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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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das Fleisch dick genug schnitten.
    Aileen: »Chucky mag dicke Steaks! Dick müssen sie sein.«
    Chucky: »Ja, dick! Was Europäer unter Steaks verstehen, sind gar keine. Hey, wissen Sie, wie ich europäische Steaks nenne? Wollen Sie's wissen? Na? – Carpaccio!«
    Dennoch, Chuck war in Ordnung.
    Zu Lynns Bedauern verkörperte Locatelli auf Julians Schachbrett die Dame, mindestens aber einen Turm. Ihm war gelungen, was Generationen von Physikern zuvor hatte verzweifeln lassen, nämlich Solarzellen zu entwickeln, die über 60 Prozent des Sonnenlichts in Elektrizität umwandelten. Damit, und weil er zugleich ein brillanter Geschäftsmann war, hatte Locatellis Unternehmen LIGHTYEARS die Marktführerschaft auf dem Solarsektor übernommen und seinen Besitzer so reich gemacht, dass Forbes ihn unter den Milliardären der Welt auf Platz fünf führte. Momoka Omura stolzierte gelangweilt neben ihnen her, ließ ihren Blick über die Anlage schweifen und sonderte ein huldvolles »Nett« ab. Lynn stellte sich vor, ihr mit geballter Faust zwischen die Augen zu hauen, hakte sich bei ihr unter und machte ein Kompliment über ihre Haare.
    »Ich wusste, dass sie dir gefallen würden«, erwiderte Omura mit hauchfeinem Lächeln.
    Nein, es sieht lausig aus, dachte Lynn. Total daneben.
    »Schön, dass ihr da seid«, sagte sie.
     
    Zur gleichen Zeit sonnte sich Evelyn Chambers auf ihrer Terrasse im sechsten Stock, bemühte ihre Russischkenntnisse und sperrte die Ohren auf. Sie war der Seismograf der besseren Gesellschaft. Jedes noch so kleine Beben wurde auf ihrer persönlichen Richterskala in Nachrichtenwerte umgesetzt, und soeben bebte es ganz gewaltig.
    Nebenan logierten die Rogaschows. Die Terrassen waren durch schallschluckende Sichtblenden gegeneinander abgegrenzt, dennoch vernahm sie Olympiada Rogaschowas atemloses Schluchzen, das mal näher, mal weiter weg erklang. Offenbar tigerte sie auf dem Sonnendeck hin und her, mit einem randvollen Drink in der Hand, wie gewohnt.
    »Warum?«, heulte sie. »Warum schon wieder?«
    Oleg Rogaschows Antwort kam dumpf und unverständlich aus dem Zimmerinneren. Was immer er gesagt hatte, ließ Olympiada in einem pyroklastischen Ausbruch explodieren.
    »Du Mistkerl!«, schrie sie. »Vor meinen Augen!« Erstickte Laute, Schnappatmung. »Du hast dir nicht mal die Mühe gemacht, es heimlich zu tun!«
    Rogaschow trat nach draußen.
    »Du willst, dass ich Heimlichkeiten habe? In Ordnung.«
    Seine Stimme war ruhig, desinteressiert und geeignet, die Umgebungstemperatur um einige Grade herabzusetzen. Chambers sah ihn vor sich. Einen mittelgroßen, unauffälligen Mann mit hellblondem, schütteren Haar und einem Fuchsgesicht, in dem die Augen ruhten wie eisige, kleine Bergseen. Chambers hatte Oleg Alexejewitsch Rogaschow im vergangenen Jahr interviewt, kurz nachdem er die Aktienmehrheit des Daimler-Konzerns erworben hatte, und einen höflichen, leisen Unternehmer kennengelernt, der bereitwillig auf alle Fragen antwortete und dabei so undurchdringlich wirkte wie eine Panzerplatte.
    Sie rekapitulierte, was sie über Rogaschow wusste. Sein Vater hatte einen sowjetischen Stahlkonzern geleitet, der als Folge der Perestroika privatisiert worden war. Das damals übliche Modell sah vor, an die Arbeiter Voucher-Anteilscheine auszugeben. Vorübergehend hatte der vielzellige Organismus des Proletariats das Kommando übernommen, nur dass Anteile an einem Stahlwerk keine Familien durch den Winter brachten. Die meisten Arbeiter waren darum schnell bereit gewesen, ihre Scheine zu Geld zu machen, indem sie sie an Finanzgesellschaften oder ihre Vorgesetzten veräußerten, wofür sie nach dem Friss-oder-stirb-Prinzip eben mal einen Bruchteil des tatsächlichen Werts erhielten. Nach und nach waren so die ehemaligen Staatsbetriebe der auseinandergebrochenen Sowjetunion in die Hände von Investmentfirmen und Spekulanten gefallen. Auch der alte Rogaschow hatte zugelangt und genug Anteilscheine seiner Arbeiter aufgekauft, dass es reichte, den Konzern an sich zu reißen, womit er in die Schusslinie eines konkurrierenden Mafia-Clans geriet, unglücklicherweise im durchschlagenden Sinne des Wortes: Zwei Kugeln trafen ihn in die Brust, eine dritte bohrte sich ins Hirn. Die vierte war für seinen Sohn bestimmt gewesen, verfehlte diesen jedoch. Oleg, bis dahin eher den studentischen Zerstreuungen zugetan, hatte sein Studium umgehend abgebrochen und sich mit einem regierungsnahen Clan gegen die Mörder verbündet, was in einer nicht

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