Liliane Susewind – Ein Panda ist kein Känguru (German Edition)
noch um die beiden!«
Lilli antwortete nicht, sondern lief zielstrebig zur Gartenhütte. Was war wohl seit dem Morgen alles geschehen?
Im Stall waren mehrere Personen anwesend: Lillis Oma, Lillis Vater, Jesahja, Finn, Frau Essig-Steinmeier – die auf den ersten Blick wieder ganz normal wirkte – und ein schnauzbärtiger Mann, der vor Schnuffi hockte und ihm mit fachmännischer Miene auf die Brust klopfte.
»Hallo, Doktor Özgür!«, rief Lilli. Sie kannte den Mann gut, denn Doktor Özgür war der Tierarzt des Zoos.
»Hallo Liliane«, erwiderte er ohne aufzublicken.
Frau Essig-Steinmeier begrüßte Lilli mit einem zackigen Kopfnicken. »Liliane Susewind! Doktor Özgür versucht gerade herauszufinden, was es mit Schnuffis Schnaufen auf sich hat.«
Der Arzt betrachtete Schnuffi nachdenklich und brachte ihn dann zu Kylie zurück, die im Stroh lag. Als der Panda wieder im Beutel war, atmete das Känguru glücklich auf.
»Und?«, überfiel Frau Essig-Steinmeier den Arzt, sobald er sich umdrehte. »Was ist mit Schnuffi?«
Doktor Özgür schien nach den richtigen Worten zu suchen. »Nichts«, antwortete er ernst.
»Was?« Finn trat näher. »Aber er schnauft doch so!«
»Ja, das tut er.« Der Arzt nickte.
»Aber … weswegen denn?«, fragte die Direktorin.
»Nur so.«
Alle starrten Doktor Özgür sprachlos an.
»Der Panda hat keinerlei körperliche Beschwerden«, erklärte er. »Er ist zwar ein bisschen klein und schwach, aber ansonsten ist alles in Ordnung mit ihm.«
»Er schnarcht wie ein besoffener Holzfäller!«, wandte Oma ein und erntete einen tadelnden Blick von Lillis Vater.
Der Arzt nickte wieder. »Das stimmt. Aber es gibt keine organische Ursache dafür.« Er seufzte. »Wie es scheint, gehört das Schnaufen einfach zu ihm.«
»Das ist doch nicht normal!«, rief die Direktorin.
»Nein, normal ist das nicht.« Doktor Özgür seufzte abermals. »Ich glaube, Schnuffi ist … einfach anders.«
Die Direktorin, Finn, Lillis Oma und ihr Vater begannen nun, laut auf Doktor Özgür einzureden. Sie verstanden einfach nicht, wieso es keine Erklärung für die merkwürdige Besonderheit des kleinen Pandas gab. Doch Lilli verstand. Sie verstand sogar sehr gut.
Sie wandte sich von den Erwachsenen ab und ging zu Schnuffi hinüber. »Du bist anders«, flüsterte sie und kniete sich neben ihn. »Einfach so.«
Das Pandakind schaute sie mit seinen großen Knopfaugen an und schnaufte. »Ich weiß, wie das ist.« Lilli lächelte und strich ihm vorsichtig über den flauschigen Kopf.
»Ja, er ist ganz anders, nicht wahr?«, schnalzte Kylie zustimmend. »Schön!«
Jesahja kam herüber und setzte sich zu ihnen. »Er ist gesund«, sprach er leise das Wesentliche aus und kraulte Schnuffi hinter den Ohren, während die Erwachsenen heftig weiterdiskutierten.
Plötzlich erschien Lillis Mutter im Türrahmen. Ihr Gesicht war hochrot, und in der Hand hielt sie ein Blatt Papier. »Das hier habe ich gerade aus dem Internet ausgedruckt!«, presste sie hervor und wedelte hektisch mit dem Papier herum. »Hier behauptet ein Zugschaffner, er habe gestern Nacht drei Kinder in seinem Zug gesehen, die ein lebendes Pandababy dabeigehabt hätten!«
Lilli wurde es heiß und kalt zugleich. Der Zugschaffner! »Er hat gemerkt, dass der Panda echt war?«, stieß sie hervor.
»Offensichtlich!«, gellte Frau Susewind. »Das ist eine absolute Katastrophe! Hier steht nämlich auch, dass das Pandababy aus Zupplingen über Nacht aus dem Tierpark verschwunden ist! Irgendjemand im Park muss das der Presse verraten haben. Nun wissen alle, dass drei
Kinder
Schnuffi entführt haben!«
»Ganz ruhig, Regina«, sagte Lillis Oma. »Denk an die Gänseblümchen!« Das tat Lillis Mutter normalerweise immer, wenn sie sich beruhigen wollte, aber in diesem Moment war sie augenscheinlich viel zu aufgebracht dazu.
»Ich habe morgen eine wichtige Pressekonferenz. Morgen Vormittag werde ich fünfzig Journalisten meine neue Talkshow vorstellen!«, schrillte sie. »Wenn bis dahin irgendjemand etwas über Lillis Anteil an der Entführung des Pandas rauskriegt, kann ich meine Karriere vergessen! Meine Tochter ist nicht nur eine Hexe, sondern auch noch eine Tierdiebin! Ich kann einpacken, wenn das herauskommt!« Ihre Worte kamen schnell und hart, wie kleine Geschosse. Lilli zog abwehrend die Schultern hoch und den Kopf ein, aber sie war schon längst getroffen.
»Jetzt reicht es aber, Regina!«, unterbrach Lillis Vater seine Frau scharf. »Du tust Lilli
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