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Lilien im Sommerwind

Lilien im Sommerwind

Titel: Lilien im Sommerwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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geschenkt hättest.«
    »Da irrst du dich«, sagte er langsam. »Als ich zwölf war, gab es eine Zeit, in der mir alles, was mit dir zu tun hatte, wichtig war. Ich trage dein Bild von damals immer noch in mir. Warum hören wir nicht einfach auf, so zu tun, als stünde sie nicht hier bei uns?«
    Tory zuckte zusammen und sprang auf. Sie trat an das andere Ende der Veranda und blickte mit verschränkten Armen über die Felder.
    »Wir haben sie beide geliebt«, sagte Cade. »Wir haben sie beide verloren. Und keiner von uns hat sie vergessen.«
    Ein schweres Gewicht senkte sich auf Torys Brust. »Ich kann dir nicht helfen.«
    »Ich bitte dich nicht um Hilfe.«
    »Um was dann?«
    Verwirrt trat er von einem Fuß auf den anderen und lehnte sich dann wieder zurück, um ihr Profil zu betrachten. Sie hatte sich wieder verschlossen, stellte er fest. Vielleicht hatte es eine winzige Öffnung gegeben, aber jetzt hatte sie sie wieder verschlossen. »Ich bitte um überhaupt nichts, Tory. Glaubst du, dass jeder nur etwas von dir will?«
    Sie fühlte sich jetzt wieder stärker und blickte ihn unverwandt an. »Ja.«
    Ein Vogel schoss hinter ihm vorbei, wie ein grauer Blitz, der durch die Luft fuhr, und ließ sich dann auf einer der Schirmakazien am Rande des Sumpfes nieder. Und dort, so kam es Tory vor, sang er stundenlang, ehe Cade weiterredete.
    Sie hatte es fast vergessen. Diese langen Pausen, den trägen Rhythmus der Gespräche auf dem Land.
    »Das ist schade«, erwiderte er schließlich. »Aber ich will nichts von dir, außer vielleicht ab und zu ein freundliches Wort. Tatsache ist doch, dass Hope uns beiden etwas bedeutete. Ihr Tod hat sich auf mein Leben ausgewirkt. Ich bezeichne ungern eine Dame als Lügnerin, aber wenn du vor mir stehst und mir sagst, er hätte auf dein Leben keine Auswirkung gehabt, dann muss ich es tun.«
    »Was bedeutet es dir schon, wie ich mich fühle?« Am liebsten hätte Tory sich den eisigen Schauer von den Armen gerieben, aber sie tat es nicht. »Wir kennen einander gar nicht. Wir haben uns nie wirklich gekannt.«
    »Wir kannten sie. Und vielleicht bringt deine Rückkehr längst Vergessenes wieder an die Oberfläche. Das ist nicht deine Schuld, es ist einfach so.«
    »Ist dein Besuch eigentlich ein Willkommensgruß oder eine Warnung, mich fern zu halten?«
    Einen Moment lang sagte Cade nichts, dann schüttelte er den Kopf. Seine Augen blitzten fröhlich auf. »Du bist ganz schön spröde. Ich fordere schöne Frauen grundsätzlich nicht auf, sich fern zu halten. Darunter würde doch nur ich leiden, oder?«
    Tory erwiderte sein Lächeln nicht, und er trat entschlossen einen Schritt näher. Vielleicht war es die Bewegung, vielleicht auch das Geräusch seiner Arbeitsstiefel auf dem Holz - der Vogel verstummte und flog tiefer in den Sumpf hinein.
    »Ich bin gekommen, um dich willkommen zu heißen, Tory, und um dich in Augenschein zu nehmen. Ich habe ein Recht darauf, neugierig zu sein. Und dein Anblick bringt etwas von jenem Sommer zurück. Das ist ganz natürlich. Andere werden das genauso empfinden. Das musst du doch gewusst haben, als du dich entschlossen hast, hierher zu kommen!«
    »Ich bin nur wegen mir gekommen.«
    Sieht sie deshalb so krank, verletzt und müde aus?, fragte sich Cade. »Dann willkommen zu Hause.«
    Er streckte die Hand aus. Tory zögerte, aber es war in gleichem Maße eine Herausforderung wie ein Angebot. Seine Hand war warm und der Druck härter, als sie erwartet hatte. Zudem spürte sie eine Verbindung, eine Art leises, inneres Klicken. Unerwartet. Und unwillkommen.
    »Es tut mir Leid, wenn ich unfreundlich wirke.« Sie entzog ihm ihre Hand wieder. »Aber ich habe viel zu tun. Ich muss endlich anfangen.«
    »Du sagst mir doch, wenn ich irgendetwas für dich tun kann?«
    »Gern. Ah ... du hast das Haus hübsch renoviert.«
    »Es ist ein gutes Haus.« Cade blickte Tory an, während er das sagte. »Ich lasse dich jetzt arbeiten«, fügte er hinzu und ging die Stufen hinunter. Neben einem schäbig aussehenden Pickup, der dringend eine Wagenwäsche benötigte, blieb er noch einmal stehen.
    »Tory? Ich hatte ein Bild von dir in meinem Kopf.« Er öffnete die Autotür, und ein kurzer Windstoß zerzauste seine Haare. »Das neue ist besser.«
    Er fuhr davon und beobachtete sie im Rückspiegel, bis er vom Feldweg auf die asphaltierte Straße einbog.
    Er hatte Hope gar nicht erwähnen wollen, jedenfalls jetzt noch nicht. Als Besitzer von Beaux Reves, als ihr Vermieter, als Kindheitsfreund

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