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Lilientraeume

Lilientraeume

Titel: Lilientraeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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das späte Mahl, tranken ihren Wein, während der Rest der Welt unter einer dicken weißen Schneedecke versank.

17
    Solange er denken konnte, hatte Owen gerne getüftelt und ausprobiert. Er besaß eine scheinbar angeborene Vorliebe für Details und Berechnungen, Pläne und Listen, womit er sich als Koordinator des Familienunternehmens geradezu empfahl. Deshalb hatte er auch nie ernsthaft erwogen, einen anderen Beruf zu ergreifen. Ja, er konnte sich nicht einmal eine Tätigkeit vorstellen, die ihm solche Befriedigung verschaffen und ihn mit solchem Stolz erfüllen könnte wie das, was er tat.
    Auch die Zusammenarbeit mit den Brüdern liebte er. Natürlich waren sie nicht immer einer Meinung, stritten, schimpften aufeinander und beschwerten sich mit schöner Regelmäßigkeit übereinander, doch das tat ihrem grundsätzlichen Einverständnis und der gegenseitigen Wertschätzung keinen Abbruch. Am Ende zogen sie immer an einem Strang. Sie konnten sich aufeinander verlassen, wussten, wie die anderen dachten und arbeiteten, und selbst mit den jeweiligen Schwächen kamen alle gut klar.
    Obwohl die Brüder Owen oftmals als pedantisch bezeichneten und genervt auf seinen Kontrollzwang reagierten, waren sie zumeist recht froh, dass er sich um Probleme kümmerte, die sie selbst lieber nicht am Hals haben wollten. Dazu gehörte auch Lizzy, der Hotelgeist.
    Was anfangs mit Entsetzen registriert wurde, war mittlerweile fast alltäglich geworden, zumal die meist unsichtbare Lady sich als zwar temperamentvoll, aber durchaus umgänglich erwies und bisweilen sogar zum Nutzen der Bewohner Schicksal spielte.
    Deshalb wollte man ihr einen Herzenswunsch erfüllen, der sie offenbar auf dieser Erde festhielt, und den verschollenen Billy für sie finden.
    Nur wer zum Teufel war dieser Billy? Es gab keinerlei Anhaltspunkte, wann er gelebt hatte und was mit ihm passiert war und welcher Art seine Beziehung zu Elizabeth gewesen sein mochte.
    Der Ring an ihrem Finger deutete auf eine Verlobung hin, konnte aber auch eine andere Bedeutung haben. Und weil sich alles ziemlich kompliziert gestaltete, erhielt Owen den Auftrag, sich der Sache anzunehmen und nachzuforschen, wer Billy und Elizabeth überhaupt waren.
    Sie gingen davon aus, dass sie zumindest zeitweilig früher in dem alten Haus lebte. Schließlich hielten Geister sich, soweit man wusste, bevorzugt an Orten auf, wo sie bereits zu Lebzeiten gewohnt hatten. »Deshalb sollten wir hier vor Ort mit der Suche beginnen«, schlug Owen vor, der mit seinem Laptop im Speisesaal saß. »Vielleicht hilft Lizzy uns ja sogar.«
    Hope nickte zustimmend und stellte einen Kaffeebecher neben seinem Ellenbogen ab. »Weshalb sollte sie sonst hier sein?«
    »Ich hab mich ein bisschen auf den Webseiten zu übernatürlichen Erscheinungen umgesehen. Dabei stößt man auf die absurdesten Geschichten, die bestimmt zum größten Teil totaler Schwachsinn sind. In einer Hinsicht jedoch besteht Einigkeit: dass jene Menschen, die nach ihrem Tod, wie soll ich sagen, nicht in eine andere Welt übergetreten sind, zumeist dort bleiben, wo sie gestorben sind. Oder sie kehren an einen Ort zurück, der ihnen im Leben wichtig war. Allerdings sagt das noch nichts darüber aus, wer sie war. Die Hausherrin? Ein Gast? Personal ist in Anbetracht ihrer Kleidung wohl auszuschließen.«
    »Sollte man nicht mit den Sterberegistern anfangen? Das wäre zumindest ein Anhaltspunkt«, schlug Hope vor.
    »Da hätten wir viel zu sichten.«
    »Wir könnten die Suche eingrenzen. So wie du ihre Kleidung beschrieben hast, müsste sie etwa zur Zeit des Bürgerkriegs eine junge Frau gewesen sein. Zwar trägt sie keinen richtigen Reifrock mehr, aber ein Kleid mit weitem, bauschigem Rock. Um 1870 kam das langsam aus der Mode.«
    »Der Rock war vielleicht so weit …« Owen breitete die Arme aus. »Falls ich mich nicht irre. Schließlich hab ich sie nur ganz kurz gesehen.«
    »Sie sollte sich lieber mir mal zeigen«, meinte Hope. »Dann wüsste ich ziemlich sicher zu sagen, wann man so was getragen hat.« Sie war fast schon sauer, dass Lizzy für sie unsichtbar blieb. Obwohl sie doch praktisch Hausgenossen waren und unter einem Dach lebten. »Und was war mit den Ärmeln?«
    »Den Ärmeln?« Owen runzelte die Stirn.
    »Wie waren die Ärmel geschnitten? Lang, kurz, weit oder eher eng?«
    »Hm, lass mich nachdenken … Sie waren lang und, wenn ich mich recht entsinne, ein bisschen bauschig.«
    »Handschuhe? Trug sie Handschuhe?«
    »Ich glaube nicht …

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