Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
Vom Netzwerk:
würde der letzte Dämon zum Mars ausreisen wollen.«
    Locatelli hob die Brauen, voller Bewunderung, wie kokett sich seine Frau im Spiegel der Selbstkritik drehte und wendete.
    »Und kannst du uns was über die Ursache erzählen?«, fragte Rogaschow.
    »Tja, wisst ihr, darüber wurde heftig gestritten. Jahrhundertelang hat man immer wieder Lichterscheinungen in Aristarchus und anderen Kratern beobachtet, dennoch weigerten sich ultraorthodoxe Astronomen bis vor wenigen Jahren, die Existenz solcher Lunar Transient Phenomena überhaupt anzuerkennen.«
    »Vulkane vielleicht?«, mutmaßte Hanna.
    »Davon war Wilhelm Herschel überzeugt, ein Astronom des späten 18. Jahrhunderts. Übrigens sehr populär zu seiner Zeit. Er war einer der Ersten, die in der Mondnacht rote Punkte erblickten, etliche davon in dieser Gegend. Herschel tippte auf glühende Lava. Später wurden seine Sichtungen bestätigt, andere Beobachter meldeten violetten Dunst, bedrohlich düstere Wolken, Blitze, Flammen und Funken, alles äußerst mysteriös.«
    »Um Lava zu spucken, müsste der Mond einen flüssigen Kern haben«, sagte Amber. »Hat er den?«
    »Siehst du, das ist der Haken.« Julian lächelte. »Allgemein geht man davon aus, dass er einen hat, aber wenn, liegt er so tief, dass Vulkanausbrüche als Erklärung wegfallen.«
    Omura äugte misstrauisch aus dem Seitenfenster in Aristarchus' klaffendes Maul.
    »Jetzt mach's nicht so spannend«, sagte Chambers nach einer Weile.
    »Wollt ihr nicht lieber an Dämonen glauben?«
    »Ich kann Dämonen nichts Romantisches abgewinnen«, sagte Parker. »Es würde bedeuten, dass der Teufel auf dem Mond wohnt.«
    »Na und?« Locatelli zuckte die Achseln. »Besser hier als in Kalifornien.«
    »Der Teufel ist niemand, über den man Witze macht.«
    »Schon gut.« Julian hob die Hände. »Es gibt eben doch ein bisschen vulkanische Aktivität hier oben. Zwar ohne Ströme von Lava, aber man hat festgestellt, dass die Erscheinungen immer dann auftreten, wenn der Mond der Erde am nächsten ist, die Schwerkraft also in besonderer Weise an ihm zerrt. Die Folge sind lunare Beben. Dabei weiten sich Poren und Spalten, heiße Gase treten aus den tieferen Regionen an die Oberfläche, schießen unter Hochdruck hervor, Regolith wird mit nach oben geschleudert, an der Austrittsstelle erhöht sich die Albedo, und schon hast du ein leuchtendes Wölkchen.«
    »Verstehe«, sagte Omura. »Er muss furzen.«
    »Du solltest aufhören, alle Tricks zu verraten«, sagte Amber mit einem Seitenblick auf Parker. »Ich fand die Dämonen spannender.«
    »Und was ist das da?« Edwards kniff die Augen zusammen und zeigte nach draußen. Etwas Gewaltiges schlängelte sich nordwestlich des Kraters über das von Rillen und Einschlaglöchern bedeckte Plateau. Es sah aus wie eine riesige Schlange, besser gesagt wie die Gussform für eine Schlange, ein Tier von mythischen Ausmaßen. Dem Kopftrichter schloss sich ein vielfach gewundener Leib an, der immer schmaler wurde, bis er dünn und spitz in eine angrenzende Ebene mündete. Das Ganze erweckte den Eindruck, als habe Ananden, die altindische Weltschlange, hier gelegen, die Erde und Universum trug, der schuppige, atmende Thron des Gottes Wischnu.
    »Das«, sagte Julian, »ist das Schrötertal.«
    Black zog in großer Höhe über die Formation hinweg, sodass sie deren kolossale Ausmaße bestaunen konnten, das größte Mondtal überhaupt, wie Julian erklärte, vier Milliarden Jahre alt, und tatsächlich war seine Schlangennatur schon anderen aufgefallen. Cobra's Head wurde der sechs Kilometer durchmessende Kopfkrater genannt, eine Kobra, die sich 168 Kilometer lang bis zum Gestade des Oceanus Procellarum wand. Auf einer Hochebene, die Cobra's Head von Nordosten überblickte, kam ein planiertes Areal in Sicht, gesäumt von Hangars und Kollektoren. Ein Antennenmast gleißte im Sonnenlicht. Black ging tiefer, steuerte das Landefeld an und setzte die Ganymed weich auf ihren Maikäferbeinen ab.
    »Der Schröter-Raumhafen«, sagte er und grinste Julian konspirativ zu. »Willkommen im Reich der Geister. Die Chancen stehen gering, dass wir welche zu Gesicht bekommen, trotzdem, Herrschaften, haltet euch von verdächtig aussehenden Löchern und Spalten fern. Panzerungen anlegen, Helme auf. Jeweils zu fünft in die Schleuse, wie heute Vormittag. Julian, Amber, Carl, Oleg und Evelyn gehen als Erste, gefolgt von Marc, Mimi, Warren, Momoka und mir. Wenn ich bitten darf.«
    Im Gegensatz zum Landemodul der Charon

Weitere Kostenlose Bücher