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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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wiederum, als üble Krawallbrüder bekannt, deren Beine zu allem Überfluss in Schlangenleibern ausliefen, waren nur zu gerne bereit, Mamas Ehre zu verteidigen, was Zeus Gelegenheit gab, eines seiner zahlreichen Verhältnisse mit Menschenfrauen anzufangen – nur der Sache halber, Hera, es ist nicht, wonach es aussieht! – und Herakles zu zeugen, sterblich und ergo in der Lage, die Giganten Mores zu lehren. Diese wehrten sich, warfen mit Bergkuppen und Baumstämmen, woraufhin Athene – Das kann ich besser! – gleich mit Inseln schmiss und einen der Anführer, Enkelados, unter der Gesamtheit von Sizilien begrub: Fortan blies der Gigant seinen glühenden Atem aus dem Schlund des Ätna, während ein anderer, Mimas, unter den Vesuv gezwungen und ein dritter von Poseidon mit der Insel Kos erschlagen wurde. Die meisten aber erlagen den vergifteten Pfeilen des Herakles, bis das ganze schlangenbeinige Gezücht vernichtet war. Der Fries erzählte vom immer gleichen Kampf um die Macht mit den immer gleichen Mitteln. Wer war Fang, wer Bubi, wer Kolonialist? Wer finanzierte wen und warum? Hatte es auch damals ein Dossier gegeben, aus dem all dies hervorging, etwas in der Art von »Gigantomachie: die Wahrheit« oder »Die Akte Olymp«? Ein Dossier, wie es der letzte überlebende Gigant Äquatorialguineas zu besitzen behauptete?
    Jerichos Blick wanderte die Freitreppe hinauf.
    Drei Zugänge führten ins Innere der Säulenhalle, den ursprünglichen Altarhof. Vogelaar hatte angekündigt, dort auf ihn zu warten. Er stieg den schimmernden Marmor empor, trat unter den Säulen hindurch und fand sich in einem rechteckigen, hell erleuchteten Raum wieder, dessen Wände ein kleinerer Fries zierte. Von hier oben hatte man eine gute Aussicht auf alles, was am Fuß der Treppe geschah, sofern man in Kauf nahm, gleichzeitig gesehen zu werden. Tiefer im Raum hingegen war man geschützt.
    Jericho schaute auf die Uhr.
    Halb zwölf. Zeit, den Rest des Museums zu erkunden.
    Er verließ die Tempelhalle in entgegengesetzter Richtung und begab sich in den Nordflügel, wo er auf weitere Beispiele hellenistischer Baukunst stieß. Und wenn Vogelaar nun kein Dossier besaß? Während er die Fassade des Mschatta-Palasts entlanghastete, einer Wüstenresidenz aus dem achten Jahrhundert, festigte sich die Vorstellung eines Hinterhalts und okkupierte seine Sinne. Römische Bogenfenster zeigten das Ende des nördlichen Flügels an, ohne dass er zu sagen vermochte, was er in diesem Trakt eigentlich gesehen hatte, ein ermittlungstechnischer Bankrott, da er unterwegs war, um sich die Räumlichkeiten einzuprägen. Steingesichter starrten ihn an. Er wandte sich nach links. Zwischen liegenden Widdern und Sphinxen führte der Weg in den vierten, den gläsernen Flügel, vorbei an Pharaonen durch das Tempeltor von Kalabscha, hindurch unter den Artefakten des Pyramidentempels von Sahure. Unvermittelt fühlte sich Jericho an einen ganz ähnlichen Glasgang erinnert, in dem der glücklose Grand Cherokee Wang Kenny Xin getroffen hatte. Ein Omen? Knirschend bewegten sich Arme, hoben sich Lanzen, schlossen sich Granitfinger um gemeißelte Schwerter. Er ging weiter, badend in Tageslicht. Zur Rechten fiel der Blick durch die bodentiefe Fensterfront auf eine der Brücken, die den Spreearm überspannten, linker Hand öffnete sich der Innenhof des Museums. Vor ihm ein Obelisk, befremdlich anmutende Priesterkönige auf den Rücken bedrohlich starrender Tiere, die Statue des Wettergottes Hadad im Winkel, wo Glasgang und Südflügel aneinandergrenzten und sich der Parcours schloss, um zurück auf die babylonische Prachtstraße zu führen.
    Zwanzig vor zwölf.
    Zum zweiten Mal betrat er den Pergamonsaal und fand ihn belagert von Kunststudenten, die sich am Treppenabsatz mit Zeichenblocks niedergelassen und begonnen hatten, das Rudiment einstiger Genialität in die Skizzierung ihrer künftigen Karrieren umzusetzen. Mit ungutem Gefühl machte er sich an den Aufstieg. Im Telephos-Saal schlurften Besucher von Marmorbruchstück zu Marmorbruchstück und suchten historisches Verständnis in fehlenden Armen und Nasen. Jericho brummte der Schädel, während er zwischen amputierten Helden umhertigerte, das gedämpfte Dozieren eines Vaters im Ohr, der seinen Sprösslingen gerade das letzte Quäntchen Faszination für die archaischen Kloppereien austrieb. Jede Jahreszahl meißelte den Kindern Furchen in die Stirn. Jeder ihrer Blicke kündete vom aufrichtigen Bemühen, das Faible Erwachsener für

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