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Limit

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Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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zutage. Alles war neu, und alles war wirklich alles, weil es praktisch kein Terrain gab, das Orley Enterprises nicht mit Inbrunst und edelsten Absichten zu beflaggen versuchte. Nahezu bodenlos wurde es, als sie auf OneWorld stießen, eine von Julian Orley ins Leben gerufene Initiative, die mit der Verlässlichkeit isländischer Geysire Fontänen der Zuversicht spie, was die Verhinderung des Global Collapse betraf. Unablässig testete man dort neue Werkstoffe, neue Antriebe, neues Dies und neues Das, bis hin zu Meteoritenabwehrsystemen, die auf der OSS im Zusammenwirken von Orley Space und Orley Origin entwickelt wurden.
    Über alldem erstrahlte, jungenhaft lächelnd und die Verheißung des ewigen Abenteuers auf den Lippen, die Ikone Julian Orleys, mehr Rockstar als Wirtschaftsmogul, Menschenfreund und Exzentriker, Verbündeter der USA und zugleich niemandes Partner, fürsorglich, generös und unberechenbar, Master of Time and Space, Hohepriester des Was-wäre-wenn, ein Mann, der allgemein ein Patent auf den Planeten Erde, den umgebenden Weltraum und die Zukunft als solche geltend zu machen schien.
    Gaia, das Mondhotel, informierte sie Diane, sei übrigens in diesen Tagen für eine ausgewählte Gästeschar unter Leitung Julian und Lynn Orleys eröffnet worden. Zuständig dafür sei –
    »Mir reicht's«, beschied Tu und rief das Hauptquartier des Konzerns in London an, Abteilung Zentrale Sicherheit. Jennifer Shaw, oberste Generalin der Security, saß in einer Besprechung, Andrew Norrington, ihr Stellvertreter, war auf Reisen. Schließlich sprach Tu mit einer Frau namens Edda Hoff, Nummer drei im System und Trägerin einer sturzhelmartigen Pagenfrisur, deren Ausstrahlung einem elektronischen Ansagedienst in nichts nachstand: Wenn sie einen terroristischen Anschlag melden wollen, sagen Sie bitte ›eins‹. Für Bestechung und Spionage sagen Sie ›zwei‹. Wenn Sie selbst einen Anschlag verüben wollen, sagen Sie bitte ›drei‹. Sie klang, als passiere bei Orley Enterprises den lieben langen Tag nichts anderes, als dass Anrufer vor Missetaten warnten oder welche in Aussicht stellten.
    Tu übermittelte ihr das Textfragment. Sie las es aufmerksam, ohne dass sich in ihrer wächsernen Miene etwas tat. Ruhig lauschte sie seinen Ausführungen. Erst als Tu auf das Hotel zu sprechen kam, belebten sich ihre Züge mit Wachsamkeit, und ihre Augenbrauen hoben sich bis dicht unter den Rand der schwarzen Haarbordüre.
    »Und was macht Sie so sicher, dass dieser Anschlag dem Gaia gilt?«
    »Ich hörte, es sei eröffnet worden«, erklärte Tu.
    »Nicht offiziell. Die erste Besuchergruppe ist vor wenigen Tagen dort eingetroffen, persönliche Gäste von Julian Orley. Er selbst –« Sie stockte.
    »Ist dort?«, ergänzte Tu. »Das würde mich beunruhigen!«
    »Aus diesem Dokument geht kein Zeitpunkt der Operation hervor«, sagte sie etwas nörgelig. »Es ist alles ziemlich vage.«
    »Weniger vage ist das Ableben unschuldiger Menschen, die das vorliegende Dokument mit ihrem Leben bezahlt haben«, sagte Tu beinahe heiter. »Sie sind tot, mausetot, ganz unvage tot, wenn Sie verstehen, was ich meine. Was uns angeht, haben wir unser Leben riskiert, damit Sie das hier lesen können.«
    Hoff schien zu überlegen. »Wie kann ich Sie erreichen?«
    Tu gab ihr seine Mobilnummer und die Jerichos.
    »Gedenken Sie etwas zu unternehmen?«, fragte er. »Und wann?«
    »Wir werden das Gaia benachrichtigen. Innerhalb der nächsten paar Stunden.« Ihre Mundwinkel strebten auseinander und schufen die Illusion eines Lächelns. »Danke für den Hinweis. Wir rufen Sie an.«
    Der Bildschirm wurde schwarz.
    »War das eine Frau?«, wunderte sich Yoyo. »Oder ein Roboter?«
    Tu stieß ein schnaubendes Lachen aus. »Diane?«
    »Guten Abend, Herr Tu.«
    »Nenn mich einfach Tian.«
    »Mache ich.«
    »Wie geht es dir, Diane?«
    »Danke, Tian, es geht mir gut«, sagte Diane in ihrem schmeichelnden Alt. »Was kann ich für Sie tun?«
    Tu wandte sich zu ihnen um. »Keine Ahnung, wer oder was Edda Hoff ist«, flüsterte er. »Aber gegen sie ist Diane eindeutig eine Frau. Owen, ich leiste Abbitte. Ich beginne dich zu verstehen.«
     

GAIA, VALLIS ALPINA, MOND
     
    »Gibt es eine Person in deinem Umfeld, der du rückhaltlos vertraust?« Lynn überlegte. Spontan drängte es sie, Julians Namen zu nennen, doch plötzlich empfand sie Unsicherheit. Sie liebte und bewunderte ihren Vater, und natürlich vertraute er ihr. Doch wann immer sie sich durch seine Augen sah – und

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