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Lila Black 01 - Willkommen in Otopia

Lila Black 01 - Willkommen in Otopia

Titel: Lila Black 01 - Willkommen in Otopia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justina Robson
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Sie sich gleichzeitig auf Ihr eigenes Herz konzentrieren. Ich werde meine Energie aufbieten und das Gleiche tun. Wir werden das Herz als heil und gesund visualisieren. Wir werden unsere spirituelle Verschmelzung den Ätherkräften Lyriens öffnen und …« Er sah ihre Skepsis und akzeptierte sie. »Tun Sie’s einfach«, sagte er. »Bitte.«
    »Brauchen wir keine magischen Kreise oder Kerzen oder Kristalle oder …«
    »Natürlich nicht«, sagte er, und seine Stimme verriet Schmerz und Ungeduld. »Sie sind lebendig. Das genügt. Ihre Hand.«
    »Ich weiß nicht mal, was Chi ist«, protestierte sie, verließ sich dann aber darauf, dass ihre KI etwas Instruktives finden würde. Sie zog vorsichtig die Drainage und versiegelte die Wunde zwischen seinen Rippen mit einem Sprühpflaster, weil sie keine Ahnung hatte, was die elfische Entsprechung dazu sein mochte. Es schien ihn nicht zu stören. Chi war laut ihrer KI-Bibliothek die Lebenskraft oder die spirituelle Energie von Lebewesen. Die Rolle des Chi in den ätherischen Dimensionen war strittig (vielleicht war es identisch mit dem Äther selbst, vielleicht aber auch nur eine Unterform desselben, da waren die menschlichen Erkenntnisse nicht eindeutig), ebenso die Frage, ob es metaphysisch war oder imaginär. In jedem Fall aber war es erwiesenermaßen ein wirksames Konzept …
    »Atmen Sie mit mir«, sagte Dar. »Lenken Sie Ihr Herz in Ihre Hand, das ist alles.«
    »Okay, okay.« Lila schloss die Augen und versuchte, irgendetwas anderes zu fühlen, als dass das Ganze sinnlos und absurd war. Ihre KI beschloss, ihr mit einer kleinen Melodie zu helfen, die sie immer gemocht hatte. Es war ein Song, den sie vor so vielen Jahren im Sommer zu Hause immer wieder gehört hatte. Der Text kam ihr in den Sinn: … surely no greater king has ever lived, no one with the loving kindness, strength and courage of King Raam. Lilas momentane Umgebung rückte in weite Ferne. Wie sie dieses Lied liebte! Wie sie sich danach sehnte, sich wieder so zu fühlen wie damals, wieder bei Dad und Mom zu sein, bei Maxine, Julia und Okie.
    Sie streckte die rechte Hand aus, während die sanften Töne harmonisch durch ihren Kopf perlten. Sie hielt sich an dem Gefühl fest, wie sehr sie damals geliebt worden war.
    Dars Andalun- Hand hatte sich um ihre Hand gelegt. Ein Stromstoß schoss durch ihre Hand und aus ihrer Handfläche in den Körper, den sie berührte. Sie fühlte es und ihre Sensoren ebenfalls – reine elektromagnetische Energie von einem seltsamen Frequenzmuster. Ihr Metall verstärkte es noch.
    Dann fühlte sie, wie Dars Herz an ihrem hing, so wie ein müdes Pferd im Gespann an einem kräftigeren hängt und sich mitziehen lässt. Anzeigen hinter ihren geschlossenen Lidern ließen erkennen, wie sich ihr Puls auf das Tempo seines Pulses verlangsamte und sich dann beide unter ihrer Führung beschleunigten. Sie besann sich darauf, sich Dars Herz vorzustellen, die vier Kammern, die fast genauso geformt waren wie beim Menschen, nur größer. Sie sah, wie das seltsame Energiefeld in ihrer Hand plötzlich die Form annahm, die sie visualisierte. Sie fühlte Dars Herz in ihrer Hand. Und dann fühlte sie Dars Herz in ihrem Herzen.
    Da begann Lila das Wesen der Magie zu begreifen. Sie erkannte, dass Magie ätherische Energie war, die durch die Form des Bewirkenden geformt wurde, und dass das Bewirkende mehr war als ein Gedanke oder ein Gefühl oder ein Wort oder ein Körper. Es war das alles gleichzeitig. Ihr Atem und Dars Atem, ihrer beider Herzen, seines in ihrem und ihres in seinem, die für einen Moment Raum und Zeit teilten, wobei das stärkere schwächer wurde und das schwächere stärker, bis ein Gleichgewicht erreicht war. Dann gewannen beide an Stärke, als eine weitere Kraft, die ihr gänzlich unbekannt war, durch Dars Andalun- Selbsteinströmte.
    Der Energiestoß war gewaltig, als ob sie plötzlich ans Stromnetz angeschlossen worden wäre. Dann wusste sie gar nichts mehr, wurde nur von der Kraft und der grenzenlosen Energie davongeschwemmt. Ihr war, als fühlte sie die Gesamtheit des Waldes und des Regens, des Bodens und des Himmels, des Wassers und der Luft … sie war Dar, und er war das seltsamste Geschöpf unter der Sonne, denn er zapfte Energie aus dem Leben selbst, das warm und animalisch den Wald und die Lüfte erfüllte.
    Als sie sich voneinander lösten, war es eine natürliche Bewegung, die sie beide gleichzeitig machten, denn sie waren eins, und keiner hatte einen Impuls, den der andere

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