Lilientraeume
hielt im Ausziehen seiner Jacke inne. »Clare ist schwanger?«
»Das nicht. Wir warten noch die Hochzeit ab, aber dann …, dann geht’s mit Volldampf los.«
Ryder ließ seinen Hammer sinken. »Vier Kinder? Ist das dein Ernst?«
»Wieso, ist schließlich nur eins mehr als bisher.«
»Mom flippt sicher aus, wenn sie ihr erstes eigenes Enkelkind bekommt.« Ryder zog ein paar Stahlstifte aus einer Wand.
»Apropos Mom. Ich wollte ein bisschen in der Werkstatt arbeiten, deshalb war ich heute Morgen schon bei ihr.«
»Gib’s zu, du wolltest bei ihr frühstücken.«
»Das auch, aber hört zu: Willy B. war bereits vor mir dort.«
»Noch jemand, der Frühstück schnorren wollte.« Beckett setzte seine Brille wieder auf, bevor er nach der Säge griff.
»Wartet, ihr versteht mich nicht.«
Stirnrunzelnd nahm Beckett die Brille wieder ab. »Gibt’s ein Problem mit Mom?«
»Nicht direkt. Zumindest aus ihrer Sicht nicht.«
»Aus wessen dann?« Ryder dämmerte offenbar ebenfalls nichts.
»Lasst mich einfach ausreden, verdammt. Also, ich ging in die Küche und sah sie am Herd stehen – und neben ihr Willy B. Nur in Boxershorts, und die beiden haben … Na, ihr wisst schon.«
Jetzt endlich kapierte Ryder und legte seinen Hammer weg. »Sie haben was? Was genau?«
»Sie…« Owen fuchtelte verlegen mit den Armen herum. »Es war so, dass Willys Hände auf Moms Hintern lagen und sie unter ihrem offenen Morgenrock kaum etwas anhatte. Über den Rest will ich lieber nicht reden.«
»Er hat an ihr herumgefummelt?«, erkundigte sich Ryder in gefährlich ruhigem Ton. »In Ordnung. Er ist zwar ziemlich groß, dafür aber ziemlich alt. Ich kann es also problemlos mit ihm aufnehmen.«
»Moment mal.« Beckett stieß ihn unsanft in die Seite und sah Owen fragend an. »Willst du damit etwa sagen, Mom und Willy …«
»Genau das will ich damit sagen. Und zwar schon seit zwei Jahren.«
»Leck mich am Arsch«, murmelte Ryder.
»Bitte sag so etwas nicht, während er uns von Mom und Willy B. erzählt. Das weckt bei mir erschreckende Assoziationen.« Beckett schnappte sich die Colaflasche, die er mitgebracht hatte, und setzte sie an den Mund. »Okay, jetzt atmen wir am besten erst einmal tief durch. Du behauptest also allen Ernstes, dass was zwischen Willy B. und unserer Mutter läuft.«
»Sie sagt, hin und wieder würde er zum Frühstück bleiben. So hat sie es ausgedrückt – als er gerade oben war, um seine Hose anzuziehen. Sie sagt, sie hätten sich immer schon gemocht und seien sich durch die Trauer um Dad nähergekommen und so weiter.«
»Okay, Dad und Willy waren dicke Freunde, keine Frage. Nur versteh ich nicht, warum er sich heimlich in ihr Haus schleicht, wenn Mom das alles ganz in Ordnung findet. Warum macht sie so ein Geheimnis daraus?«
»Sie wollen einfach nur diskret sein. Zumindest kam es mir so vor, als sie mir davon erzählte. Außerdem sprach sie davon, wie schrecklich sie sich nach Dads Tod fühlte, und dabei hat sie geweint.«
»Verdammt.« Ryder stapfte Richtung Fenster und starrte hinaus.
»Vermutlich haben sie sich gegenseitig getröstet, und dann nach einer Weile …«, begann Beckett.
»Wenn ich mir das bildlich vorstelle«, unterbrach Ryder ihn, »die beiden im Bett in Aktion …«
»Meine Güte, Ry.« Beckett presste sich die Finger vor die Augen. »Jetzt hat sich das nächste grauenhafte Bild in meinem Kopf festgesetzt.«
»Wenn mir das selbst vor Augen steht, dann ist es nur gerecht, dir von dem Horror etwas abzugeben«, gab sein Bruder ungerührt zurück. »Ich muss diese Sache erst mal verdauen und Dampf ablassen«, sagte er, griff nach seinem Hammer und donnerte einen Nagel viel zu weit in die Wand.
»Das müssen wir wahrscheinlich alle«, stimmte Beckett zu und setzte seine Brille wieder auf, um sich mit Sägen abzulenken. Zweifellos ließ sich der Tag mit Arbeit am besten überstehen.
Als Clare und ihre Söhne mit dem Proviant erschienen, waren die Rahmen für die Wandschränke im ersten Stock fertig.
»Ihr arbeitet unglaublich schnell!« Clare ging durch die Küche in ihr zukünftiges Arbeitszimmer – auch das ein bisher unerfüllter Wunsch und in ihren Augen ein unglaublicher Luxus.
»Wir gehen eben systematisch vor.« Beckett legte einen Arm um ihre Schultern, während die drei Jungs aufgeregt durchs Haus rannten, um sich alles anzusehen.
»Zur Belohnung hab ich euch Rindfleischeintopf mitgebracht. Was für echte Kerle.«
»Ich bin dabei«, erklärte Owen.
»Tut mir furchtbar
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