als zu Hause mit Linda. Wir entwickelten uns auseinander. Ganz langsam, über Jahre. Ab und zu trafen wir uns noch, aber in diesen drei Jahren hatte die Band eben nur ganze zehn Tage frei. Immerhin brachten wir einen Kurzurlaub in Südfrankreich zustande. In Lindas Erinnerung war es allerdings eher eine Flucht, von London nach Saint-Tropez, wo sie sich einen Job als Kellnerin suchte, eine Flucht, bei der ich ihr hinterherflog, sie in einem Hotel einquartierte und ihr ein heißes Bad einließ. In dieser Zeit fing sie an, Drogen zu nehmen. Ich weiß, dass ausgerechnet ich mich darüber aufgeregt habe, was wie Ironie des Schicksals klingt, aber damals war ich wirklich dagegen.
    Seit damals haben wir uns ein paarmal getroffen. Heute ist Linda mit dem berühmten Musikproduzenten John Porter verheiratet, sie führen eine glückliche Ehe. Sie weiß noch, wie ich über ihren Drogenkonsum dachte. Damals beschränkte ich mich weitgehend auf ein bisschen Gras, während sie gleich mit dem harten Zeug loslegte. Sie lief Gefahr abzustürzen, so viel war klar. Auf unserer US-Tour im Sommer 1966, unserer fünften Tournee durch Amerika, kam sie mit nach New York, wo ich sie im Americana Hotel einmietete. Die meiste Zeit hing sie mit ihrer Freundin Roberta Goldstein herum. Wenn ich auftauchte, räumten die beiden blitzschnell auf. Die Beruhigungsmittel verschwanden, die Tuinalkapseln,
von denen ich aus Prinzip die Finger ließ - ja, tatsächlich! -, wurden versteckt, und am Schluss verteilten sie noch ein paar Weinflaschen im Zimmer, damit sie ihren bedröhnten Zustand darauf schieben konnten.
    Dann traf und hörte sie Jimi Hendrix - und hatte ihre Mission gefunden. Um seine Karriere voranzutreiben, wollte sie ihm einen Vertrag mit Andrew Oldham verschaffen. Sie gab ihm sogar eine Fender Stratocaster von mir, die in meinem Hotelzimmer herumgelegen hatte. Es wäre ein langer Abend gewesen, meinte sie später, und sie war einfach so begeistert von ihm. Außerdem steckte sie ihrem Bericht zufolge ein Demoband ein, auf dem Tim Rose »Hey Joe« sang, und ging damit zu Roberta Goldstein. Dort traf sie Jimi, und dem spielte sie das Band vor. Der Rest ist Rock’n’Roll-Geschichte. So wie es aussieht, hatte er den Song letztlich von mir.
    Wir gingen auf Tour, kehrten nach London zurück - und stellten fest, dass auf einmal das Hippie-Fieber ausgebrochen war. Das kannte ich schon aus Amerika, aber in der Heimat hatte ich nicht damit gerechnet. In ein paar Wochen hatte sich die Szene komplett umgekrempelt. Und Linda, neuerdings auf LSD, hatte mich abserviert. Wenn in dem Alter auf einmal alles in Bewegung gerät, kann man wohl kaum erwarten, dass die Freundin vier Monate lang auf einen wartet. Mir war klar, dass die Sache zu Ende ging. Trotzdem, ich hatte mir eingebildet, dass sie wie eine brave, achtzehn oder neunzehn Jahre alte Hausfrau daheimsitzen würde, während ich mich weiß der Teufel wo herumtrieb und machte, was ich wollte. Als mir zu Ohren kam, dass sie sich mit irgend so einem Dichter eingelassen hätte, rastete ich aus. Ich hetzte durch halb London und fragte überall herum, habt ihr Linda gesehen? Von St. John’s Wood bis Chelsea heulte ich mir die Augen aus dem Kopf, und wenn mir irgendwer im Weg stand, schrie ich ihn an: »Hau ab, du Arsch!« Scheiß auf Ampeln. An ein paar Beinaheunfälle kann ich
mich erinnern, ein paar Momente auf dem Weg nach Chelsea, in denen ich fast überfahren wurde. Sobald ich Bescheid wusste, musste ich sichergehen, ich musste es mit eigenen Augen

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