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Liliane Susewind - So springt man nicht mit Pferden um

Liliane Susewind - So springt man nicht mit Pferden um

Titel: Liliane Susewind - So springt man nicht mit Pferden um Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya Stewner
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verstanden?«, fragte Egobert und trat noch näher. Lilli entfuhr ein fiependes, ängstliches Geräusch.
    Da drängte Storm sich nach vorn. Mit einem Schritt stand er zwischen Lilli und Egobert. »Lass das Mädchen in Ruhe!«, grollte er und starrte seinen Trainer böse an. Lilli konnte kaum fassen, was Storm da tat. Sie hatte gedacht, der Hengst könne sie nicht leiden!
    Bevor Lilli sich aber darüber freuen konnte, hob Egobert seine Reitgerte und schlug Storm mit aller Kraft gegen den Hals. Lilli zuckte zusammen. Gleichzeitig scheute Storm und stieg laut wiehernd auf die Hinterläufe. »Ich hasse dich! Mensch!« Egobert schlug noch einmal zu, griff nach Storms Halfter und zerrte so heftig daran, dass Storm vor Schmerz wimmerte. Besiegt ließ der Hengst den schönen Kopf sinken.
    Sobald Egobert Storm unter Kontrolle hatte, fauchte er: »Wenn du das irgendjemandem erzählst, Mädchen, bekommst du es mit mir zu tun!« Er betonte jedes einzelne Wort, und Lilli spürte nur allzu deutlich, wie ernst es ihm war. »Lass dich nie wieder hier blicken!«, setzte er nach.
    Lilli taumelte rückwärts, drehte sich um und begann zu rennen, als sei der Teufel hinter ihr her.

Training im Morgengrauen
    Während der nächsten drei Tage war Lilli sehr still. Sie sprach kaum mit jemandem, und in der Schule war sie unaufmerksam und in sich gekehrt. Immer wieder tauchte Egoberts Gesicht vor ihrem inneren Auge auf, und jedes Mal, wenn das geschah, schnürte ihr die Angst den Brustkorb zu.
    Lilli wusste, dass Jesahja sich Sorgen machte. Und sie wusste auch, dass Wolke nicht verstand, warum sie plötzlich nicht mehr zum Reiterhof kommen wollte. Aber Egoberts drohender Blick hatte sich tief in Lillis Gedächtnis eingebrannt. Deshalb schwieg sie und wollte in den Pausen allein sein. Sie stellte sich in Wolkes abgelegene Ecke und schaute dem lauten Chaos auf dem Schulhof grübelnd zu. Nachdem Lilli mehrere Male gesagt hatte, sie wolle allein sein, verbrachte Wolke die Pausenzeit nun mit ihrer Tischnachbarin Sonay, mit der sie sich vorsichtig angefreundet hatte.
    Gloria und Viktoria hänselten Wolke inzwischen nicht mehr, und darüber hätte Lilli sich freuen können. Aber sie traute dem Frieden nicht. Denn als Sonay Wolke am Tag zuvor gefragt hatte, warum sie ihren bronzefarbenen Pferdeanhänger nicht mehr trug, waren Gloria und Viktoria in hämisches Gelächter ausgebrochen. Sie schienen sich darüber zu freuen, dass Wolke den Anhänger anscheinend verloren hatte. Lilli war sich sicher, dass die beiden nur auf die richtige Gelegenheit warteten, um Wolke eins auszuwischen.
    Während Lilli nun in der Ecke stand und in Gedanken versunken den Blick schweifen ließ, bemerkte sie, dass Trixi Korks sie wieder beobachtete. Das große blonde Mädchen mit den Sommersprossen hörte über seinen MP3-Player Musik und spähte zu Lilli herüber. Lilli drehte sich um und wandte Trixi den Rücken zu.

    Nach Schulschluss wartete Jesahja wie immer vor dem Tor auf Lilli, um mit ihr nach Hause zu gehen. In den vergangenen zwei Tagen hatte Lilli während des Heimwegs allerdings kaum etwas gesagt, und am liebsten hätte sie auch heute wieder geschwiegen. Aber Jesahja schien andere Pläne zu haben. Nach fünf Minuten stummen Marschierens sagte er: »Ich hab dich zwei Tage lang rumbrüten lassen, aber jetzt reicht es!« Er blieb stehen und brachte Lilli dazu, ihn anzusehen.
    Lilli hob abwehrend die Schultern.
    »Sag mir, was los ist!« Jesahja blickte sie bittend an. »Du weißt doch, dass es dir danach besser geht.«
    Lilli schnaufte und starrte zu Boden. Er hatte recht. Es war ihnen bisher immer besser gegangen, wenn sie sich einander anvertraut hatten. »Okay«, sagte sie und spürte, wie die Angst in ihrem Inneren nachließ. »Komm!« Sie zog Jesahja am Ärmel und rannte mit ihm zum Gebüsch im Garten. Hier hatten sie schon unzählige geheime Besprechungen abgehalten, und hier schien es leichter, ehrlich zueinander zu sein.
    Sie ließen sich im Schneidersitz auf dem Erdboden nieder. Jesahja schaute Lilli erwartungsvoll an. »Hat es was mit den Pferden zu tun?«, fragte er. »Du bist so komisch, seit wir das letzte Mal auf dem Jansenhof waren.«
    »Ja. Als ich vor drei Tagen allein zum Stall zurückgegangen bin …«, begann sie, und es fiel ihr schwer, die richtigen Worte zu finden, »da hat Egobert mich … angesprochen.«
    Jesahjas Miene verdunkelte sich. »Was hat er gewollt?«
    Nun sprudelte alles aus Lilli heraus – wie Egobert Storm geschlagen hatte, wie

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