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Lilientraeume

Lilientraeume

Titel: Lilientraeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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wäre völlig falsch und nicht gerade ein Vertrauensbeweis, ihm Tracis Besuch zu verschweigen. Schließlich sprachen sie sonst immer offen über alles.
    Sie füllte Portionen von den Suppen ab und packte ein Ciabatta ein. Bei einem gemeinsamen Essen redete es sich leichter über schwierige Dinge. Ihr Dad würde ihre Probleme bestimmt verstehen, machte sie sich Mut.
    Als sie in die Einfahrt bog, sah sie dort einen leuchtend blauen Lexus aus Nevada stehen. Glühend heißer Zorn schoss in ihr hoch. Das konnte nur sie sein, denn sie kannte niemanden, der in Nevada lebte, und Willy B. ihres Wissens ebenfalls nicht.
    Instinktiv spürte Avery, dass es gar nicht anders sein konnte. Nachdem ihre Mutter bei ihr abgeblitzt war, versuchte sie jetzt offenbar ihren Vater anzuzapfen.
    Sie stürmte direkt in die Küche, und Willy sprang erschrocken auf. Traci hingegen blieb sitzen, die Augen tränenfeucht und ein zerknülltes Taschentuch in der Hand. Das gleiche Bild wie an dem Abend in ihrer Wohnung.
    »Du hast wirklich Nerven«, brüllte Avery sie an.
    »Avery! Beruhige dich!«
    »O nein, ganz sicher nicht.« Sie baute sich vor ihrem Vater auf. »Hat sie dich schon gefragt, ob du ihr etwas ›leihen‹ kannst, oder ist sie noch dabei, dir zu erzählen, wie entsetzlich leid ihr alles tut?«
    »Jetzt setz dich erst mal und … Was meinst du eigentlich?«
    »Hat sie etwa zu erwähnen vergessen, dass sie bei mir schon war, um mich anzuhauen?«
    Er schüttelte den Kopf und legte einen Arm um ihre Schulter. Eine Geste, die sie beruhigen und zugleich der Frau am Küchentisch demonstrieren sollte, dass sie beide eine fest gefügte Einheit waren. »Davon hat sie nichts gesagt.«
    »Ich wollte es dir noch erzählen, ganz bestimmt. Zunächst musste ich einfach zu ihr gehen. Weil ich mir nicht sicher war, ob ich überhaupt den Mut aufbringen würde, dich aufzusuchen. Außerdem wollte ich Avery sagen, wie entsetzlich leid mir mein Verhalten tut. Ehrlich.«
    »Wenn ich das richtig sehe, ging es dir in erster Linie um Geld.«
    »Ich bin pleite und hab echte Schwierigkeiten. Aber mein Verhalten tut mir wirklich leid.« Mit zitternden Fingern fuhr sie sich mit dem Handrücken durch das Gesicht. »Ich wünschte, ich hätte damals alles anders gemacht. Doch das lässt sich nicht mehr ändern. Kurz vor Steves Tod haben wir unser Haus verloren, und irgendwie lief von da an alles schief. Er leierte ein paar Geschäfte an, aus denen am Ende nichts wurde. Weil ihm keine Zeit mehr blieb, um sie durchzuziehen.«
    »In der Einfahrt steht ein schicker neuer Lexus«, sagte Avery süffisant. »Den könntest du ja verkaufen.«
    »Er ist geleast, und die fälligen Raten kann ich ebenfalls nicht mehr bezahlen. Ich würde ihn zwar gerne behalten, als Erinnerung, nur brauch ich Geld, bis ich einen Job gefunden habe. Nicht nur für das Auto, sondern auch für eine Wohnung.«
    »Du hast Geld von Avery genommen?«, fragte Willy, und Traci wurde rot. »Nur geliehen.«
    »Wie viel?«
    Als sie in Tränen ausbrach, wandte er sich seiner Tochter zu. »Wie viel?«
    »Ich weiß es nicht genau. Was gerade in meinem Portemonnaie war. Mehr als ich normalerweise bei mir habe. Ich war an dem Tag mit Hope und Clare shoppen.«
    Aus der für gewöhnlich ruhigen Stimme ihres Vaters klang jetzt ungewohnter Zorn. »Du hast mein Mädchen verlassen und dich nie wieder gemeldet, Traci. Und dann tauchst du nach all den Jahren plötzlich bei ihr auf und nimmst Geld von ihr?«
    »Sie hat eine hübsche Wohnung und ein eigenes Restaurant. Ich bin schließlich ihre Mutter und hab früher mein Möglichstes für sie getan.«
    »O nein, das hast du nicht.« Er küsste seine Tochter zärtlich auf den Kopf. »Warst du schon bei deiner Mutter, Traci?«
    »Sie hat mir nach Steves Tod unter die Arme gegriffen. Weil ich völlig am Ende war wegen der vielen Schulden. Aber sie machte mir unmissverständlich klar, dass ich weitere Hilfe nicht erwarten könne. Und das meinte sie ernst. Ich ha b ’s noch mal probiert, bevor ich herkam, doch sie rückte keinen Cent mehr raus.«
    »Wie viel brauchst du?«
    »Daddy, nicht …«
    »Du hältst dich da raus.«
    »Aber du kannst nicht …«
    »Das ist ganz allein meine Sache.« Willy B. brauchte nicht laut zu werden, denn wie immer reichte es, die Tochter reglos anzusehen. »Sei also bitte still. Wie viel, Traci?«
    »Wenn du mir fünftausend geben könntest, käm ich erst mal über die Runden. Ich zahl es dir bestimmt wieder zurück. Das schwör ich. Wenn du

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