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Limit

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Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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bald sogar richtig gut, und er hatte Rache genommen an dem verachtenswürdigen Weichei, das hartnäckig behauptete, Owen Jericho zu sein. Mit Joannas Hilfe hatte er den Jungen begraben, dummerweise lebendig, nicht ahnend, dass ausgerechnet sie ihn wiederauferstehen lassen würde. In Shanghai, wo sich die Welt neu erfand, war der Zombie seinem Grab entstiegen, um seinerseits Rache an ihm zu nehmen. Es war der Junge in seinen Augen, der die Frauen verscheuchte. Er machte ihnen Angst. Er machte ihm Angst.
    Übellaunig steuerte er sein Gefährt zum nächstgelegenen COD-Point und koppelte es wieder ans Stromnetz. Der Computer berechnete, was er zu zahlen hatte, buchte den Betrag ab, als er sein Handy gegen die Schnittstelle hielt, und Jericho stieg aus. Er musste herausfinden, warum Grand Cherokee Wang hatte sterben müssen. Mitten auf der Straße blieb er stehen und rief Tu Tian an. Mit Naomi Liu wechselte er nur wenige Worte. Offenbar spürte sie seine schlechte Laune, schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln und stellte ihn durch.
    »Ich habe das Mädchen gefunden«, sagte er ohne Einleitung.
    Tu hob die Brauen. »Das ging aber schnell.« Fast schwang so etwas wie Ehrfurcht in seiner Stimme mit. Dann fiel ihm Jerichos säuerlicher Gesichtsausdruck auf. »Und wo liegt das Problem? Falls wir mit einem Problem auskommen.«
    »Sie ist mir durch die Lappen gegangen.«
    »Ah.« Tu schnalzte mit der Zunge. »Nun gut. Du wirst dein Bestes gegeben haben, kleiner Owen.«
    »Ich würde die Einzelheiten ungern am Telefon erörtern. Sollen wir ein Treffen mit Chen Hongbing vereinbaren, oder möchtest du vorher in Kenntnis gesetzt werden?«
    »Sie ist seine Tochter«, sagte Tu diplomatisch.
    »Ich weiß. Ich will offen sein. Lieber würde ich zuerst mit dir reden.«
    Tu wirkte befriedigt, als habe er genau darauf gehofft. »Ich denke, wir tun das eine, ohne das andere zu lassen«, sagte er großzügig. »Aber es wäre sicherlich weise, wenn du mich an deinen Überlegungen teilhaben ließest. Wann kannst du da sein?«
    »In einer Viertelstunde, wenn die Zufahrt zur Trasse nicht verstopft ist. Was anderes, Tian. Der Bursche, der heute Morgen bei euch vom Dach gefallen ist –«
    »Ja, schlimme Sache.«
    »Was weißt du darüber?«
    »Die Umstände seines Todes sind, gelinde gesagt, merkwürdig.« Tus Augen funkelten. Er wirkte weniger betroffen denn fasziniert. »Der Kerl ist auf den Gleisen spazieren gegangen, in fast 500 Meter Höhe! Ich frage dich, ist das normal für einen Studenten, der sich ein paar Yuan nebenbei verdienen will? Was hat er da gemacht?«
    »Ich hörte, es gibt ein Video.«
    »Das Video eines Augenzeugen, richtig. Es kam in den Nachrichten.«
    »Die haben es freigegeben?«
    »Ja, aber du siehst nicht sonderlich viel darauf. Nur, dass dieser – wie hieß er noch – Grand Chevrolet oder so da oben rumklettert wie ein Affe und versucht, über die Waggons zu springen.«
    »Grand Cherokee. Er heißt Grand Cherokee Wang.« Jericho massierte seinen Nasenrücken. »Tian, ich muss dich um einen Gefallen bitten. In den Nachrichten hieß es, die Überwachungskameras im Obergeschoss des World Financial Centers zeigten Wang in Begleitung eines Mannes. Offenbar hatten sie Streit. Ich müsste einen Blick auf diese Bänder werfen und –«, Jericho stockte, »– möglichst auch auf Wang.«
    Tu starrte ihn an. »Wie bitte?«
    »Na ja, genauer gesagt –«
    »Wie stellst du dir das vor, Owen? Hast du sie noch alle? Soll ich im Leichenschauhaus anrufen und sagen, hey, wie geht's denn immer so, könnt ihr mal Herrn Wang ausrollen, ein Freund von mir steht auf zermatschte Körper?«
    »Seine Sachen will ich sehen, Tian. Was er in den Taschen hatte. Sein Handy beispielsweise.«
    »Wie soll ich an sein Handy kommen?«
    »Du kennst halb Shanghai.«
    »Aber niemanden im Leichenschauhaus!« Tu schnaufte und schob seine lädierte Brille nach oben, die sich während des Gesprächs stetig den Nasenrücken heruntergearbeitet hatte. Seine fleischigen Wangen zitterten. »Und was die Bänder aus der Überwachungskamera betrifft, da mach dir bloß keine Hoffnungen.«
    »Wieso? Die Aufnahmen sollten auf der Festplatte des Systems gespeichert sein.«
    »Ich bin aber nicht autorisiert, sie anzusehen. Ich bin Mieter hier, nicht der Besitzer. Außerdem, wenn die Polizei ermittelt, wird es sich bei den Aufnahmen um Beweismaterial handeln. Du hast doch selbst Kontakte bei der Polizei.«
    »Es wäre in diesem Fall unklug, sie zu

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