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Limit

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Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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erneuten Putsch Mayés, Pekings offensichtlicher Verwicklung darin und Mayés China-Politik. Er erwähnte den beginnenden Größenwahn des Diktators, sein gescheitertes Weltraumprogramm und seine blutige Entmachtung.
    »Offiziell sind Mayé und seine Clique einer Bubi-Revolte zum Opfer gefallen, die von einflussreichen Kreisen der Fang unterstützt wurden«, sagte er. »Was plausibel wäre. Obiang steckte jedenfalls nicht dahinter. Er privatisiert seit seiner Vertreibung in Kamerun und kämpft dort sein letztes Gefecht gegen den Krebs, wie man hört.«
    »Die Söhne waren's auch nicht?«
    »Nein.«
    »Tja.« Tu schnalzte mit der Zunge. »Es gibt überraschend wenige Informationen über das vergangene Jahr da unten, was?«
    Jericho betrachtete ihn abschätzend. »Kommt es mir nur so vor, oder weißt du irgendetwas, das ich wissen sollte?«
    » Oida ouk eidós«, sagte Tu unschuldig.
    »Das ist aber nicht von Konfuzius.«
    »Nein, stell dir vor! Es ist von Platon, Verteidigungsrede des Sokrates: Ich weiß, dass ich nicht weiß.«
    »Angeber.«
    »Keineswegs. Es trifft exakt, was ich meine. Tatsächlich weiß ich, dass es eine Erklärung für das abgeflaute Interesse an Äquatorialguinea gibt, nur komme ich gerade nicht drauf. Dabei ist es was Offensichtliches. Etwas, das klar zutage liegt.«
    »Erklärt es auch, warum über die Beteiligung des Auslands kaum öffentlich spekuliert wurde?«
    »Frag mich das, wenn es mir eingefallen ist.«
    Jericho hörte eine Weile dem Navigationssystem zu.
    »Schau, das Problem ist, dass der Putsch ohne ausländische Hilfe nicht hätte durchgezogen werden können«, sagte er. »Eindeutig wurde Mayé von den Chinesen installiert, also sollte man meinen, dass Amerika ihn gestürzt hat. Unser Textfragment sagt aber was anderes, dass China nämlich auch hier seine Finger im Spiel hatte. Wenn das zutrifft, war der gefügige Diener vielleicht am Ende nicht gefügig genug.«
    »Du meinst, er wollte Pekings Wünschen nicht länger nachkommen?«
    »Yoyo und ich neigen der Ansicht zu, dass er und sein innerer Kreis China sogar hätten gefährlich werden können.«
    »Was erklären würde, warum die Chinesen ihn zuerst aufbauen und ihn dann umbringen«, schlussfolgerte Tu.
    »Und zwar unter Inkaufnahme erheblicher Nachteile.«
    »Inwiefern?«
    »Öl. Gas. Ndongo war nie ein Freund Pekings.«
    Tu öffnete den Mund. Einen Moment sah er so aus, als habe er etwas von großer Tragweite begriffen. Dann klappte sein Unterkiefer wieder nach oben. Jericho hob eine Braue.
    »Du wolltest was sagen?«
    »Später.«
    Sie schwiegen. Yoyo war auf dem Rücksitz wieder eingeschlafen. Als sie endlich auf der Stadtautobahn waren, dämmerte der Morgen herauf und der Verkehr wurde dichter. Das Navigationssystem erteilte gedämpfte Anweisungen. Sie näherten sich Berlin Mitte, wurden zum Potsdamer Platz geleitet und hatten um 5.30 Uhr geräumige Zimmer im frisch renovierten Hyatt bezogen. Eine Stunde später saßen sie beim Frühstück. Das Angebot war überreichlich. Yoyo hatte ihre Müdigkeit überwunden und schaufelte gewaltige Mengen Rührei mit Speck in sich hinein, Tu, weniger wählerisch, arbeitete sich einfach diagonal durch das Angebot und schaffte es, geräucherten Fisch mit Schokoladencreme zu etwas so Grauenvollem zu verehelichen, dass Jericho den Blick abwenden musste. Wie immer schien der Manager nicht zu registrieren, was er überhaupt aß. Geräuschvoll verdünnte er die Melange mit grünem Tee und gab sich Betrachtungen hin.
    »Müde könnt ihr ja nicht mehr sein«, sinnierte er. »Geschlafen habt ihr ausreichend in Shanghai, also –«
    »Ich habe kein Auge zugetan«, knurrte Yoyo. »Erst vorhin im Flieger.«
    »Ging mir ähnlich«, gestand Jericho. »Immer, wenn ich dachte, ich schlafe ein, fiel ich in ein elektrisches Feld.«
    »Mann, das ist es!« Yoyo riss die Augen auf und drückte reflexartig seine Hand. »Ganz genau so fühlt es sich an! Als ob dir jemand einen Stromstoß verpasst.«
    »Ja, man zuckt zusammen –«
    »Und schon bist du wieder wach! Die ganze Nacht lang.«
    »Interessant.« Tu sah sie der Reihe nach an und schüttelte den Kopf. »Also, ich hab die kleine Depression 2010 verkraftet, die Yuan-Krise 2018, die Rezession vor zwei Jahren – ich habe mir von nichts den Schlaf rauben lassen.«
    »Ach ja?«, sagte Yoyo gedehnt. »Hat man auch deine Freunde vor deinen Augen abgeschlachtet und dich anschließend beinahe zu Tode gehetzt?«
    Tu legte den Kopf schief.
    »Du glaubst also, du

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