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Lila Black 01 - Willkommen in Otopia

Lila Black 01 - Willkommen in Otopia

Titel: Lila Black 01 - Willkommen in Otopia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justina Robson
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machen. Wenn Sie so weit sind, müssen wir gehen.« Er stand an der Tür, groß und aufrecht in neuen, sauberen Kleidern, über dem Rücken ein Sortiment von Klingenwaffen, einen geschwungenen Bogen und zwei Köcher. Die Pfeile in den Köchern waren in verschiedenen Braun-, Grau- und Grüntönen befiedert, mit allerlei Kerben und Zacken, und Lilas Waffenkundesystem identifizierte sie als für eine Vielzahl von Zwecken bestimmt – neben dem schlichten Töten.
    Unsicher sah sie in Dars Gesicht. Seine Augen, die jetzt die Farbe des Mittagshimmels hatten und nicht mehr das Mitternachtsdunkel wie zuletzt, waren klar und energisch. Sie sah auf seine Haut – sie war blass, wie Tageslicht, das durch eine dünne Wolkendecke fiel.
    »Fertig«, sagte sie.
    Er musterte sie. »Mm-mm, nicht ganz.« Er ging an einen anderen Schrank und zog ein paar Kleidungsstücke heraus. »Ich weiß nicht, ob Ihnen das hier passt, aber Ihre Panzerung würde zu viel Licht reflektieren.«
    »Schon erledigt«, sagte Lila, und er drehte sich stirnrunzelnd um, während sie die Oberfläche ihrer metallenen Körperteile auf partielle Tarnung umkonfigurierte. Mikroskopisch feine Schuppen der Metallstruktur stellten sich so, dass sie Licht von ganz bestimmten Wellenlängen reflektierten, um stumpfe Farben zu erzeugen, die denen der Umgebung sehr ähnlich waren. Es war die Vorstufe zur Volltarnung, bei der ihre Metallteile gänzlich unsichtbar waren und ihr Kopf und ihr Rumpf frei durch die Gegend zu schweben schienen – ein äußerst verstörender Anblick. Sie nahm von Dar ein langes Hemd entgegen und zog es über ihr khakifarbenes Unterzeug.
    Dar grinste schon fast. Er legte die restlichen Kleidungsstücke zurück. »Ich sage es ungern, aber Ihr Haar braucht demnächst eine kleine Schlammbehandlung. Es hat eine sehr unelfische Farbe.«
    »Ihres nicht?« Sie merkte, dass sie ihn so unbekümmert foppte, als ob sie schon lange dicke Freunde wären.
    »Meins ist schon schlammähnlich genug«, sagte er und horchte ein, zwei Sekunden, ehe er die Tür öffnete.
    Draußen tropften die Bäume immer noch, obwohl der Regen schon vor einiger Zeit aufgehört hatte. Alles war so üppig und grün, dass Lila erst mal stehen blieb, um den Anblick und den Geruch zu genießen, die eigentümliche Intensität des Wachsens zu spüren. An den Blättern erkannte sie, dass es die gleichen Bäume und Pflanzen waren wie in Otopia, nur größer und vitaler. Wenn sie Dars Geräusche und ihre eigenen ausblendete und lauschte, hörte sie das Wachsen und Werden um sich herum – das Wispern und Flüstern einer sich langsam entfaltenden, aber unermesslich mächtigen Kraft. Dieser Wald war auf eine Art und Weise lebendig, wie es kein otopischer je hätte sein können. Er war nicht intelligent, nicht einmal besonders bewusstseinsbegabt – sie fühlte sich nicht beobachtet. Es war seine schiere biologische Lebenskraft. Er wuchs und gedieh, und ihr fleischlicher Körper reagierte darauf mit Freude.
    Sie bewegten sich schnell, rannten, genau wie Zal es getan hatte, in einem Tempo, das Geist und Körper belebte, durch den Wald und über Lichtungen, Bachufer entlang, durch Flussbetten und Trockenschluchten voller eiszeitlicher Felsbrocken und über Hochmoore, wo ihnen das Heidekraut bis über die Knie reichte. Dabei ging es die ganze Zeit bergauf. Manchmal blieb Dar stehen, um sie auf die Aussicht hinzuweisen, und Lila sah eine wunderschöne grüne Landkarte, die vor ihr ausgerollt war wie ein prächtiger Teppich.
    Sie staunte über Dars Genesung und auch über ihre eigene Verfassung. Sie hatte sich nie wohler gefühlt, obwohl ihr der Schweiß übers Gesicht lief. Schließlich erreichten sie eine Felsspitze, die Dar den Sternenfelsen nannte. Wie ein Turm ragte das harte Gestein empor, da ihm die Erosion ringsum nichts hatte anhaben können. Auf diesem Granitfinger balancierten sie beide, fünftausend Fuß über der Ebene, und Lila konnte hinter sich Lyrien sehen und vor sich Lilirien und Sathanor, wolkenverhangen.
    »Sathanor ist eine Tallandschaft, umgeben von einem Gebirgsring«, erklärte ihr Dar. »Der Ort, wo Sie das letzte Mal waren, liegt am Fuß dieses Gebirgsrings, dort, wo der Pass ins Innere von Sathanor führt. Sie können den Ort von hier aus sehen, gleich am östlichen Rand des Gebirges. Die Seen dort markieren die Stelle, wo der Fluss austritt. Sie erinnern sich doch noch an das Seeufer? Ich habe Sie dort herumspazieren und mit den Ruderbooten hinausfahren sehen, am letzten

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