Lilien im Sommerwind
ein paarmal in der Woche hierher, um Daddy ein bisschen zu helfen. Wenn das Baby erst einmal da ist, habe ich dazu wahrscheinlich keine Zeit und keine Energie mehr.«
Und ich werde wahrscheinlich zu Hause verrückt werden, dachte Lissy. Aber darüber konnte sie immer noch nachdenken, wenn es so weit war.
»Und jetzt erzähl mir, was du alles erlebt hast.«
»Ich würde schrecklich gern mit dir schwatzen, Lissy.« Aber dazu müsstest du mir erst die Zunge herausreißen und sie mir um den Hals wickeln. »Aber ich habe heute noch viel zu tun.«
»Oh, wie dumm von mir. Du musst ja völlig erschöpft sein.« Lissy lächelte dünn. »Wenn du dich erst einmal ausgeruht hast, dann setzen wir uns zusammen und reden über alte Zeiten.«
»Ich freue mich schon darauf.« Bleib freundlich, ermahnte sich Tory. Das ist genau die Art von Kundschaft, die du brauchst. »Ich habe vor ein paar Minuten Wade getroffen. Er meinte, das Haus - mein altes Haus - sei möglicherweise zu vermieten.«
»Ja, das stimmt. Die Pächter sind erst vor ein paar Wochen ausgezogen. Aber Schätzchen, du willst doch nicht wirklich da draußen wohnen, oder? Wir haben ein paar sehr schöne Wohnungen hier in der Stadt. River Terrace hat alles, was eine allein stehende Frau braucht, inklusive allein lebenden Männern«, fügte sie augenzwinkernd hinzu. »Moderne Installationen, Teppichböden in allen Räumen. Wir haben zum Beispiel eine Wohnung mit Garten im Angebot, die einfach reizend ist.«
»Ich bin nicht an einer Wohnung interessiert. Ich würde gern draußen auf dem Land leben. Wie hoch ist die Miete?«
»Ich sehe schnell einmal nach.« Natürlich wusste sie es. Lissy hatte einen viel schärferen Verstand, als die Leute annahmen. Aber sie liebte es, das zu verbergen. Sie rückte ihren Stuhl an den Computer und tippte auf ein paar Tasten herum. »Ich schwöre dir, ich werde mich nie an diese Technik gewöhnen. Du weißt, dass es zwei Schlafzimmer und ein Bad hat?«
»Ja, ich weiß.«
Die Höhe der monatlichen Miete erschien auf dem Bildschirm. »Also, du fährst gut fünfzehn bis zwanzig Minuten von der Stadt aus. Und diese süße, kleine Wohnung, von der ich dir erzählt habe, ist nicht weiter weg als zehn Minuten zu Fuß!«
»Ich nehme das Haus.«
Lissy blickte auf und blinzelte. »Du nimmst es? Willst du nicht erst einmal hinfahren und es dir ansehen?«
»Ich kenne es doch. Ich stelle dir einen Scheck aus. Die erste und die letzte Monatsmiete?«
»In Ordnung.« Lissy zuckte mit den Schultern. »Ich drucke dir rasch den Mietvertrag aus.«
Weniger als dreißig Sekunden, nachdem der Vertrag unterschrieben und Tory mit den Schlüsseln hinausgegangen war, hängte Lissy sich ans Telefon, um allen die Neuigkeit zu berichten.
Auch hier hatte sich allerhand verändert. Das Haus stand zwar noch da, wo es immer gestanden hatte, an einem schmalen Feldweg nur einen Steinwurf vom Sumpf entfernt. Auf seiner Westseite erstreckten sich Felder. Die zarten Baumwollschösslinge sprossen bereits aus der Erde, in ordentlichen Reihen wie fügsame Schulkinder. Aber jemand hatte rosafarbene und weiße Azaleen und neben dem Fenster des Schlafzimmers einen jungen Magnolienbaum gepflanzt.
Früher waren die Läden verrostet gewesen und die weiße Farbe war grau geworden. Aber inzwischen hatte sich jemand um das Haus gekümmert. Die Fenster glänzten, und die Mauern waren in einem sanften Blau gestrichen worden. Man hatte eine vordere Veranda angebaut, breit genug für den Schaukelstuhl, der neben der Tür stand.
Es sah fast einladend aus.
Als Tory auf das Haus zutrat, schlug ihr Herz schneller. Vermutlich würde sie den Geistern der Vergangenheit begegnen, aber wegen dieser Geister war sie zurückgekommen. Es war besser, ihnen entgegenzutreten.
Die Schlüssel klapperten in ihrer Hand.
Die Haustür knarrte. Tory redete sich ein, dass es ein heimeliges Geräusch war. Eine Haustür hatte zu knarren, und man musste sie zuschlagen können.
Sie steckte den Schlüssel ins Schloss und drehte ihn. Dann holte sie tief Luft und trat ein.
Die zerschlissene Couch mit den verblichenen Rosen, das alte Fernsehgerät, der durchgetretene Flickenteppich. Leere gelbe Wände ohne Bilder. Der Geruch von zu lange gekochtem Gemüse und Lysol.
Tory! Du kommst sofort herein und wäschst dich. Habe ich dir nicht gesagt, du sollst den Tisch für das Abendessen decken, bevor Daddy nach Hause kommt?
Das Bild verschwand und Tory stand in einem leeren Zimmer. Die Wände waren
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