Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lilien im Sommerwind

Lilien im Sommerwind

Titel: Lilien im Sommerwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
Vom Netzwerk:
taten es in aller Stille. Ich wollte keine Anerkennung dafür. Aber meine Erfolge bei entführten Kindern sickerten trotzdem durch, und auf einmal war ich bekannt. Dann kamen die Briefe, die Anrufe, die flehenden Bitten, die einen Tag und Nacht verfolgen. Immer noch wollte ich nur helfen.«
    Tory stellte das leere Glas ab und trat wieder ans Fenster. »Ich merkte nicht, wie Jack begann, mich zu beobachten. Mit diesem kühlen Blick. Ich dachte, er sei eben so. Er war der erste Mann, mit dem ich zusammen war, und als es anfing, auseinanderzubrechen, waren wir bereits über ein Jahr lang ein Liebespaar.
    Er traf sich mit einer anderen. Sie war in seinen Gedanken, ich konnte sie riechen, wenn er zu mir kam. Ich fühlte mich betrogen und wütend und stellte ihn zur Rede. Nun, er reagierte noch wütender. Darin war er besser als ich. Ich hatte seine Gedanken ausspioniert. Ich war schlimmer als jedes Monster. Wie sollte er eine Beziehung zu einer Frau aufrechterhalten, die seine Privatsphäre nicht respektierte und in seine Gedanken eindrang?«
    »Er hat den Spieß einfach herumgedreht. Er betrügt dich, aber du bist schuld.« Cade schüttelte den Kopf. »Das hast du ihm doch hoffentlich nicht abgekauft?«
    »Ich war noch nicht einmal zweiundzwanzig. Er war mein erster und einziger Liebhaber. Und ich liebte ihn. Außerdem hatte ich ja wirklich seine Gedanken ausspioniert, wenn auch unabsichtlich. Also nahm ich die Schuld auf mich, aber es war nicht genug. Er begann, mit mir zu streiten. Er behauptete, ich würde die Anerkennung für die gute, harte Arbeit einstreichen wollen. Seine Gefühle waren ins Gegenteil umgeschlagen und das verletzte uns beide. Und dann kam Jonah. Jonah Mansfield.«
    Tory drückte sich die Hand auf die Brust und schloss einen Moment lang die Augen. »Es bricht mir immer noch das Herz. Er war acht und von der früheren Haushälterin seiner Eltern entführt worden. Die Polizei wusste das. Und es gab eine Lösegeldforderung in Höhe von zwei Millionen Dollar. Jack gehörte zu dem Team, das den Fall bearbeitete. Er hatte mir nichts gesagt. Die Mansfields kamen auf mich zu. Sie baten mich um Hilfe, und ich sagte ihnen, was ich wusste. Der Junge wurde irgendwo in einem Keller gefangen gehalten. Ich wusste nicht, ob es ein Einfamilienhaus oder ein Mietshaus war, aber es war auf der anderen Seite des Flusses. Jack war wütend, dass ich ihn hintergangen hatte. Er wollte mir nicht zuhören. Sie hatten dem Jungen nichts getan und wollten ihn zurückgeben, sobald das Lösegeld zu ihren Bedingungen bezahlt war. Wollte ich etwa das Leben eines Kindes riskieren, nur um zu beweisen, was ich für ein Wunderwesen war? Das fragte er mich und untergrub dadurch mein Selbstbewusstsein, sodass ich mir am Ende nicht mehr sicher war.«
    Tory holte tief Luft. »Ich bin mir immer noch nicht sicher, was eigentlich die Antwort auf diese Frage ist. Aber ich konnte den Jungen sehen und ich konnte die Frau sehen. Sie würde ihn gehen lassen. Ihr ging es nur um das Geld und um Rache, weil die Mansfields sie entlassen hatten. Ich sagte ihnen, Jonah würde gut behandelt. Er hätte Angst, aber es gehe ihm gut. Sie sollten das Lösegeld bezahlen und tun, was verlangt werde, und dann würden sie ihren Sohn heil zurückbekommen. Eigentlich sagte ich genau das, was die Polizei wollte. Was ich jedoch nicht sah, weil Jack mich so verunsichert hatte, waren die Männer, die mit der Frau zusammenarbeiteten. Sie waren nicht so kühl wie sie.«
    Ihre Stimme zitterte. O ja, es bricht dir immer noch das Herz, dachte sie. »Ich sagte Jack, da wären noch zwei Männer. Aber die Ermittlungen hatten ergeben, dass es nur einen gab. Die Frau und einen Komplizen. Ich brächte alles durcheinander und wäre ihnen im Weg.
    Als das Geld bezahlt wurde, taten diese Männer, was sie die ganze Zeit über vorgehabt hatten. Sie brachten Jonah und die Frau um.«
    Tory holte noch einmal tief Luft. »Ich erfuhr es erst aus den Nachrichten. Auf einmal riefen ständig Reporter bei mir an. Ich zog mich zurück und igelte mich ein, weil Jack sich von mir abgewendet hatte.
    Ich weiß nicht, wie die Männer ihre Flucht geplant hatten. Sie hatten einen Van und wollten anscheinend einfach wegfahren. Wahrscheinlich hatten sie gar keinen Plan, weil die Frau hinter allem gestanden hatte. Also fuhren sie einfach nach Westen. Aber die Polizei hatte das Geld gekennzeichnet und wartete schon auf sie.
    Zwei Polizisten wurden erschossen, einer der beiden Kidnapper schwer verletzt.

Weitere Kostenlose Bücher