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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Atemluft knapp wurde.
    »Mr. Orley!« Kokoschka schwenkte einen Zettel.
    »Was heißt evakuieren ?« , schnappte Donoghue.
    »Dana hat recht«, sagte Tim. »Bitte, Lynn. Gib mir die Kerze.«
    »Julian will nämlich nicht, dass evakuiert wird«, erklärte Lynn einem imaginären Publikum mit verträumter Miene. Eine Sekunde lang schien sie vollkommen weggetreten, dann fokussierte ihr Blick Tim. »Das weißt du doch, oder? Wir dürfen Daddys Gäste nicht erschrecken, also werden alle hübsch hierbleiben.«
    »Das könnte Ihnen so passen«, schnaubte Lawrence.
    Lynns Verträumtheit wich lodernder Wut. Sie schwang erneut die Kartusche.
    »Tim, sag ihr, sie soll die Schnauze halten!«
    »Ach, ich soll die Schnauze halten?« Lawrence trat einen Schritt vor. »Worüber denn, Lynn? Hier wissen doch alle längst Bescheid.«
    Tim starrte sie verwirrt an. »Wovon reden Sie?«
    »Davon, dass Ihre Schwester die Bänder manipuliert hat. Dass sie sich von Hanna benutzen lässt. Dass sie nicht alle Tassen im Schrank hat. Stimmt's etwa nicht, Miss Orley?«
    Lynn duckte sich. Ein tückisches Funkeln trat in ihre Augen, dann sprang sie unvermittelt vor und führte einen Schlag gegen Lawrence, die mühelos auswich.
    »Sie haben Hannas nächtliche Reise mit dem Lunar Express ermöglicht. Wozu, Lynn? Sollte er vielleicht etwas herbeischaffen? Zu uns ins Hotel?«
    »Hören Sie auf!«
    »Der Satellitenausfall geht auf Ihr Konto. Sie sind paranoid, Lynn. Sie machen gemeinsame Sache mit einem Verbrecher.«
    »Was heißt evakuieren ?«, röhrte Donoghue. Rüde packte er Lawrence an der Schulter. »Ich fragte, was heißt evakuieren?«
    Die Direktorin wirbelte herum und schlug seine Hand beiseite.
    »Sie halten den Mund!«
    Donoghues massiger Schädel färbte sich karmesinrot. »Sie – Sie besseres Zimmermädchen, ich werde Ihnen –«
    »Chuck, nein!«, flehte Aileen.
    »Miss Orley –« , insistierte Lawrence.
    Lynn schüttelte mit gequälter Miene den Kopf. Auf ihren Unterlidern sammelte sich Wasser.
    »Was haben Sie mit Thiel gemacht, Lynn?«, insistierte Lawrence. »Sie waren doch vorhin in der Zentrale.«
    »Das stimmt nicht. Ich habe –«
    »Natürlich waren Sie da!«
    »Dana, das reicht«, zischte Tim.
    »Allerdings.« Lawrence warf ihm einen eisigen Blick zu. »Mir reicht es. Ich mache dieses Affentheater nicht länger mit. Geben Sie auf, Lynn. Sagen Sie uns endlich, was es mit dieser Bombe auf sich hat.«
    »Bombe?«, dröhnte Chuck. Wie ein Wasserbüffel stürmte er vor, drängte Lynn gegen die Wand, streckte eine seiner großen Hände aus und entriss ihr die Kartusche. »Sind denn hier alle wahnsinnig geworden?«
    Lynns Finger bogen sich zu Krallen. Sie holte aus und zog eine blutige Spur über Donoghues Wange. Bevor Chuck sich von seiner Verblüffung erholen konnte, war sie an der Treppe, sprang herab und verschwand auf die darunterliegende Ebene.
     
    »Lynn!«, schrie Tim.
    »Nein, warten Sie! Bitte warten Sie!«
    Entsetzt wurde Kokoschka Zeuge, wie der junge Orley seiner völlig derangierten Schwester hinterherhechtete. Bleib hier, dachte er, nicht schon wieder, ich muss doch –
    »Ich muss Ihnen von Sophie –«
    Zu spät. Ihm nach? Doch der allgemein grassierende Irrsinn forderte seinen Tribut, sodass er hilflos mit ansehen musste, wie Donoghue die Hoteldirektorin ins Visier seiner Empörung nahm und auf sie zuging, die Sauerstoffkerze drohend erhoben. Gewitter zogen in seinem Schädel auf, Fallwinde, Temperatursturz, Tornadofinger, kumulierende Angst. Etwas Schreckliches würde geschehen. Wie welke Blätter tanzten seine Gedanken durcheinander, von Böen der Verwirrung in alle Richtungen getrieben. Wann immer er sie zu greifen versuchte, wirbelten sie davon, sodass er sich drehte und drehte. Was sollte er tun? Endlich bekam er eins der Gedankenblätter zu fassen, knatternd, flatternd, widerspenstig wollte es entwischen, doch er hielt es entschlossen fest: dass, was immer Sophie auf den Zettel geschrieben hatte, die Eskalation erklären würde, die sich vor seinen Augen vollzog, dass der Zettel ihm sagen würde, was er zu tun habe, dass er ihn, da es ihm wieder einmal nicht gelungen war, seinen Auftrag auszuführen, vielleicht lesen sollte.
    Mit zitternden Fingern faltete er das Papier auseinander.
     
    Im selben Moment erspürte Lawrence die Veränderung. Ihr ganzer Körper reagierte. In seismografischer Erfassung des Unheils richteten sich die Härchen ihrer Unterarme auf, heulten Alarmsirenen. Verschiedenes geschah zur

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