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Lila Black 01 - Willkommen in Otopia

Lila Black 01 - Willkommen in Otopia

Titel: Lila Black 01 - Willkommen in Otopia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justina Robson
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äußere Schicht, um einen Verband für die Wunde des Baumstamms zu fertigen. Er stutzte die verletzte Stelle zurecht und verband sie dann rasch. »Sie sterben«, sagte er. »Bäume wie dieser hier sterben an schlimmen Wunden, und Tath wird auch sterben, wenn Sie ihn herausreißen, es sei denn, er findet ein anderes williges Herz.«
    »Willig?«, wiederholte Lila empört. »Ich war nicht willig.«
    »Es war ein Spiel«, sagte Dar, während er sorgfältig kaute. »Sie haben es mitgespielt. Sie haben es verloren. Sie waren willig.«
    »Da war kein Spiel!«, protestierte sie wütend. »Wie denn? Da war keine wilde Magie. Da war gar keine Zeit.«
    »Elfen tragen wilde Magie in ihrem Andalun, wenn sie kürzlich auf welche gestoßen sind. Es dauert eine Weile, bis sie sich abbaut. Tath hatte die Fähigkeit, diesen Vorgang zu kontrollieren. Er hatte vielleicht nicht den bewussten Willen, mit Ihnen zu spielen, aber sein Chi war stärker. Es erkannte seine Chance, als klar war, dass ich ihn töten würde, und es hat Sie ergriffen. Sie müssen es doch gespürt haben.«
    »Aber ich habe nicht eingewilligt. Ich kannte die Regeln nicht…« Sie verstummte und presste die Lippen aufeinander, schluckte den Rest dessen hinunter, was nur eine weitere nutzlose Entschuldigung geworden wäre. Eines Tages, sagte sie sich, musste sie lernen, gar nicht erst damit anzufangen. Aber sie konnte nicht aufhören, sich wegen ihrer Dummheit zu geißeln. Die Präsenz in ihr lachte sie aus.
    Dar sah sie an. War das Mitgefühl in seinen Augen? »Ich vergesse immer wieder, wie jung Sie sind«, sagte er. Sein Blick war fest und eindringlich.
    Gerade der richtige Moment, um noch so ein Knöpfchen zu drücken, dachte sie wütend. »Warum? Wie alt sind Sie denn?«, fragte sie unwirsch.
    »Alt genug«, antwortete er in einem seltsamen Ton. Er trat auf sie zu und hielt ihr einen Streifen der weißen, saftigen Rinde hin. »Sie müssen doch Hunger haben. Versuchen Sie mal. Davon geht es Ihnen gleich besser.«
    Lila sah in seine schräg stehenden, blauen Augen. Sie hatten exakt die Farbe des Himmels von Sathanor. Erstaunt bemerkte sie, dass in diesen Augen eine ganz andere Art von Hunger stand. Sie wollte die Rinde nehmen, hielt aber mitten in der Bewegung inne, unsicher, was er mit diesem Angebot wirklich bezweckte. Sie war auf das elektrische Kribbeln magischer Energie gefasst, fühlte aber nichts dergleichen. Noch immer von Selbsthass erfüllt, spürte sie einen seltsamen inneren Druck und von außen genau das Gegenteil, so als böte ihr Dar einen Ausweg aus diesem Elend. Sie stand an der Schwelle zu irgendeiner inneren Bewegung, die sie nicht verstand, und es hing alles an ihrer Entscheidung, die eine oder die andere Version eines Urteils über sie anzunehmen. Sie sagte Nein, und Dar sagte Ja. Sie starrte ihn stirnrunzelnd an, und alle ihre Sinne arbeiteten auf Hochtouren, um mehr Information aus dem Moment herauszusaugen, damit sie ihn exakt analysieren und unter optimaler Nutzung ihrer KI eine auf solider Logik basierende Entscheidung treffen konnte. Aber es nützte nichts.
    Während sie noch zögerte, streckte Dar die Hand aus und hielt ihr ein Stück der weichen Rinde an die Lippen. Ihr Herz raste. Sie fühlte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg, aber ihre Kiefer öffneten sich ganz von selbst. Mit den Fingerspitzen schob ihr Dar den Rindenstreifen behutsam in den Mund. Unabsichtlich streiften ihre Lippen seine Finger, und sie schmeckte das Salz von Schweiß und Erde, den süßen zuckrigen Saft. Lila fühlte sich in einer Welt verloren, von der sie gar nicht gewusst hatte, dass es sie gab. All diese Empfindungen und Gefühle, diese ganze seltsame Intimität … sie dachte an Zal und sah ihn auf einer Bahre liegen, kalt wie Stein. Sie stand daneben, und in ihrer Hand brannte eine Fackel, aber sie konnte das Feuer nicht entzünden. Sie stand da, und die Fackel in ihrer Hand verbrannte zu Asche, und sie blieb ewig so stehen, bis sie eine Statue aus Metall und Knochen war. Sie hörte Zals Stimme in ihrem Kopf, als ob er das Bild auch sehen könnte.
    »Dummchen. Ich bin nicht tot, wenn du’s tust. Du bist tot, wenn du’s nicht tust.«
    Dars Lider schlossen sich, und er schwankte, als wäre er betrunken. Lila kannte das Gefühl – Hungerrausch –, weil sie etwas Ähnliches durch ihre Adern schießen fühlte, und es war nicht der Zucker. Sie konnte nicht anders. Sie leckte an seinen Fingern.
    Einen Herzschlag später lagen sie sich in den Armen. Dars

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