Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liliane Susewind – Ein Pinguin will hoch hinaus (German Edition)

Liliane Susewind – Ein Pinguin will hoch hinaus (German Edition)

Titel: Liliane Susewind – Ein Pinguin will hoch hinaus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya Stewner
Vom Netzwerk:
»Hallo! Fräulein Susewind!«, rief jemand. »Geben Sie Autogramme?« Gleich darauf ertönte wieder eine Kinderstimme: »Kannst du mal mit einem Tier sprechen?«
    Lilli ignorierte die Leute und marschierte stur weiter geradeaus. Als sie am Schimpansenhaus vorbeikam, sah sie, dass ihr kleiner Freund Armstrong im Außengehege war und freudig auf sie zulief. »Lilli!«, quietschte er. »Lilli! Hast du eine Rotte für mich?« Seine Aussprache hatte sich schon sehr verbessert, seit Lilli ihn vor vielen Monaten in völlig verwahrlostem Zustand gefunden hatte. Aber einen kleinen Sprachfehler hatte er immer noch. »Lilli? Hallo? Warum läufst du denn einfach weiter? Willst du zu den Rillas? Magst du die lieber als mich?« Die Gorillas wohnten gleich nebenan.
    Lilli tat es in der Seele weh, aber sie konnte einfach nicht zu Armstrong hinübergehen. Nicht mit all diesen Leuten im Schlepptau, die wie gierige Geier nur darauf warteten, dass sie mit einem Tier sprach! »Ich komme später zu dir!«, raunte sie Armstrong zu.
    »Mama, sie hat mit dem Affen da geredet!«, schrie ein Kind, dann tuschelten wieder zahllose Stimmen durcheinander.
    »Lilli!«, rief Armstrong verwirrt. »Was hast du gesagt?« Seine Hände rüttelten an den Stäben des Geheges. »Warum rennst du weg? Magst du mich nicht mehr?«
    Da konnte Lilli nicht anders und drehte sich um. »Ich hab dich lieb!«, rief sie Armstrong zu.
    Das Gesicht des kleinen Schimpansen leuchtete auf.
    »Das hab ich auf Handy!«, hörte Lilli eine Stimme rufen. »Ich hab das gefilmt! Geil.«
    Hastig wandte Lilli sich wieder ab und hetzte im Laufschritt zur Pinguinanlage. Als sie dort war, hämmerte sie mit der Faust gegen die Tür.
    Finn ließ sie hinein. »Hallo, vermummtes Ding! Sind sie wieder hinter dir her?«, fragte er und schloss die Tür sorgfältig ab. Die Pinguinanlage war noch nicht offiziell eröffnet, und die Besucher durften sie nicht betreten. Die großen Fensterfronten, durch die die Pinguine später von draußen würden bewundert werden können, waren noch verhangen, so dass Lilli keine Angst haben musste, hier beobachtet zu werden.
    Lilli rang nach Atem. »Ja, da war jemand mit einem Handy. Ich glaub, er hat mich gefilmt.«
    »Wie bitte?« Frau Essig-Steinmeier kam zu ihnen herüber. Heute trug sie eine rote Christrose im obersten Knopfloch und schien ein wenig flatterig zu sein. Ihre Hände wedelten aufgeregt durch die Luft. »Aber es werden doch alle Besucher am Eingang ganz genau durchsucht!«
    »Handys sind klein und können übersehen werden«, sagte Finn.
    Da klopfte es erneut an der Tür. Finn steckte den Kopf hinaus und ließ gleich darauf jemanden hereinschlüpfen. Es war Jesahja, der nach der Schule noch Fußballtraining gehabt hatte. Kaum hatte Jesahja einen Blick auf Lilli geworfen, fragte er erschrocken: »Was ist denn mit dir los?«
    »Sie ist mal wieder verfolgt worden«, erklärte Finn.
    Lilli setzte sich auf einen großen Stein in der Mitte der Anlage. »Die Leute scheinen gar nicht darüber nachzudenken, wie das für mich ist, wenn sie mir nachlaufen und mich bei allem, was ich mache, filmen oder fotografieren!«, kam es aufgewühlt aus ihr heraus.
    »Offensichtlich nicht.« Jesahja seufzte. »Ich verstehe erst jetzt richtig, warum deine Mutter so lange darauf bestanden hat, dass du deine Fähigkeiten geheim hältst. Sie wollte dich vor diesem ganzen Zirkus schützen!« Frau Susewind war immer dagegen gewesen, dass Lilli jemandem ihr Geheimnis verriet. Doch das Geheimhalten war für Lilli eine große Belastung gewesen, und so hatte Frau Susewind der Presse vor ein paar Wochen selbst von den Gaben ihrer Tochter erzählt.
    »Das stimmt. Ich verstehe es auch erst jetzt richtig«, sagte Lilli traurig. »Sogar in der Schule war heute ein Kamerateam!«
    »Was?« Jesahja war sichtlich schockiert. »Wer hat die denn in die Schule reingelassen?«
    Nun erzählte Lilli ihm alles, und während sie sprach, merkte sie, wie frustriert sie war.
    »Der Gümnich? Echt?« Jesahja konnte es kaum glauben.
    Frau Essig-Steinmeier, die alles mit angehört hatte, schüttelte den Kopf. »Selbst dein Lehrer lässt sich verrückt machen! Als hätten alle den Verstand verloren!«
    Finn sah Lilli mitfühlend an.
    »Manchmal ist es einfach zu viel«, brachte Lilli leise hervor. »Manchmal würde ich am liebsten … jemand anders sein.«
    »Ich auch«, sagte eine hohe, heisere Stimme hinter ihr. »Ich würde am liebsten ein richtiger Vogel sein. Mit richtigen Flügeln.« Yuki

Weitere Kostenlose Bücher