Limit
näher dokumentierten Schießerei gipfelte. Nachweislich hielt sich Oleg zu dieser Zeit im Ausland auf, war nach seiner Rückkehr jedoch plötzlich Vorstandsvorsitzender und gern gesehener Gast im Kreml.
Er hatte einfach auf die richtigen Leute gesetzt.
In den Folgejahren ging Rogaschow daran, den Konzern zu modernisieren, strich hohe Gewinne ein und schluckte nacheinander einen deutschen und einen englischen Stahlriesen. Er investierte in Aluminium, schloss Verträge mit der Regierung über den Ausbau des russischen Eisenbahnnetzes ab, erwarb Beteiligungen an europäischen und asiatischen Automobilkonzernen und machte ein Vermögen im rohstoffhungrigen China. Dabei war er peinlich darauf bedacht, die Interessen der Machthabenden in Moskau zu berücksichtigen. Zum Dank schien Sonne auf sein Haupt. Wladimir Putin versicherte ihn seiner Wertschätzung, Dmitri Medwedjew holte ihn als Berater an seinen Tisch. Als 2018 der Weltmarktführer ARCELORMittal in die Krise geriet, übernahm Rogaschow den angeschlagenen Stahlgiganten und setzte sich mit ROGAMITTAL an die Spitze seiner Branche.
Etwa zu dieser Zeit hatte Maxim Ginsburg, Medwedjews Nachfolger, die ohnehin erodierenden Grenzen zwischen Privatwirtschaft und Politik so nachhaltig aufgelöst, dass ihn die Presse zum »CEO der Russland AG« kürte. Rogaschow huldigte Ginsburg auf seine Weise. Eines volltrunkenen Abends nämlich erwies sich, dass Ginsburg eine Tochter hatte, Olympiada, wortkarg und von überschaubarem Reiz, die der Präsident gern verheiratet gesehen hätte, möglichst mit vermögendem Hintergrund. Irgendwie war es Olympiada gelungen, ein Studium der Politik und Wirtschaftswissenschaften hinter sich zu bringen. Jetzt saß sie als Abgeordnete im Parlament, gab ihrer Vaterliebe in Abstimmungen Ausdruck und welkte dahin, ohne geblüht zu haben. Rogaschow tat Ginsburg den Gefallen. Die Verehelichung der Privatvermögen ging mit Pomp über die Bühne, nur dass Rogaschow in der Hochzeitsnacht das Bett mied und woanders war. Von da an war er eigentlich ständig woanders, auch, als Olympiada den einzigen gemeinsamen Sohn zur Welt brachte, der einer Privatschule anvertraut und fortan selten gesehen wurde. Ginsburgs Tochter vereinsamte. Mit der Begeisterung ihres Mannes für Kampfsport, Waffen und Fußball wusste sie nichts anzufangen, noch weniger mit seinen ständigen Affären. Sie beklagte sich bei ihrem Vater. Ginsburg dachte an die 56 Milliarden Dollar, die sein Schwiegersohn auf die Waage brachte, und riet Olympiada, sich einen Liebhaber zuzulegen. Das tat sie dann auch. Er hieß Jim Beam und hatte den Vorzug, da zu sein, wenn man ihn brauchte.
Wie wollte die arme Frau bloß die nächsten vierzehn Tage überstehen?
Evelyn Chambers räkelte ihren Latinakörper. Nicht schlecht für 45, dachte sie, alles noch straff, auch wenn hier und da die unvermeidliche Muskelverfettung einsetzte und Anzeichen von Zellulitis Hintern und Oberschenkel kräuselten. Sie blinzelte in die Sonne. Das Geschrei der Seevögel erfüllte die Luft. Erst jetzt fiel ihr auf, dass am ganzen Himmel nur eine einzige Wolke zu sehen war, als habe sie sich hierher verirrt, ein Wolkenkind. Es schien sehr hoch zu schweben, doch was war Höhe? Sie würde weit über den Punkt hinaus reisen, wo Wolken überdauerten.
Oben, unten. Alles eine Frage der Perspektive.
Im Geiste ging sie die Teilnehmer der Reisegesellschaft auf mediale Verwertbarkeit durch. Acht Paare und fünf Singles, außer ihr. Einige der Anwesenden würden ihre Teilnahme nicht eben begrüßen. Finn O'Keefe etwa, der sich Talkshows verweigerte. Oder die Donoghues: Erzrepublikaner, die wenig Geschmack daran fanden, dass Amerikas mächtige Talkqueen das demokratische Lager stützte. Zwar hatte Chambers' einziger aktiver Abstecher in die Politik, 2018, als sie das Amt der Gouverneurin von New York anstrebte, triumphal begonnen und war im Desaster geendet, doch ihr Einfluss auf die öffentliche Meinung blieb ungebrochen.
Mukesh Nair? Auch einer, der ungern in Talkshows ging.
Warren Locatelli und seine japanische Frau hingegen besaßen durchaus Unterhaltungswert. Locatelli war eitel und ungehobelt, andererseits genial. Es existierte eine Biografie über ihn mit dem Titel Was, wenn Locatelli die Welt erschaffen hätte?, womit treffend zum Ausdruck kam, wie er sich selbst sah. Er segelte und hatte im vergangenen Jahr den America's Cup gewonnen, doch seine wahre Begeisterung galt dem Rennsport. Omura war lange Zeit als Aktreuse in
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