Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
Vom Netzwerk:
sich zurück. Ihre ganze Körperhaltung drückte Feierabend aus. »Darüber müsstest du mehr wissen als ich. Das war der Teil, den du recherchiert hattest.«
    »Über Ndongo weiß ich nicht viel.«
    »Na ja.« Yoyo spreizte die Finger. »Wenn du rauskriegen willst, wer diesmal die Zeche gezahlt hat, musst du Ndongos Ölpolitik unter die Lupe nehmen. Keine Ahnung, ob er China ebenso treu ergeben ist wie Mayé.«
    »Definitiv nicht.«
    »Woher willst du das wissen?«
    »Du hast selber gesagt, er hätte China auf das Heftigste attackiert. Ich glaube, darüber besteht kein Zweifel. Ndongo ist von den USA installiert und von den Chinesen demontiert worden.«
    »Und wer hat dann Mayé demontiert?«
    Jericho nagte an seiner Unterlippe.
    Aussage Umsturzes chinesische Regierung – .
    »Irgendwas an dieser Geschichte ergibt keinen Sinn«, sagte er. »In dem Textfragment geht es um einen Umsturz, in den China verwickelt ist, aber es kann nicht der Umsturz von 2017 gemeint sein. Zum einen, das ist acht Jahre her. Ohnehin ahnt jeder, dass Peking darin verwickelt war, warum sollten sie uns deswegen jagen? Zum anderen geht es explizit um Donner und Vogelaar. Vogelaar taucht aber erst im Zusammenhang mit Mayé auf.«
    »Oder wurde damals von Peking eingesetzt. Eine Art Bewacher Mayés. Ein Spitzel.«
    »Und Donner?«
    »Erinnere dich, das war nicht einfach ein Putsch letztes Jahr. Das war eine Hinrichtung. Ein konzertierter Versuch, Zeugen zu beseitigen. Mayé muss etwas gewusst haben, besser gesagt, er und sein Stab. Etwas von solcher Brisanz, dass man ihn dafür umgebracht hat.«
    »Etwas über China.«
    »Warum sonst sollten die Chinesen jemanden aus dem Weg räumen, den sie selbst inthronisiert haben. Vielleicht war Mayé untragbar geworden. Und Donner gehörte zu seinem Stab.«
    »Und Vogelaar war derjenige, der den Kontakt zu Peking hielt. Als Sicherheitschef war er Mayé am nächsten. Er empfiehlt, Mayés Regime zu enthaupten.«
    »Was auch gelingt. Bis auf Donner.«
    »Der entkommt.«
    »Und Vogelaar soll ihn nun finden und Mayé hinterherschicken. Deswegen jagen sie uns. Weil wir wissen, dass Donners Deckung aufgeflogen ist. Weil wir schneller sein könnten als Vogelaar. Weil wir Donner warnen könnten.«
    »Und Kenny?«
    »Ist möglicherweise Vogelaars chinesischer Kontaktmann.«
    Jerichos Hirn pochte. Wenn das, was sie sich da zusammenfabulierten, zutraf, hing Donners Leben an einem seidenen Faden.
    Er nagte an seiner Unterlippe.
    Nein, da musste noch mehr sein. Es ging nicht einzig darum, dass sie den Mordanschlag auf Donner verhinderten. Sicher, auch das mochte eine Rolle spielen. Der eigentliche Grund für die brutale Hetzjagd der letzten 24 Stunden war jedoch ein anderer. Jemand befürchtete, dass sie herausfinden könnten, was Donner wusste.
    Er starrte hinaus in die Nacht und hoffte, dass sie nicht zu spät kamen.
     

BERLIN, DEUTSCHLAND
     
    Glühende Schaltkreise. Schimmelgespinste auf schwarzem Grund. Kolonien milliardenfach ineinander verwobener Tiefseeorganismen, die neuronale Landschaft eines unendlich ausgreifenden Hirns, geronnener Kosmos. Nachts und aus großer Höhe gesehen, ließ die Welt annähernd jede Interpretation zu außer der, dass Teile ihrer Oberfläche einfach nur von Straßenlaternen, Leuchtreklamen, Autos und Zimmerlampen illuminiert wurden, von übermüdeten Taxifahrern und Schichtarbeitern, der immerwährenden Suche nach Zerstreuung und Sorgen, die sich in Schlaflosigkeit und zur Unzeit beleuchteten Wohnungen niederschlugen. Was wie eine codierte Botschaft an das Auge eines außerirdischen Beobachters anmutete, lautete tatsächlich: Ja, wir sind allein im Universum, jeder für sich und alle zusammen, und in den lichtlosen Wüsten sind wir auch zu finden, nur unterentwickelt, arm und von allem abgeschnitten.
    Jericho starrte unentschlossen aus dem Fenster des Jets. Yoyo war in ihrem Sitz eingedöst, der Jet in den Landeanflug übergegangen. Tu liebte es nicht, am Steuerknüppel Konversation zu treiben. Mit sich allein, hatte Jericho eine Weile versucht, dem Netz Informationen über Ndongos aktuelle Amtszeit abzutrotzen, doch das Medieninteresse an Äquatorialguinea schien mit Mayés Abgang erloschen zu sein. Plötzlich verspürte er einen zehrenden Mangel an Motivation. Yoyos leises, melodisches Schnarchen hatte etwas Monologisierendes. Hin und wieder hob sich ihr Brustkorb, zuckte sie zusammen, rollten die Augäpfel unter den Lidern. Jericho betrachtete sie. Der irritierende Moment der

Weitere Kostenlose Bücher