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Lilians Verfuehrung

Lilians Verfuehrung

Titel: Lilians Verfuehrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Schneider
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schlängelten und der Stadt ihre typische Silhouette verliehen. Zwischen den Hochhäusern gab es immer wieder alte Wohngebäude, die neben den Riesen winzig wirkten.
    Sie überquerten eine große Brücke und durchquerten den Pearl District, in dem alte Lagerhäuser aus roten Backsteinen neben viktorianischen Häusern und modernen Türmen standen. Zum Glück schien die Sonne, und die vielen leicht bekleideten Menschen auf den Straßen ließen tatsächlich so etwas wie Urlaubsstimmung aufkommen.
    Sie verließen den Stadtbereich und bogen in schmale Straßen ein, die von freistehenden, weißen Häusern gesäumt wurden. Sie hatte nicht gewusst, dass Portland so grün war. Mindestens vier große Parks hatte sie auf dem Weg bisher entdeckt.
    Der Fahrer hatte keine Miene verzogen, als sie ihm die Adresse nannte, wofür sie ihm sehr dankbar war. Vermutlich wusste er genau, worum es sich bei dem Haus am Ende einer verwinkelten Straße, die von Büschen und Bäumen gesäumt wurde, handelte.
    Ihre Hände kribbelten, als sie das Haus endlich vor sich sah. Es war groß und weiß, mit einer langen Kiesauffahrt, die durch einen sehr gepflegten Garten voller Rosen führte. Die Blumen waren das Wahrzeichen der Stadt, soviel hatte sie im Reiseführer gelesen. Gleich vier Erker ließen das alte Haus sehr großzügig wirken, und von der dritten Etage ragte ein viktorianisches Türmchen in den Himmel.
    „Bitte sehr“, sagte der Fahrer und stieg aus, um ihr die hintere Tür zu öffnen. Dann holte er ihre Tasche aus dem Kofferraum und sie drückte ihm einen großen Dollarschein in die Hand.
    „Vielen Dank“, sagte sie und nahm ihm den Koffer ab, der zwar groß, aber leicht war. Madame Petrowitsch hatte ihr am Telefon mitgeteilt, dass sie nicht viel benötigen würde.
    Schon gar keine Kleidung, dachte Lilian. Ihr wurde wieder heiß bei dem Gedanken, dass sie die nächsten Tage vermutlich textilfreier verleben würde, als sie es sich wünschte . Was erwartete sie bloß hier? War sie verrückt geworden, sich auf so ein Abenteuer einzulassen?
    Sie atmete so ruhig wie möglich ein, dann marschierte sie entschlossen über den knirschenden Kies auf die breite Tür zu, zu der eine kurze Treppe hinaufführte.
    Als sie die Hand ausstreckte, um auf die Klingel zu drücken, öffnete sich die Tür wie von selbst , und Lilian erschrak.
    „Hallo?“, rief sie in den breiten Flur, der dahinter lag, dann hörte sie Schritte. Hohe Absätze klackten auf dem Marmorboden und hallten zwischen den weiß tapezierten Wänden wider, ein Licht flammte auf. Die Sonne schien von hinten durch die Tür in den Flur und ließ den Stein unter ihren Füßen glänzen.
    „Hallo, guten Tag!“, sagte eine raue Frauenstimme, die sie sofort wiedererkannte. Erleichtert atmete sie auf und ging mutig ins Haus, bis sie vor der Frau, der die Stimme gehörte, stand.
    Madame Petrowitsch war einen ganzen Kopf größer als sie, was nicht nur den sehr hohen Schuhen zuzuschreiben war. Das schwarze Haar war zu einem ordentlichen Knoten am Hinterkopf hochgesteckt, mit Gel aus dem herben, kantigen Gesicht zurückgehalten. Hellg rüne Augen ruhten neugierig auf Lilian. Die Hausherrin trug ein schwarzes Kostüm mit einem engen Rock, der knapp ihre Knie bedeckte, und eine Jacke mit kleinem Schößchen hinten. Streng und altmodisch, wie eine Gouvernante, aber ihr Aussehen passte zum Haus .
    „Hallo, ich bin Lilian Bernstein“, sagte sie und streckte unsicher die Hand aus.
    „Jaja, natürlich, Lilian“, rief Madame Petrowitsch und ergriff sie Lilians dargebotene Finger. Ihr Händedruck war sicher und fest. Sehr fest.
    „Kommen Sie, kommen Sie. Nur herein, keine Angst. Wir gehen in mein Büro und klären den Papierkram.“
    Lilian grinste. Offenbar war Madames strenge Aura nur eine optische Raffinesse, wenn sie sich bewegte und sprach, wirkte sie quirlig wie ein junges Mädchen.
    Sie roch nach Zigaretten und einem sehr moschushaltigen Parfum, das sie in einer Wolke hinter sich herzog. Der Flur war leer, und auch sonst wirkte das Haus beinahe verlassen. Jedenfalls hatte sie mehr Leben, mehr Menschen hier erwartet.
    Lilian tastete in der Tasche nach ihrem Handy und umklammerte es. Sollte etwas Seltsames geschehen, würde sie ohne Umschweife bei Karen anrufen und sie bitten, die Polizei zu benachrichtigen.
    Hastig lief sie hinter der mit großen Schritten vor ihr eilenden Madame hinterher durch den langen Flur, bis zu einer Kurve am Ende . Aus den Augenwinkeln betrachtete sie die Bilder an

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