Limit
Freund. Es gibt was zu feiern.«
»Ja, deine Rückkehr.« Palstein betrachtete sinnend das Etikett, goss die Gläser zur Hälfte voll und nahm Julian gegenüber Platz. »Trinken wir aufs Überleben«, lächelte er. »Auf dein Überleben.«
»Gute Idee.« Der Engländer prostete ihm zu, nahm einen kräftigen Schluck und stellte sein Glas ab. Dann öffnete er eine Tasche, förderte einen Laptop zutage, klappte ihn auf und schaltete ihn ein. »Denn auf deines zu trinken, wäre gleichbedeutend damit, die Zukunft eines Gehenkten zu feiern. Wenn du verstehst, was ich meine.«
Palstein blinzelte, immer noch lächelnd.
»Offen gestanden, nein.«
Der Bildschirm leuchtete auf. Eine Kamera übertrug das Bild eines Mannes, der Palstein bekannt vorkam. Im nächsten Moment erinnerte er sich. Jericho! Natürlich! Dieser verfluchte Detektiv.
»Guten Abend, Gerald«, sagte Jericho freundlich.
Palstein zögerte.
»Hallo, Owen. Was kann ich für Sie tun?«
»Was Sie schon einmal getan haben, im Big O. Uns helfen. Damals haben Sie uns sehr geholfen, wissen Sie noch?«
»Natürlich. Ich hätte gerne noch mehr getan.«
»Fein. Dazu haben Sie jetzt Gelegenheit. Julian würde gerne Verschiedenes wissen, aber zuvor möchte ich Ihnen etwas erzählen. Es wird Sie freuen, dass wir den Anschlag von Calgary aufgeklärt haben.«
Palstein schwieg.
»Und das, obwohl ich schon fürchtete, mir die Zähne daran auszubeißen.« Jericho lachte, wie in Erinnerung an ein überwundenes Hindernis. »Denn, sehen Sie, Gerald, wenn jemand Sie aus dem Weg hätte räumen wollen, dem es gelungen war, Ihre Leibgarde mit einem Lars Gudmundsson zu infiltrieren – wozu hatte er dann noch ein Spektakel wie Calgary nötig? Warum hat Gudmundsson Sie nicht einfach in aller Stille über den Haufen geschossen? Schon im Big O drängte sich mir der Eindruck auf, der komplette Anschlag sei eine einzige Inszenierung gewesen, aber zu wessen Gunsten? Irgendwann dachte ich, Hydra – eine Organisation, die ich Ihnen nicht näher vorstellen muss – habe Wert darauf gelegt, der Welt einen chinesischen Attentäter zu präsentieren, für den Fall, das Xin in Calgary von einer Kamera erfasst würde. Und sicher war das einer der Gründe, so wie Hydra unentwegt Spuren nach China legte, einerseits, weil die Chinesen den idealen Sündenbock abgaben, wohl aber auch, weil ein offener Konflikt die Weltraummächte nach der erfolgreich durchgeführten Operation Berge des ewigen Lichts weiterhin in ihren Mondplänen behindert hätte. Doch selbst unter diesen Gesichtspunkten ergab der Anschlag keinen Sinn. Wer so intime Bekanntschaft mit Kenny Xin gemacht hat wie wir, weiß beispielsweise, dass er ein fast liebevolles Verhältnis zu Flechettes-Munition pflegt. In Quyu, in Berlin, auf dem Dach des Big O, immer hat er sich solcher Kaliber bedient. Doch in Calgary begnügte er sich mit dramatisch kleineren Geschossen. Ihre Verwundung wird schmerzhaft, aber völlig harmlos gewesen sein, ein Gespräch mit Ihren Ärzten sollte uns das bestätigen.«
Palstein schaute in sein Glas.
»Des Weiteren haben wir Xin zwar verschiedentlich ausgetrickst, allerdings jedes Mal um den Preis großer Opfer, und in Berlin und London war er uns überlegen. Er ist ein meisterhafter Schütze! Ganz bestimmt niemand, der bei freier Sicht jemanden verfehlt, bloß weil der stolpert. Doch selbst wenn wir annehmen wollen, Ihr kleiner Fehltritt hätte den ersten Schuss statt in den Kopf in die Schulter gelenkt, hätte der zweite Sie erwischt, bevor Sie auf dem Boden aufgeschlagen wären.« Jericho machte eine Pause. »Dennoch sind Sie getroffen worden, Gerald. Aber ganz sicher, soviel Sie auch riskiert und investiert haben, kann es nicht in Ihrem Interesse gewesen sein, eine ernsthafte Verletzung davonzutragen. Und ich kenne nur sehr wenige Schützen, die einen Präzisionsschuss zuwege bringen wie den von Calgary: einen Mann zu treffen, während er einen Ausrutscher simuliert, ohne ihm mehr zuzufügen als eine vollkommen ungefährliche, schnell heilende Fleischwunde. Ein Meisterstück, nachdem beim besten Willen niemand mehr vermuten konnte, Sie hätten Gabriel – oder wollen wir ihn Hanna nennen? – den Weg in Julians Gruppe frei gemacht. Selbst für den unwahrscheinlichen Fall, dass jemand Einzelheiten über die Operation in Erfahrung brachte, hatten Sie damit vorgesorgt. Keowas Entdeckung des Videos kann Sie vor diesem Hintergrund kaum beunruhigt haben, oder? Auch dieser Fall war einkalkuliert.«
»Ich
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