Liliane Susewind – Ein Panda ist kein Känguru (German Edition)
Frau Essig-Steinmeier wurde rot. »Nein …« Sie lachte viel zu laut. »Ich habe keine Kinder. Ich bin geschieden.«
»So was!« Der Direktor lachte – ebenfalls viel zu laut.
»Und Sie?«, fragte die Direktorin mit feuerroten Wangen.
»Ich bin auch geschieden.«
»Oh …«
Die beiden blickten einander so lange in die Augen, dass Lilli sich fragte, ob sie womöglich noch schlief und das alles nur träumte. Sie warf Jesahja einen verwirrten Blick zu, aber der bedeutete ihr nur, dass sie sich am besten mucksmäuschenstill verhielt.
Schließlich räusperte Herr Grimm-Hartmüller sich. »Ich habe schon viele tolle Dinge über Ihren Zoo gehört!«, begann er zu schwärmen. »Zum Beispiel die Geschichte mit dem Löwen und der Tigerin. Und dann die Ligerbabys! Das war eine richtige Sensation!«
»O ja!« Frau Essig-Steinmeier strahlte. »Ich bin sehr stolz auf meine Zuchterfolge.«
Lilli rieb sich ungläubig den Kopf.
»Möchten Sie die Liger mal sehen?«, fragte die Direktorin.
»O ja! Sehr gern!« Herr Grimm-Hartmüller erhob sich und bot seiner Kollegin den Arm an. Sie hakte sich eifrig unter, und die beiden spazierten aus dem Kängurustall.
Alle starrten ihnen verblüfft nach. Lillis Oma sagte: »Ich glaube, Oberst Essig ist verknallt.«
»Und General Grimm ebenfalls«, murmelte Finn.
Lilli schnappte nach Luft. Jetzt verstand sie, warum die beiden sich so eigenartig verhalten hatten! Dann kräuselte sie verwundert die Nase. Oberst Essig – verliebt?
Jesahjas Gesicht wirkte nachdenklich. »Jedenfalls scheint er nichts dagegen zu haben, dass Schnuffi bei Kylie bleibt.«
»Zumindest im Moment nicht«, stellte Oma fest. »Solange die Liebe sein Hirn vernebelt …« Sie kratzte sich überlegend am Kinn. »Unter normalen Umständen hätte er bestimmt nicht lockergelassen, bis er herausbekommen hätte, wie das Baby eigentlich hierhergekommen ist.«
»Wir können froh sein, dass die beiden … abgelenkt waren«, bemerkte Finn.
»Hauptsache, Kylie und Schnuffi werden nicht getrennt«, schaltete Lilli sich ein.
»Nein!«, brauste Lillis Mutter mit einem Mal auf. »Wenn der Panda hierbleibt, kommt die Wahrheit garantiert ans Licht!« Sie schürzte aufgeregt die Lippen. »Die Geschichte wird durch alle Zeitungen gehen! Alle werden sich fragen, wie der Panda herkam – egal, ob der Direktor abgelenkt ist oder nicht. Und irgendwann kriegt dann irgendwer heraus, was wirklich passiert ist!«
Jesahja überraschte Lilli damit, dass er zustimmte. »Das wäre wirklich nicht gut.« Er nickte grübelnd. »Wenn sich vor Kylies Gehege ständig Zuschauermassen und Reporter drängeln würden, hätten Schnuffi und Kylie keine Ruhe.«
Lilli begriff, was er meinte. »Und Ruhe ist das, was die beiden am nötigsten brauchen«, fügte sie hinzu.
»Ja!«, rief Frau Susewind. »Wir müssen sie vor der Presse verstecken!«
»Aber wie sollen wir das anstellen?«, meldete Finn sich wieder zu Wort. »Die beiden können doch nicht die ganze Zeit im Stall bleiben …«
Da sagte Lillis Oma in beiläufigem Ton: »Bei uns im Garten wäre genügend Platz.«
Alle starrten sie an, als hätte sie den Verstand verloren. Sie ließ sich jedoch nicht irritieren. »Wir haben jede Menge Wiese rund ums Haus und eine Gartenhütte, die ich zum Stall umbauen könnte. Außerdem kann unser Garten wegen der hohen Büsche von niemandem eingesehen werden … außer von den Sturmwagners. Aber die sind ja nicht da.«
Jesahjas Gesicht verfinsterte sich, doch außer Lilli schien es niemand zu bemerken.
Lillis Oma zuckte die Achseln. »Das ist die beste Idee, die ich bisher gehört habe«, sagte sie trocken.
Nach einer kurzen Pause sagte Finn: »Stimmt.«
Jesahja schien das genauso zu sehen. »Wir könnten Schnuffi selbst füttern!«, rief er. »Finn, zeigst du uns, wie man eine Flasche fertig macht?«
»Klar!«
Lillis Mutter raufte sich die Haare. »Ein Känguru und ein Pandababy bei uns im Garten?«, stöhnte sie.
»Nur so kommt die Geschichte nicht in die Presse«, warf Lillis Oma ein.
Frau Susewind schloss erschöpft die Augen und schien im Stillen bis zehn zu zählen. »Tja … dann müssen wir wohl.«
»Heißt das … ja?«, fragte Lilli und war plötzlich sehr aufgeregt. »Schnuffi und Kylie kommen zu uns?«
»Erst mal müssen wir Oberst Essig um Erlaubnis bitten«, warf Oma ein. »Aber da sie gerade nicht zurechnungsfähig zu sein scheint, stehen die Chancen nicht schlecht.« Oma zog ihr Handy aus der Tasche. »Ich rufe sie direkt mal
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