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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Verlaub, ich glaube sehr wohl, dass er es wollen würde.«
    »Nein! Nein, nein, nein, nein, nein.«
    »Doch, Lynn.«
    »Sie versauen den ganzen Trip.«
    Kokoschka zog die Schultern hoch und steckte die Hand in die Tasche. Lawrence bemerkte es und stutzte. Hielt er dort etwas umklammert?
    »Sie blöde Sau«, sagte Lynn freundlich, und die Türen des Fahrstuhls öffneten sich erneut.
    Im Hals wartete Chuck Donoghue. Er bebte vor Zorn. Mit besorgter Miene kam Aileen die Treppe heruntergeeilt. Lawrence trat aus dem Lift, Lynn und Kokoschka auf den Fersen.
    »Was kann ich für Sie tun, Chuck?«
    »Sie wollen uns für dumm verkaufen, was?«
    »Ich bin hier, um Sie über den Stand der Entwicklung zu informieren.« Lawrence erzeugte die Illusion eines Lächelns. »Könnten wir uns dann bitte nach oben begeben?«
    »Nein, können wir nicht.«
    »Chucky, bitte.« Aileen nestelte an Donoghues Ärmel herum. Die Fahrstuhltüren glitten zu. »Hör's dir doch an.«
    »Ich höre es mir hier an.«
    »Es gibt nichts zu sagen«, zwitscherte Lynn. »Alles bi-ba-bestens. Gehen wir essen?«
    »Ich will jetzt wissen, was los ist«, schnaubte Donoghue. Mit geballten Fäusten kam er näher heran, überschritt die Grenze der Intimität. »Wo ist Julian? Wo sind die anderen? Ihr wisst doch längst, was passiert ist, warum können wir mit niemandem reden? Ihr wisst es doch schon die ganze Zeit.«
    »Wollen Sie mir drohen, Chuck?«
    »Los. Sagen Sie's.«
    Lawrence bewegte sich keinen Millimeter von der Stelle. Ruhig sah sie dem viel größeren Mann in die Augen. Sie musste dafür den Kopf in den Nacken legen, doch innerlich war es ihr, als blicke sie auf Donoghue herab.
    »Wenn ich es Ihnen gesagt habe, gehen wir dann nach oben?«
    Offenbar hatte Donoghue nicht so schnell mit ihrem Einlenken gerechnet. Er trat einen Schritt zurück.
    »Natürlich«, beeilte sich Aileen an seiner statt zu versichern.
    »Ja, klar«, schob Donoghue lahm hinterher.
    »Nein!«, schrie Lynn.
     
    Tim hörte sie im Mama Killa Club, obwohl das Chang'e, das Selene und die Luna Bar dazwischenlagen. Er hörte ihre Angst, ihre Wut, ihren Wahnsinn. Im Nu war er auf den Beinen und sprang die Treppen herunter, ohne sich mit einzelnen Stufen aufzuhalten. Lawrences autoritärer Alt mischte sich hinein, konterkariert von Arpeggien hoher, erschrockener, Aileen'scher Laute, untermalt von Donoghues grollendem Bass. Federnd kam er auf, flog abwärts, hinab in Gaias Hals.
    »Lynn!«
    Bizarr. Seine Schwester hatte eine der Sauerstoffkerzen aus ihrer Halterung gerissen, schwang den stählernen Zylinder wie eine Keule, wolfsrudelartig umlauert von Lawrence, Chucky, Aileen und Kokoschka. Wütend drängte er sich zwischen den Donoghues hindurch, sah Lynn zurückweichen und fuhr die anderen an:
    »Was soll das? Was macht ihr mit ihr?«
    »Frag sie besser mal, was sie mit uns macht«, knurrte Chuck.
    »Lynn –«
    »Lass mich! Komm mir nicht zu nahe!«
    Tim streckte ihr die offene Rechte entgegen. Sie wich weiter zurück, hob die Kerze und starrte ihn mit zuckenden Pupillen an.
    »Sag mir, was los ist.«
    »Sie will das Gaia evakuieren«, keuchte Lynn. »Das ist los! Die Schlampe will das Gaia evakuieren.«
     
    Kokoschka war dermaßen durcheinander, dass er jeden Versuch unterließ, das Geschehen auch nur im Ansatz zu begreifen. Offenkundig fiel die geschäftsführende Gesellschafterin von Orley Travel gerade dem Irrsinn anheim. Sein einziger Gedanke galt Tim und dem Ende seiner Odyssee. Hastig förderte er Thiels Zettel zutage.
    »Mr. Orley, ich habe –«
    Tim beachtete ihn nicht.
    »Lynn«, sagte er sanft. »Komm zur Vernunft.«
    »Sie will evakuieren.« Ihre Stimme glich dem Wind, der um Hausecken heulte. »Aber das kann sie nicht. Das werde ich auf keinen Fall zulassen.«
    »Sicher, darüber müssen wir reden. Aber gib mir zuerst die Kerze.«
    »Evakuieren?«, echote Donoghue mit rollenden Augen.
    »Sie sollten tun, was Ihr Bruder sagt.« Lawrence zeigte auf Lynns provisorische Keule. »Sie bringen uns alle in Gefahr.«
    Tim wusste, was sie meinte. Der Zylinder barg große Mengen gebundenen Sauerstoffs, und Lynns Finger waren in bedenkliche Nähe zum Zündmechanismus geraten. Sobald sie die exothermische Reaktion in Gang setzte, würde der Inhalt nach und nach an die Umgebung abgegeben werden, eine sinnlose Vergeudung, einhergehend mit der Gefahr, dass der Partialdruck des Sauerstoffs im Raum den zulässigen Grenzwert überschritt. Die Kartuschen waren für Notfälle gedacht, wenn die

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