Lilith Parker, und das Blutstein-Amulett (German Edition)
Einsatz, wenn jede Hoffnung verloren war. Allerdings klang André so verzweifelt, dass sie von einer Welle des Mitgefühls erfasste wurde. Vadim war zwar ein alter Kauz, der ständig ihren Namen verwechselte, doch sie hatte ihn vom ersten Moment an gemocht. Abgesehen davon hatte sie ihm einiges zu verdanken, denn ohne ihn wäre sie vom Rat der Vier niemals freigesprochen worden.
»Ich soll nach Chavaleen reisen?« Sie blickte fragend zu Mildred, die sofort heftig den Kopf schüttelte. Strychnin dagegen hüpfte vor Freude auf und ab und riss in lautloser Jubelpose die Hände in die Höhe. Lilith konnte es ihm gut nachfühlen: Ein Ausflug in die Stadt der Vampire versprach sicherlich mehr Aufregung und Unterhaltung, als hier in Bonesdale herumzusitzen.
»Du würdest uns damit wirklich helfen. Du würdest mir damit sehr helfen«, fügte er bedeutungsvoll hinzu.
»Wenn es so wichtig ist, kann ich dir deine Bitte eigentlich nicht abschlagen, oder?« Sie versuchte sich an einem Lachen, das sich allerdings mehr wie ein nervöses Quieken anhörte. »Wann soll ich kommen?«
Mittlerweile formte Mildred mit dem Mund ein stummes »Nein« nach dem anderen und wedelte mit den Armen wie ein panischer Fluglotse.
»Am besten sofort! Es wäre für uns jedoch eine immense Erleichterung, wenn du nicht mit Scrope und einer imposanten Gefolgschaft anreist. Es soll kein offizieller Staatsakt daraus werden, bei dem wir einen großen Empfang abhalten müssen. Vater wäre nicht in der Lage, an so einer Zeremonie teilzunehmen, und sein Fehlen würde erneut die Gerüchteküche anheizen.«
»Gut, das ist kein Problem. Dann statten die Nocturi den Vampiren lediglich einen kleinen Freundschaftsbesuch ab.«
»Du ahnst nicht, wie froh mich deine Zusage macht!« André lachte glücklich. »Ich öffne morgen Mittag das Portal auf unserer Seite und erwarte dich.«
Lilith musste zugeben, dass diese Portale eine ungemein praktische Sache waren, wenngleich es am Anfang etwas gewöhnungsbedürftig war, dass man eine Reise von Tausenden Kilometern innerhalb weniger Sekunden zurücklegte.
»Gut, bis dann!« Sie legte auf, drehte sich langsam um und zwang sich, eine möglichst unschuldige Miene aufzusetzen.
»Äh … Du wirst es nicht glauben, Mildred, ich soll nach Rumänien kommen.«
Der Blick ihrer Tante war so wutentbrannt, dass Lilith befürchtete, jeden Moment in Flammen aufzugehen.
4. Kapitel
»Juley, sechzehnter Tag nach Vollmond, Nachtrag: Ich und meine Ladyschaft wollen nach Chavaleen! Alle haben sich deswegen in der Küche zu einer Krisensitzung versammelt, aus der ich leider hinausgeworfen wurde. Nun kann ich meiner Ladyschaft nicht mehr mit meinen gewieften Argumentationstechniken zur Seite stehen!
Erzählung aus dem Schattenreich: Meine Herrin hat mir aufgetragen, ihr zwei wichtige Fragen zu beantworten, und wenn ich nicht mindestens drei Sätze dazu schreibe, nimmt sie mir meinen MP3-Player weg!
1.Funktioniert das Schattenportal noch?
Ja. (Zählt das als Satz?)
2.Wenn ja, warum wurde es dreizehn Jahre lang nicht benutzt?
Allein der Erzdämon kann mithilfe des Onyx-Amuletts das Portal von unserer Seite aus aktivieren. Doch nach Zebuls Tod … (ich dampfe schon, meine Ladyschaft!!) … ist ein großer Krieg im Schattenreich ausgebrochen. Aus berechtigten Gründen wurde Belial von den anderen Dämonenfürsten nicht als Nachfolger akzeptiert … (meine Fingernägel brennen! Komisch, tut gar nicht so weh, wie ich gedacht habe) … und viele Jahre gefangen gehalten. Einer seiner wenigen Anhänger hat das Amulett jedoch für ihn … (oha, das Feuer hat nun auch den Stift erfasst! Mist, wie soll ich denn mit einem brennenden Schreibge…)«
Eintrag aus Strychnins Dämonen-Tagebuch
S ie saßen nun schon seit Stunden zusammen und berieten über Liliths Reise nach Chavaleen. Draußen senkte sich die Nacht über die Insel und die Küche in Nightfallcastle war erfüllt von flackerndem Kerzenschein und dem Duft frisch gebrühten Kaffees. Lilith hatte Matt gebeten, auf der Burg zu bleiben, da sie den Kampf mit ihrer aufgebrachten Tante nicht alleine durchstehen wollte. Obwohl er sich aus dem Gespräch weitestgehend heraushielt, tat es ihr gut, einen Verbündeten an ihrer Seite zu wissen.
»André ist ein vernünftiger Junge«, gab Melinda zu bedenken. Die Vampirlady wirkte müde und mehrere Strähnen hatten sich aus ihrem Dutt gelöst. »Wenn es nicht nötig wäre, hätte er Lilith nicht um diesen Gefallen gebeten. Er scheint ihre
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