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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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tun?«
    »Bearbeite das geöffnete Video. Hol alles an Tiefenschärfe und Brillanz heraus, was geht. Standbilder alle drei Sekunden.«
    »In Ordnung, Owen.«
    Er ging hinüber zum Flaschenöffner, durchquerte die Shopping Mall und fuhr in die Sky Lobby.
     

TU TECHNOLOGIES
     
    Tus Unternehmen belegte die Stockwerke 74 bis 77, darüber lag das Hotel, gekrönt vom Observatorium und der Achterbahn. Eine Dame lächelte Jericho warmherzig an und wünschte ihm einen guten Morgen. Jeder kannte sie. Ihr Name war Gong Qing, Chinas neuer weiblicher Superstar, die vergangenes Jahr einen Oscar gewonnen und anderes zu tun hatte, als zu kontrollieren, wer bei Tu Technologies ein- und ausging. Tus Mitarbeiter pflegten den Gruß zu erwidern und an Gong Qing vorüberzugehen, Besucher wurden nach ihrem Namen gefragt und gebeten, ihre Hand auf die ausgestreckte Rechte der Schauspielerin zu legen. Auch dies tat Jericho. Kurz fühlte er die Kühle der transparenten Projektionsfläche für Gong Quings 3-D-Simulation. Das System erfasste seine Fingerabdrücke und die Linien seiner Handfläche, scannte seine Iris und speicherte seine Stimme. Gong Qing stellte fest, dass er bereits gespeichert war, und vermied es, ihn nach seinem Namen zu fragen. Stattdessen huschte freudiges Erkennen über ihre Züge.
    »Danke, Herr Jericho. Es ist eine Freude, Sie wiederzusehen. Zu wem möchten Sie bitte?«
    »Ich habe einen Termin mit Tu Tian«, sagte Jericho.
    »Fahren Sie ins 77. Stockwerk. Naomi Liu erwartet Sie.«
    Im Fahrstuhl zollte Jericho seinem Freund Tu stillen Respekt für das Kunststück, alle drei Monate eine andere prominente Persönlichkeit für dieses Prozedere gewinnen zu können. Er fragte sich, wie viel Tu der Schauspielerin dafür bezahlt hatte, verließ den Lift und betrat einen riesigen Raum, der die komplette Etage einnahm. Alle vier Stockwerke, in denen Tu Technologies residierte, waren so gestaltet. Weder gab es territoriale Arbeitsplätze noch leblose Flure. Die Mitarbeiter nomadisierten in einer multiplen Arbeitslandschaft, assistiert von containerförmigen Lavo-Bots, lautlos dahingleitenden Robotern, die in ihrem Inneren Computer mit Schnittstellen und Stauraum für persönliches Arbeitsmaterial bargen. Jeder Mitarbeiter verfügte über seinen persönlichen Lavo-Bot, den er morgens am Empfang abholte und mit dem er, je nach Aufgabe, von Arbeitsplatz zu Arbeitsplatz zog, um dort anzudocken. Es gab offene und abgeschirmte Plätze, Teamplätze für Brainstormings und verglaste Büros, die schalldicht waren und deren Glas sich bei Bedarf verdunkeln ließ. Im Zentrum jeder Etage lag eine Freizeitinsel mit Sofas, Bar und Küche als Reminiszenz an die zentrale Feuerstelle, um die sich Urmenschen vor Millionen von Jahren geschart hatten.
    Wir geben unseren Mitarbeitern nicht einfach Arbeit, pflegte Tu zu sagen. Wir bieten ihnen eine Heimat.
    Naomi Liu saß, flankiert von einem konisch gewölbten, zwei Meter hohen Bildschirm, an ihrem Schreibtisch. Schirm wie Tischplatte waren transparent. Dokumente, Diagramme und Filme geisterten darüber hinweg, die Naomi mit den Fingerspitzen öffnete, schloss oder kraft ihrer Stimme dirigierte. Als sie Jericho erblickte, entblößte sie perlweiße Zähne zu einem Lächeln.
    »Und? Zufrieden mit Ihrer neuen Holowand?«
    »Leider nein, Naomi. Die Holografie liefert Ihren Duft nicht mit.«
    »Wie elegant Sie übertreiben.«
    »Keineswegs. Meine Sinne sind geschärfter als die der meisten anderen Menschen. Vergessen Sie nicht, ich bin Detektiv.«
    »Dann können Sie mir sicher auch sagen, welches Parfum ich heute aufgelegt habe.«
    Sie schaute ihn halb erwartungsvoll, halb spöttisch an. Jericho machte sich gar nicht erst die Mühe, eine Marke zu nennen. Für ihn rochen Parfums allesamt nach pulverisierten, in Alkohol gelösten Blumen.
    »Das beste«, sagte er.
    »Für diese Antwort dürfen Sie zum Chef. Er ist im Gebirge.«
    Das Gebirge war eine amorphe Sitzlandschaft im hinteren Teil des Raumes, deren Elemente sich der Körperstruktur anpassten und in ständigem Eigenleben begriffen waren. Man konnte sich hineinwerfen, sie erklettern oder darauf herumlümmeln. Zugleich sorgte eine Füllung aus Nanorobotern dafür, dass sich die Form des Gebildes und damit die Körperhaltung derer, die ihre Kuhle hineingesessen hatten, fortlaufend veränderte. Experten vertraten die Auffassung, es denke sich kreativer, wenn man öfter die Position wechsele. Die Praxis gab ihnen recht. Die meisten bahnbrechenden Ideen

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