Lila Black 01 - Willkommen in Otopia
machen könnte. Bier. Das Bier des Lebens. Den Wein des Lebens. Die Limo des Lebens. Die Sathanor-Entschlackungskur. Und wenn das nicht klappt, könntest du, wenn du hier wieder rauskommst, den Schwarzmarkt übernehmen.«
»Dafür bin ich genau der Richtige«, sagte Dar amüsiert. »Ich hoffe, du wirst nicht auch nur Dollarzeichen sehen, wenn du die Luft oder die Pflanzen oder Tiere hier kennenlernst.«
»Falls ich’s tue, bleibt es ein Geheimnis zwischen mir und Tath«, sagte Lila. Sie stand auf und tätschelte ihre Brust. »Er hat noch viel aufzuholen, bis er auf dem Stand der modernen Welt ist.« Plötzlich musste sie kurz gegen Übelkeit ankämpfen. »Kleiner Satan«, sagte sie. »Mir ist komisch.«
»Das ist die Wirkung des Wassers. Es gibt sich gleich.« Dar marschierte wieder los, führte sie durch dichtes Gras unter wunderschönen, hellblättrigen Bäumen, deren Stämme so glatt waren wie polierter Stein. Die Bäume beobachteten sie.
Der Nachmittag verging im sanften Nebel eines wohligen Deliriums. Später sollte sich Lila an fast gar nichts mehr erinnern, nur ein paar Dinge blieben haften. Einmal, als sie sich im Geist gerade mit Dar einen Palast hatte stürmen sehen, fragte sie ihn: »Haben wir eine Chance?« Er drehte sich um, nahm sie in die Arme, küsste sie ganz sanft und führte sie dann eine ganze Weile an der Hand weiter.
Irgendwie hatte Sathanor etwas von Kalenderfotos. Sie fand keinen richtigen Bezug zu ihrer Umgebung. Dieses Land schien mit Menschen keinerlei Interaktion einzugehen, als ob so etwas weder erforderlich noch erwünscht wäre, und sie empfand eine seltsame Distanz. Außerdem bekam sie mit, dass Tath ihre Reaktionen beobachtete, weshalb sie sie am liebsten unterdrückt hätte. Er sehnte sich danach, all das zu berühren, was von ihr keinerlei Notiz nahm. Und nach der hundertsten atemberaubenden Szenerie voller Vögel, Säugetiere und Insekten ungewöhnlichster und prächtigster Art schaffte sie es schließlich, gar nichts mehr wahrzunehmen, und versank dankbar in Abstumpfung. Als sich auch diese wieder gelegt hatte, bemerkte sie, dass sie sich, je weiter sie kamen, desto durchgängiger von einer Präsenz beobachtet fühlte, die die Bäume und Vögel als Mittel benutzte.
Als sie sich dem See näherten, führte Dar sie auf eine mit Gras bewachsene, sonnenbeschienene Lichtung und blieb stehen. »Ruh dich aus«, sagte er und setzte sich neben sie. »Das ist sehr wahrscheinlich die letzte Gelegenheit. Ich bin sicher, Arië weiß schon, dass wir kommen, und wartet. Wie alle Elfen wird sie so lange warten, wie es uns beliebt. Die Zeit arbeitet für sie. Hier brauchen wir nichts zu fürchten. Schlaf, wenn du magst.«
»Nein«, sagte Lila seufzend, obwohl sie todmüde war. Die Sonne machte sie noch müder. »Warum schläfst du nicht?«
»Ich habe keine Lust, dieser Situation zu entfliehen, nur um wieder zurückkehren zu müssen.«
»Amen«, sagte Lila. »Also, was machen wir jetzt? Reingehen?«
»Ja.«
»Willst du’s nicht noch ein bisschen hinausschieben?«
»Nein.«
Sie stand wieder auf. »Ist da irgendwas … wie viele … ach, verdammt, vergiss es.«
»Was soll ich vergessen?«, fragte er geduldig.
»Ich wollte dich nach den ganzen geheimen Insider-Informationen fragen, aber … die solltest du mir nicht verraten, selbst wenn es etwas helfen würde. Ich werde nie für eine Elfe durchgehen, nicht in hunderttausend Jahren. Nicht mal so.« Und Lila stand auf und nutzte ihre gesamten schauspielerischen Fähigkeiten und ihre Kl-Systeme, um Dars Körperhaltung und Bewegungen zu imitieren.
»Auf die Ferne könntest du’s schon«, sagte er. »Aber das Metall ist viel zu … es ist ein starkes Signal an unser ätherisches Selbst. Dein Haar und dein Gesicht stimmen nicht. Und du hast kein Andalun. Wenn jemand dich heimlich mit seinem abtastet, findet er nichts.«
Lila rupfte ein Grasbüschel aus und sann über die bizarre Komplexität sozialer Interaktion unter Elfen nach. »Könntest du Tath befehlen, mich in seines zu hüllen?«
»Das wäre ihm ein Gräuel«, sagte Dar, schien aber den Gedanken nicht gänzlich zu verwerfen.
»Zwei Dinge«, sagte Lila und zählte die Punkte an den Fingern ab. »Erstens hatte er keine Skrupel, als er sein Stück von unserem Kuchen abkriegen wollte. Und zweitens ist er tot und sollte froh und dankbar sein, dass er immer noch … ist, was er dank meiner immer noch ist. Zumindest aber könnte er uns doch ein bisschen weiterhelfen, oder? Und ich
Weitere Kostenlose Bücher