LIGEIA - Ein erotischer Horrorthriller (German Edition)
Urgewalt, die Buckley noch vor wenigen Stunden in nackte Panik versetzt hätte. Er nahm es kaum wahr. Alles, was jetzt noch eine Rolle spielte, war der finale Schlagabtausch zwischen ihm und Ligeia. Es ging ihm längst nicht mehr darum, zu gewinnen. Entscheidend war vielmehr, dass er nicht der alleinige Verlierer blieb. Er versuchte, mit dem unverletzten Auge seine Gegnerin zu fixieren. Sie lag keuchend auf dem Boden und rang um Atem. Sein Blick fiel auf einen Gegenstand, der ihr Schicksal ein für alle Mal besiegeln konnte. Doch wenn er sich dazu entschloss, würde er ebenfalls sterben. Buckley presste sich die Hand an den Hals, um die Blutung zu stillen. Er begriff, dass es für ihn keine Rolle mehr spielte.
Ein simpler Gedanke überlagerte alles andere:
Ligeia muss sterben.
44
Bill versuchte, die Angreiferin abzuwehren, und trat mit dem rechten Fuß nach ihr. Auf diese Weise wollte er sich genügend Freiraum verschaffen, um die Harpune aus dem Holster zu ziehen. Aus dem Nichts heraus war sie wie ein Blitz auf ihn herabgestoßen. Splitternackte, ungezügelte Weiblichkeit mit einem Mund voller Zähne, die sie eindeutig nicht bloß zeigte, um ihn anzulächeln. Sie ging auf ihn los in der Absicht, ihn umzubringen und aufzufressen, wenn auch nicht zwangsläufig in dieser Reihenfolge.
Wie ein Hai umkreiste sie ihn und lauerte darauf, dass er eine falsche Bewegung machte.
»Teufel noch mal, nicht zu fassen!«, flüsterte er. »Er hat tatsächlich eine Sirene gevögelt. Beziehungsweise eine verdammt mies gelaunte Meerjungfrau, die einfach toll singen kann.«
Eines wusste er mit absoluter Sicherheit: Sie war kein Mensch. Knapp außerhalb seiner Reichweite schwebte sie in der finsteren, trägen Meeresströmung. Sanft wogte ihr schwarzes Haar im Wasser, aus ihren zu Schlitzen verengten Augen las er eine rachsüchtige Drohung. Einladend standen ihre bloßen Brüste von ihrem angespannten Körper ab, die rosa Warzen erwartungsvoll aufgerichtet. Unterhalb ihres makellosen Bauches bewunderte er die einladende Feuchte ihrer …
Als er den Rest zu Gesicht bekam, verebbte die Bewunderung für ihr Geschlecht. Die Schenkel gingen von der verführerischen, zarten Haut einer Frau in silbrig-blaue Schuppen über, die im Schein seiner Stirnlampe metallisch schimmerten.
Unter seiner Tauchmaske stieß er einen Pfiff aus.
Sie wählte diesen Moment, um sich auf ihn zu stürzen. Bill zog die Luft ein und fummelte nach seiner Harpune. Er wollte nicht riskieren, einen Schuss abzugeben, ohne vorher zu zielen, deshalb stieß er lediglich mit der Spitze nach ihr. Ligeia wich der Attacke mühelos aus und verschwand in der dunklen Passage, durch die sie gekommen war.
»Evan, komm endlich raus. Zeig dich, wo immer du steckst …«, rief Bill in sein Mikro. »Deine Fischfreundin will, dass ich zum Abendessen bleibe. Das Problem ist, ich bin als Hauptgang eingeplant!«
Einen Augenblick lang hörte Bill nichts als statisches Rauschen aus seinen Kopfhörern, dann erhob sich knisternd und knackend Evans Stimme: »Ich arbeite dran«, hörte er. »Halt durch!«
Zwei Arme glitten an seinen Seiten entlang, hielten ihn fest, und die Hand mit der Harpune wurde in eine menschliche Schraubzwinge eingespannt. Bill mühte sich ab, sich umzudrehen, doch sie war zu kräftig. Er schaffte es nicht, seinen Arm zu befreien, konnte ihn nicht einen Zentimeter bewegen. Lediglich seine Sauerstoffflasche rettete ihn. Diese versperrte ihr den Weg zu seinem Hals. Um sich darin zu verbeißen, würde sie seine Arme loslassen müssen. Um ihr die Aufgabe zu erschweren, stieß Bill seine Beine nach hinten und presste die Füße zusammen. Auf diese Weise hielt er sie wirksam davon ab, komische Verrenkungen zu vollführen, um an seine Luftversorgung zu gelangen.
Das war der Augenblick, in dem sie zu ihm sprach.
»Du hättest nicht herkommen sollen«, tadelte sie, doch ihre Stimme klang dabei zuckersüß. Wunderschön mit einem Rasierklingenlächeln.
Bill öffnete den Mund, um etwas zu erwidern. Doch dann wurde ihm klar, dass sie gar nichts gesagt haben konnte … sie befanden sich unter Wasser.
»Wie …«, hob er an und geriet ins Stocken.
»Meine Stimme erklingt in deinem Kopf«, beantwortete sie seine unausgesprochene Frage.
»Ich brauche dich bloß zu berühren, und schon weiß ich genug über dich, um mich mit dir zu unterhalten. Wären wir oben an der Luft, bräuchte ich natürlich gar nichts über dich zu wissen. Dann könnte ich einfach singen. Das reicht
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