Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lilith Parker: Insel Der Schatten

Lilith Parker: Insel Der Schatten

Titel: Lilith Parker: Insel Der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janine Wilk
Vom Netzwerk:
hat immer behauptet, sie könne nur an diesem Schreibtisch anständige Gruselschwingungen empfangen«, quasselte Matt munter weiter. »Aber seit wir hier in Bonesdale sind, scheint sie ihn gar nicht mehr zu brauchen!«
    »Warum denn?«, fragte Lilith abwesend.

    »Sie schreibt wie eine Besessene. Ich glaube, sie hat die letzten Nächte kaum geschlafen. Sobald es dunkel wird, sitzt sie am Laptop und sieht und hört nichts mehr. Zur Inspiration schreibt sie nämlich immer mit Kopfhörern und hört Geisterbahnmusik. Hast du mal was von der ›Sinfonie des Schreckens‹ gehört? Das ist ihre Lieblingsmusik.«
    Lilith erwiderte nichts und schob, in Gedanken versunken, ihr Rad neben Matt her.
    »Wo wolltest du eigentlich gerade hin?«, fragte er.
    »Ich muss für meine Tante etwas einkaufen«, brummte sie.
    »Was dagegen, wenn ich mitkomme?«
    »Ich habe Mildred versprochen, dass ich das alleine erledige. Sie will nicht, dass ich unnötig herumtrödle.« Sie konnte nicht verhindern, dass ihre letzten Worte bitter und verärgert klangen.
    »Durch mich wirst du nicht aufgehalten, versprochen! Komm schon, einkaufen macht doch viel mehr Spaß, wenn man zu zweit ist.«
    Sie zuckte mit den Schultern. Außer Mildreds Bitte – die wohl nur dazu dienen sollte, Lilith ihre Unzuverlässigkeit noch einmal unter die Nase zu reiben – konnte sie keinen logisch nachvollziehbaren Grund finden, warum Matt sie nicht begleiten sollte. Und da sie anscheinend aus einer Familie stammte, in der man es mit der Wahrheit und den Versprechen nicht so genau nahm, konnte Lilith ebenfalls beginnen, dieser Familientradition zu folgen.
    »Von mir aus. Dann komm eben mit.«
    Matt zog eine Augenbraue hoch.
    »Was ist mit dir eigentlich los? Du versprühst ja den Charme einer Miesmuschel.«

    Lilith warf ihm einen Blick zu, der jeden anderen dazu gebracht hätte, ein zehnjähriges Schweigegelübde abzulegen. Matt ließ sich davon jedoch nicht im Mindesten beeindrucken.
    »Du hattest Ärger mit deiner Tante«, tippte er. »Hast du ihr etwa von dem Angriff der Krähe erzählt, so wie Emma es dir geraten hat?«
    Lilith schüttelte den Kopf. Die Sache mit der Krähe hatte sie durch die neuesten Ereignisse vollkommen vergessen. Seit dem Angriff hatte Lilith die Krähe auch nirgends mehr entdecken können.
    »Vielleicht hab ich mir da auch nur etwas eingeredet«, sagte sie halbherzig. »Oder die Krähe hatte Tollwut oder so etwas.«
    Matt warf ihr einen zweifelnden Blick zu, doch er ging nicht weiter auf dieses Thema ein. »Und warum bist du dann so schlecht gelaunt?«, fragte er stattdessen.
    »Ich hab zufällig ein Telefongespräch zwischen Mildred und meinem Vater mitbekommen.«
    »Du hast gelauscht«, kommentierte Matt.
    »Na schön, dann hab ich eben gelauscht«, gab Lilith zu. In knappen Worten schilderte sie Matt das Telefongespräch und die Dinge, die sie auf diese Weise herausgefunden hatte. Auch vergaß sie nicht, die Ergebnisse ihrer Zimmerdurchsuchung zu erwähnen.
    »Und was willst du damit sagen?«, fragte Matt stirnrunzelnd, nachdem sie ihm von ihrer Begegnung mit dem seltsam lebendig wirkenden Skelett erzählt hatte.

    Lilith schwieg. Das war eine gute Frage. Wollte sie damit etwa allen Ernstes andeuten, dass sie mit Vampiren und einem lebenden Skelett unter einem Dach lebte? Schließlich zuckte Lilith mit den Schultern.
    »Ich weiß überhaupt nicht mehr, was oder wem ich noch glauben kann«, sagte sie. »Vielleicht ist mein Dad nicht einmal mein richtiger Vater? Mittlerweile kann ich mir alles vorstellen.« Liliths Hände umklammerten den Lenker so fest, dass ihre Knöchel weiß hervortraten.
    »Du übertreibst!«
    »Nein, tu ich nicht«, regte sich Lilith auf. »Ich bin nur so unglaublich sauer.«
    »Sei doch nicht so naiv!« Matt schüttelte ungläubig den Kopf. »So sind Erwachsene eben. Sie verschweigen uns Dinge – und zwar nur zu unserem Besten, wie sie meinen. Wahrscheinlich hat dein Vater gute Gründe dafür, warum er sich so verhalten hat, nur kennst du sie eben nicht.«
    »Mh.« Lilith war davon nicht gerade überzeugt.
    »Sieh mich nicht so zweifelnd an – ich kenne mich damit aus!«, konterte Matt. »Weißt du, wann mir meine Eltern gesagt haben, dass sie sich scheiden lassen werden? Als mein Vater einen Job in einer der Auslandsvertretungen seiner Firma angenommen und schon seine Koffer gepackt hatte. Bevor ich wusste, was das alles zu bedeuten hatte, war er schon abgereist. Nach Rumänien.« Bitterkeit lag in Matts Ton.

Weitere Kostenlose Bücher