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Life - Richards, K: Life - Life

Titel: Life - Richards, K: Life - Life Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Richards
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bekam dafür die Grundstücksurkunde. Alles ganz altmodisch, einfach bar auf die Kralle.
    1966 neigte sich dem Ende zu, und wir waren ausgebrannt. Fast vier Jahre hatten wir praktisch ununterbrochen getourt. Es krachte im Gebälk. Ein Jahr zuvor, bei unseren Aufnahmen bei Chess in Chicago, hatten wir bereits eine Krise mit Andrew Oldham überstanden. Andrew war dem Speed verfallen, und bei dieser Gelegenheit war er zusätzlich betrunken und in Sorge wegen seiner aktuellen Freundin Sheila gewesen. Beziehungsprobleme. Er fing an, mit einer Knarre rumzuwedeln, und das in meinem Hotelzimmer. So was konnten wir nicht gebrauchen. Ich war nicht extra nach Chicago geflogen, um von einem ausgetickten Privatschüler abgeknallt zu werden. Das jagte einem damals schon ziemliche Angst ein, dieses kleine schwarze Loch von einem Pistolenlauf. Mick und ich rissen ihm die Waffe aus der Hand, verpassten ihm ein paar Ohrfeigen und steckten ihn ins Bett, damit war die Sache abgehakt. Ich bin mir nicht mehr sicher, was danach mit dem Teil, einer Automatischen, passiert ist. Wahrscheinlich haben wir sie aus dem Fenster geworfen. Wir waren eh auf dem Sprung. Also, vergeben und vergessen.

    Mit Brian war das nicht so leicht. Das Komische an Brian war sein Größenwahn. Schon bevor er berühmt wurde, bildete er sich sonst was ein. Aus unerklärlichen Gründen hielt er die Stones für seine Band. Bei unserer ersten Tour wurde sein Führungsanspruch erstmals überdeutlich - wir fanden heraus, dass er fünf Pfund mehr bekam als der Rest. Er hatte Eric Easton nämlich eingeredet, er wäre der »Kopf« der Band. Dabei hatten wir einen ehernen Grundsatz: Wir teilen alles auf. Wie bei den Piraten: die Goldmünzen auf den Tisch, jeder bekommt seinen Anteil. »Scheiße, für wen hältst du dich eigentlich? Ich schreibe hier die Songs, und du kriegst fünf Pfund mehr die Woche? Das gibt’s doch wohl nicht!« Mit Kleinkram wie diesem fing es an. Dann kam eins zum anderen, und die Spannungen wuchsen, bis sein Verhalten untragbar wurde. Bei Verhandlungen wurden wir am Anfang immer von Brian vertreten. Wir anderen waren nicht zugelassen - weil er, unser »Anführer«, es schlicht nicht erlaubte. Ich weiß noch, wie Mick und ich einmal die Straße runter im Lyons Corner House saßen und auf die Verhandlungsergebnisse warteten.
    Plötzlich ging alles unglaublich schnell. Ein paar Fernsehauftritte, und Brian hatte sich in einen regelrechten Freak verwandelt. Er gierte nach Aufmerksamkeit, nach Bewunderung und berühmten Bekanntschaften. Mick, Charlie und ich waren da etwas zurückhaltender. Diesen Scheiß machte man eben mit, wenn man Platten verkaufen wollte. Aber Brian war hin und weg. Nicht dass er dumm gewesen wäre, aber er hob sofort ab. Er liebte das Bad in der Menge. Wir anderen hatten auch nichts dagegen, aber man lässt sich doch nicht so einfach einwickeln. Dabei spürte ich durchaus, dass da was Großes bevorstand. Aber manchen Menschen musst du nur ein paar Streicheleinheiten verpassen, und schon kriegen sie sich nicht mehr ein. Weiterstreicheln, betteln sie, los, macht schon, und auf einmal heißt es: »Ich bin ein Star!«

    So was habe ich nie wieder erlebt. Der Ruhm hat ihn einfach geschafft. Kaum hatten wir ein paar erfolgreiche Platten, wusch, war er Venus und Jupiter in einem. Uns war gar nicht aufgefallen, dass er so einen fetten Minderwertigkeitskomplex hatte. Kaum ging das Mädchengekreische los, legte er eine komplette Verwandlung hin. Und zwar genau im falschen Moment, als wir aufpassen mussten, dass uns die Sache nicht entglitt. Sicher, ich kenne auch ein paar andere, die das Promidasein nicht verkraftet haben, aber keinen, der sich so schlagartig verändert hat. »Nur die Ruhe, Kumpel, wir haben doch bloß Glück. Wir sind noch lange nicht berühmt.« Aber es stieg ihm zu Kopf, und wie. Ausgerechnet Mitte der Sechziger, in einer wirklich harten Zeit auf Tour, konnten wir überhaupt nicht auf ihn zählen. Er kiffte, bis er nicht mehr von dieser Welt war, bis er sich für einen Intellektuellen hielt, einen Mystiker und Philosophen. Andere Stars machten furchtbar Eindruck auf ihn - nicht wegen ihrer eigentlichen Qualitäten, sondern bloß weil sie berühmt waren. Brian entwickelte sich zu einer richtigen Nervensäge, einer Art ätzendem Anhängsel. Dreihundertfünfzig Tage im Jahr schleppten wir uns von einem Gig zum anderen und hatten dabei auch noch so einen Klotz am Bein. Da konnte man schon mal ausrasten.
    Bei einem unserer

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