Light Dragons: Eine feurige Angelegenheit (German Edition)
May.
»Aber Ysolde besitzt doch gar keine dunkle Macht, oder? Warum kann sie die Verwünschung brechen?«
»Kann ich ja gar nicht«, erwiderte ich und versuchte, mich auf die Verwünschung zu konzentrieren. »Aber weiße Magie hat auch Macht über schwarze Magie und kann dunkle Zauber auflösen. Ich glaube, ich bin auf dem richtigen Weg, aber sicherheitshalber solltet ihr alle einen Schritt zurücktreten.«
»Zwei Minuten dreißig Sekunden«, sagte May und blickte auf ihre Armbanduhr.
Alle drei Frauen traten zurück in den Schatten, nur Jim blieb neben mir stehen.
Ich blickte auf ihn hinunter.
»Ich habe noch nie gesehen, wie eine Verwünschung aufgelöst wird«, beantwortete er meine unausgesprochene Frage. »Außerdem kannst du mich nicht so einfach in ein Kaninchen verwandeln. Ich bin ein Dämon. Wir nehmen nicht leicht andere Gestalten an.«
Da war etwas dran. Ich schloss die Augen. Die Verwünschung machte meine Fingerspitzen taub, als ich in meinem Kopf nach der Stelle suchte, durch die ich Energie um mich herum abziehen konnte.
Sie war nicht da.
»Eine Minute vierzig Sekunden«, hörte ich Mays Stimme aus dem Schatten. »Du solltest dich beeilen, Ysolde.«
Ich schüttelte meine Hände aus und konzentrierte mich erneut. Ich konnte das. Ich versuchte, mir die bläulich weiß schimmernde Magie in Erinnerung zu rufen und das Glücksgefühl, das es mir bescherte, sie für meine Zwecke zu benutzen. Ich versuchte mich zu erinnern, wie es sich anfühlte, einen Zauber auszusprechen und zu sehen, wie er sich umsetzte, aber ich konnte die Stelle in meinem Kopf, die ich so verzweifelt suchte, einfach nicht finden.
»Verdammt!«
»Eine Minute.«
»Probleme, Soldy?«, fragte Jim und stupste meine Hand an.
»Nein.« Ich biss mir auf die Lippen und zögerte, straffte dann jedoch entschlossen die Schultern. »Los geht’s.«
Ich legte meine Finger auf die Verwünschung und bediente mich an Baltics Feuer, das immer in mir zu schlummern schien. Brüllend stieg es auf, erfüllte mich mit seiner Macht und raste durch meine Adern, bis es auf meiner Haut tanzte. Eine Sekunde lang hielt ich die Verwünschung fest, dann ließ ich die volle Kraft meiner Magie los.
Goldenes Licht blitzte vor mir auf, spiegelte sich im Fenster und blendete mich, als es von der Scheibe abprallte.
»Äh … Ysolde?« Aislings Stimme klang gestresst. »Ich glaube, wir haben ein Problem.«
»Was? Schon wieder ein Kaninchen?« Ich blinzelte zur Scheibe und erwartete beinahe, dass sie sich in ein kleines Fellbündel verwandelt hatte.
»Du liebe Güte!«, keuchte Cyrene. »Ist das … ist das …?«
»Ja, ich bin es«, antwortete Jim resigniert.
Ich fuhr herum, und mir blieb der Mund offen stehen, als ich einen bulligen, dunkelhaarigen, dunkeläugigen Mann erblickte. Einen nackten bulligen Mann. »Jim?«
Der Mann stemmte die Hände in die Hüften. Seine Lippen zuckten säuerlich. »Ich kann euch gar nicht sagen, wie sehr ich die menschliche Gestalt hasse.«
6
»So peinlich ist mir in meinem ganzen Leben noch nichts gewesen, auch nicht damals, als ich aus dem Gericht des Göttlichen Bluts herausgeworfen wurde, weil ich versucht habe, den Lieblingscollie des Souveräns zu bespringen, oder dieses kleine Missverständnis mit der Schwuchtel, die dachte, ich stünde auf Bondage. Verwandele mich sofort wieder zurück!«
Aisling gab dem Dämon einen Klaps aufs Hinterteil. May und ich spähten aus dem dunklen Raum, in den wir hineingeklettert waren, auf den beleuchteten Flur. »Sei still, Jim! Wenn wir Thala befreit haben, kümmern wir uns um dich.«
»Befiehl mir einfach, mich wieder zu verwandeln! Vielleicht hat es ja nicht gehalten, weil du nicht gebieterisch genug warst. Wobei ich niemals gedacht hätte, dass man in dieser Hinsicht an dir zweifeln müsste. Aber vielleicht ist Abaddon ja auch eingefroren, oder so.«
»Ich finde, du siehst ganz gut aus, Jim«, sagte Cyrene zu ihm. »Und du hast einen wirklich hübschen Hintern.«
»Mann, ich wusste, dass so etwas passieren würde! Als ich das letzte Mal in menschlicher Gestalt auftreten musste, waren ständig irgendwelche Weiber hinter mir her«, brummelte Jim und zupfte an dem Pullover, den ich ihm gegeben hatte. Er hatte ihn zusammen mit Aislings Jackett zu einer Art Behelfslendenschurz gebunden. »Wie soll ich denn in dieser Gestalt an Ceciles Ohren lutschen, hm?«
»Jim, ich weiß, dass du aufgebracht bist …«, setzte Aisling an, schwieg jedoch auf eine Geste von May hin, die hastig
Weitere Kostenlose Bücher