Limit
doch so was nicht«, protestierte Parker.
»Keine Bange.« Black öffnete die Schutzbügel der Sitze. »Ich fände es unverantwortlich zu sterben, solange ihr da hängt. Sollten mich wider Erwarten ortsansässige Dämonen verschlingen, habt ihr immer noch Carl. Er kurbelt euch wieder nach oben. Fertig? Los!«
»Mist!«, fluchte Locatelli.
Sie hatten den tintenschwarzen Schatten des Hohlwegs durchquert, den Hang bezwungen und eben die Stelle erreicht, an der sich die Flanke rundete, als es ihm auffiel. Ärgerlich schaute er hinab ins Tal. Tief unter ihnen klaffte die Schlucht, vier Kilometer breit, sodass die Plattform spielzeuggleich am Felsenrand klebte, bevölkert von federnd hüpfenden Winzlingen. Peter half den Kaliforniern gerade ins Gestänge des Sessels, während Hanna die Winde studierte.
»Was ist los?« Omura drehte sich um.
»Ich hab die Kamera vergessen.«
»Idiot.«
»Ach ja?« Locatelli sog scharf die Luft ein. »Und wer ist der andere Idiot? Überleg mal.«
»He, kein Grund zu streiten«, mischte sich Amber ein. »Dann nehmen wir eben meine Kam –«
»Sprichst du von mir?«, blaffte Omura.
»Von wem denn sonst? Du hättest genauso daran denken können.«
»Du kannst mich mal, Warren. Was hab ich mit deiner dämlichen Kamera zu schaffen?«
»Eine ganze Menge, meine Lotosblüte! Wer will denn von morgens bis abends gefilmt werden, als ob der Krampf, den du fürs Kino produzierst, nicht reicht?«
»Deine Kamera wär die letzte, vor die ich mich stellen würde!«
»Ich lach mich schlapp! Meinst du das ernst? Dir läuft's doch schon die Beine runter, wenn du eine Kamera nur siehst.«
»Nett gesagt, Arschloch. Dafür darfst du sie jetzt holen gehen.«
»Worauf du dich verlassen kannst«, schnaubte Locatelli und machte auf dem Absatz kehrt.
»He, Warren«, rief Chambers, im Stillen entzückt. »Du willst doch nicht den ganzen Weg wegen der –«
»Doch.«
»Warte!«, rief Julian. »Nimm Ambers Kamera, sie hat recht. Du kannst Momoka damit filmen, bis sie um Gnade winselt.«
»Nein! Ich hole das Scheißding!«
Trotzig stapfte er weiter zurück in Richtung Hohlweg.
»Ich weiß, er hat kein leichtes Leben mit mir«, hörte er Omura leise zu den anderen sagen, als würde er nicht jedes einzelne Wort mitbekommen. »Aber Warren ist halt nur glücklich, wenn's gelegentlich was auf die Schnauze gibt.«
»Ehrlich gesagt, ihr scheint's beide zu brauchen«, bemerkte Amber.
»Oh ja.« Omura seufzte. »Ich liebe es, wenn er zurückschlägt. Dafür liebe ich ihn am meisten.«
Julian, um die Schrittlänge des ewigen Anführers voraus, hatte das Plateau fast erreicht, als er Thiels Stimme in seinem Helm hörte. In Sichtweite parkten klein die Rovers, über die er mit der Ganymed und über diese mit dem Gaia verbunden war.
»Was gibt's, Sophie?«
»Entschuldigen Sie, Sir, Gespräch von der Erde. Ich habe Jennifer Shaw für Sie in der Leitung. Schalten Sie bitte auf O-SEC.«
O-SEC. Abhörsichere Verbindung. Es hieß, dass er den Kontakt zur Gruppe unterbrechen musste. Niemand würde mithören können, was die Sicherheitsbeauftragte seiner Unternehmensgruppe ihm zu erzählen hatte.
»In Ordnung.« Er kam der Aufforderung nach. »Wir sind unter uns.«
»Julian!« Shaws Stimme, drängend. »Ich will mich nicht mit endlosen Vorreden aufhalten. Lynn wird Ihnen ja von der Warnung erzählt haben, die gestern bei uns einging. Vorhin haben wir nun –«
»Lynn?«, unterbrach Julian überrascht. Er drehte sich zu den anderen um und bedeutete ihnen mit einer Handbewegung, stehen zu bleiben. »Nein. Lynn hat mir nichts von einer Warnung erzählt.«
»Nicht?«, sagte Shaw verblüfft.
»Wann soll das gewesen sein?«
»Gestern Abend. Edda Hoff hat mit Ihrer Tochter gesprochen. Lynn wollte über die Sache auf dem Laufenden gehalten werden. Natürlich bin ich davon ausgegangen, dass sie –«
»Welche Sache denn, Jennifer? Ich verstehe kein Wort.«
Shaw schwieg einen Moment. Das Delay zwischen Erde und Mond betrug lediglich eine Sekunde, aber die Verzögerung reichte für lästige kleine Pausen.
»Wir erhielten vor zwei Tagen die Warnung eines chinesischen Geschäftsmannes«, sagte sie. »Er ist durch Zufall in den Besitz eines verstümmelten Textdokuments geraten und seitdem auf der Flucht. Aus den Zeilen geht hervor – oder scheint hervorzugehen –, dass eine Einrichtung des Konzerns von einem Anschlag bedroht ist.«
»Was sagen Sie da? Das hat Hoff meiner Tochter erzählt?«
»Ja.«
»Lynn?
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