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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Das erklärte einiges. Doch wie entwickelten sich depressive Zustände? Apathie? Aggression? Würde Lynn ausflippen? Was stand von Julians Tochter zu erwarten?
    Sie stellte die Laserverbindung zur Peary-Basis her. Nach wenigen Sekunden erschien das Gesicht des stellvertretenden Kommandanten Tommy Wachowski auf dem Bildschirm. Zwischen Hotel und Basis fand kein übermäßiger Austausch statt, sodass sie bislang nur einmal mit ihm gesprochen hatte. Wachowski wirkte angespannt und erleichtert zugleich, als habe sie ihm mit ihrem Anruf eine Last von der Seele genommen. Lawrence glaubte den Grund zu kennen. Im nächsten Moment bestätigte Wachowski ihre Vermutung.
    »Bin froh, Sie zu sehen«, knurrte er. »Ich dachte schon, wir erreichen überhaupt niemanden mehr.«
    »Sie haben Probleme mit den Satelliten?«, fragte sie.
    Er riss die Augen auf. »Woher wissen Sie das?«
    »Weil wir auch welche haben. Wir standen in Kontakt mit der Erde, als die Verbindung abbrach. Seitdem kommen wir nicht mehr durch, auch nicht zu unseren Shuttles.«
    »Geht uns ähnlich. Völlig abgeschnitten. Das Problem ist, wir liegen im Librationsschatten. Alternative Wege fallen flach. Wir sind aufs LPCS angewiesen, haben Sie eine Ahnung, was da los ist?«
    »Nein.« Lawrence schüttelte den Kopf. »Im Moment sind wir ratlos. Vollkommen ratlos. Und Sie?«
     

ARISTARCHUS-PLATEAU
     
    Eindeutig war der Mond Fußmärschen zuträglicher als die Erde, was seine verminderte Gravitation betraf. Eindeutig waren es Raumanzüge nicht. Auch wenn die Exosuits ein Höchstmaß an Komfort und Bewegungsfreiheit boten, steckte man, ungeachtet der Klimatisierung, in einem Brutkasten. Je mehr Kraft man aufwendete, desto mehr schwitzte man, und acht Kilometer blieben auch bei Sprüngen, die jedem Känguru Ehre gemacht hätten, acht Kilometer.
    Bestürmt von Fragen, hatte Julian Verschiedenes preisgegeben, von seiner nächtlichen Beobachtung des Lunar Express erzählt, von Hannas Lügen und Täuschungsmanövern und dass irgendwo auf der Welt etwas gegen Orley Enterprises im Gange sei. Dass Terroristen versuchen könnten, sein Hotel mit einer Atombombe in die Luft zu jagen, behielt er hingegen für sich, ebenso wie er mit keinem Wort Lynns unentschuldbare Versäumnisse thematisierte. Er sorgte sich entsetzlich um sie, doch klaffte im Zentralmassiv seiner Sorge eine Verständnislücke, in die sich soeben ein garstiger, schwarzer Gedankenwurm schlängelte. Wer hatte eigentlich das Video umgeschnitten, wer Hanna zugeschaltet? Denn dass der Kanadier vorhin mitgehört hatte, stand außer Zweifel, er war in Aktion getreten, noch während dieser Jericho seinen Verdacht dargelegt hatte! Schließlich, wer hatte in perfekter Synchronisation zu Hannas Flucht die Satelliten lahmgelegt? Der Wurm wand sich, schillerte, oszillierte, gebar die Vorstellung eines Helfers, eines Komplizen im Hotel, einer Komplizin. Einer Person, die sich unerklärlicherweise geweigert hatte, ihn das manipulierte Video sehen zu lassen, und deren Verhalten mit jeder Stunde rätselhafter wurde.
    »Und wie kommen wir jetzt weg von hier?«, wollte Chambers wissen. »Zurück ins Hotel, so ganz ohne Shuttle und Funkkontakt?«
    »Ich frage mich eher, wo Carl hinwill«, sinnierte Rogaschow.
    »Als ob das jetzt wichtig wäre«, schnaubte Omura.
    »Warum ist er so überstürzt abgehauen? Man hätte ihm doch nicht das Geringste beweisen können. Allenfalls, dass er es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt, aber gut. Wozu diese Eile?«
    »Vielleicht hat er was vor«, meinte Amber. »Etwas, das er rechtzeitig erledigen muss, jetzt, wo er aufgeflogen ist.«
    Rechtzeitig. Das war es! Wie kam der Komplize im Hotel rechtzeitig weg, sofern es ihn gab, wie akut war die Gefahr überhaupt, dass im Gaia während der nächsten Stunde eine Bombe explodierte? Musste Hannas Weg nicht zurück ins Gaia führen, um sie zu zünden? Oder tickte die Bombe bereits? In diesem Fall –
    Lynn! Er musste verrückt sein, sie zu verdächtigen! Doch selbst, wenn sie auf makabre, unverständliche Weise eine Rolle in dem Drama spielte, war ihr klar, worauf sie sich eingelassen hatte? Besaß sie auch nur die mindeste Vorstellung davon, worum es bei alldem überhaupt ging? Konnte Hanna sie unter welchem Vorwand auch immer für seine Zwecke eingespannt, ihre mentale Verfassung ausgenutzt, ihr etwas vorgegaukelt, sie überredet haben, Dinge für ihn zu tun, die sie in ihrer Bedeutung völlig missverstand?
    Vielleicht hätte er Tim besser zuhören

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