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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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bist der einzige Mensch, der andere hat sterben sehen?«
    »Keine Ahnung.«
    »Eben.«
    »Keine Ahnung, was du gesehen hast.«
    »Wenn du keine Ahnung hast –«
    »Nein, hab ich nicht!«, fauchte Yoyo. »Und weißt du, warum nicht? Weil du und mein Vater auf eurer elenden Vergangenheit brütet! Mir doch egal, was ihr erlebt habt. Maggie, Tony, Jia Wei und Ziyi sind vor meinen Augen in Fetzen geschossen worden. Xiao-Tong, Mak und Ye sind ebenfalls tot. Von Grand Cherokee will ich gar nicht erst anfangen, und dass mein Vater, Daxiong und Owen noch leben, grenzt an ein Wunder. Ich habe mir also gestattet, schlecht zu schlafen. Sonst noch kluge Sprüche?«
    »Du solltest deine Gefühlsausbrüche –«
    »Nein, du solltest!« Yoyo fuchtelte wild in der Luft herum. »Hongbing, sag deinem Kind die Wahrheit, du musst ihr Vertrauen schenken, du kannst nicht länger schweigen, bla bla bla. Oh Mann, du bist der Meister des Blabla, Tian, du bist ja sooo verständnisvoll und konstruktiv! Aber selber immer schön bedeckt halten, was?«
    »Wenn ich kurz mal –«, begann Jericho.
    »Du bist nämlich nicht besser als Hongbing, weißt du das?«
    »He!« Jericho beugte sich vor. »Keine Ahnung, aus welchen Gründen ihr nach Berlin gekommen seid, aber ich will Andre Donner finden, klar? Also regelt euren Knatsch woanders.«
    »Sag ihm das.«
    Tu knetete verdrossen seine Hände. Er schlürfte Tee, biss ein Stück von einer Wurst ab, stopfte den Rest hinterher, knüllte seine Serviette zusammen und warf sie achtlos auf den Teller. Offenbar war er bei Weitem nicht so unangreifbar, wie er sich gerne gab. Eine Weile herrschte beleidigtes Schweigen.
    »Also schön. Meinetwegen haut euch aufs Ohr. Aber irgendwann im Verlauf des Vormittags wäre es geraten, dass ihr euch mit dem Nötigsten eindeckt, Unterwäsche, T-Shirts, Kosmetik, was auch immer. Vielleicht sind wir ja morgen um die Zeit schon wieder zu Hause, vielleicht aber auch nicht. Schräg gegenüber ist eine Shopping Mall. Dreht eure Runde. Danach werden wir dem Muntu einen Besuch abstatten. Hat der Laden mittags eigentlich geöffnet?«
    »Von zwölf bis zwei. Laut Webseite.«
    »Gut.«
    »Ich weiß nicht.« Jericho zerzupfte unschlüssig ein Croissant. »Wir sollten da nicht alle auf einmal aufkreuzen.«
    »Warum nicht?«
    »Wir wollen Donner schließlich warnen, nicht in die Flucht schlagen. Ein europäisch aussehender Typ, ein chinesisches Mädchen, okay. Das kann in einer Metropole als stinknormales Paar durchgehen. Ein weiterer Chinese, und Donner könnte misstrauisch werden.«
    »Findest du? Berlin ist voller Chinesen.«
    »Gehen sie in afrikanische Restaurants?«
    »Ich bitte dich! Wir sind das weltoffenste Volk der Welt.«
    »Ihr seid so weltoffen wie ein Staubsauger«, sagte Jericho. »Ihr verleibt euch alles ein, was nicht angeschraubt und fest genietet ist, aber gastronomisch seid ihr Ignoranten geblieben.«
    »Du verwechselst uns mit Japanern.«
    »Keineswegs. Japaner sind kulinarische Faschisten. Ihr seid Ignoranten.«
    »Bei McDonald's sieht man das garantiert anders.«
    »Ach komm!« Jericho musste lachen. Mit Tu übers Essen zu diskutieren, war in etwa so absurd wie einem Hai die Vorzüge des Vegetarismus zu erläutern. »Im Ausland geht ihr immer nur in chinesische Restaurants, oder? Ich meine ja auch nur, dass der Mann, der jetzt Donner heißt, mit Chinesen schlechte Erfahrungen gemacht hat, sofern unsere Theorien zutreffen. Er wird gesucht. Die Organisation, der Vogelaar und Kenny angehören, will ihn umbringen.«
    »Hm.« Tu spitzte die Lippen. »Vielleicht hast du recht.«
    »Klar hat er recht«, sagte Yoyo zu ihrem Teller.
    »Also schön, ihr fahrt ins Muntu. Ich halte die Stellung.«
    »Du könntest dich in der Zwischenzeit mit Diane vergnügen«, schlug Jericho vor. »Versuch, mehr über die Umstände von Mayés Sturz in Erfahrung zu bringen. Und über Ndongo. Was treibt der Mann, was sind seine Interessen, wer protegiert ihn? Warum erfährt man nichts mehr aus Äquatorialguinea?«
    »Ich glaube, ich weiß es schon.«
    Jericho horchte auf. Selbst Yoyo schien ihren Anfall von Gekränktheit überwunden zu haben und setzte eine erwartungsvolle Miene auf. Tu massierte mit gespreizten Fingern das Erdenrund seines Bauches.
    »Und?«
    »Später«, Tu erhob sich. »Ihr habt zu tun, ich habe zu tun. Schlaft euch aus. Danach könnt ihr mein Konto plündern gehen.«
     
    Jericho hätte es vorgezogen, Donner gleich nach der Landung aufzusuchen und notfalls aus dem Bett zu

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