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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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geringste Ahnung, wo er sich gerade aufhält. Aber gut, das lässt sich natürlich –«
    »Brauchen Sie nicht.« Orley lächelte grimmig. »Ich weiß, wo er ist. Er hat's mir erzählt, gleich nach unserer Rückkehr. Als er anrief, um seiner Bestürzung Ausdruck zu verleihen.«
    »Selbstverständlich«, sagte Shaw ergeben. »Wann wollen Sie fliegen?«
    »Geben Sie mir eine Stunde fürs Handgepäck. Verständigen Sie Interpol, den MI6, aber sie sollen uns nicht die Schau stehlen. – Owen –« Orley stand auf. »Wollen Sie mitkommen?«
    Jericho zögerte. »Wohin?«
    Orley nannte ihm den Namen der Stadt. Es war tatsächlich nicht sonderlich weit – für einen gut motorisierten Engländer.
    Plötzlich musste er lachen.
    »Ich bin in Shanghai, Julian.«
    »Na und?« Orley schaute sich um, wie um zu beweisen, dass keine Probleme in Sicht waren. »Das ist Ihr Moment, Owen! Wen scheren Distanzen? Mich nicht. Nehmen Sie den nächsten Hochgeschwindigkeitsjet, ich buche Ihnen ein Ticket.«
    »Sehr freundlich, aber –«
    »Freundlich?« Orley legte den Kopf schief. »Ist Ihnen eigentlich klar, was ich Ihnen verdanke? Notfalls trage ich Sie auf meinen Schultern hin! Nein, wir machen's noch anders, haben wir nicht einen von unseren Mach-4-Jets in seiner Nähe? Finden Sie das mal raus, Jennifer, ich glaube, in Tokio steht einer, oder? Wir holen Sie ab, Owen. Und bringen Sie Tu Tian mit und dieses wunderbare Mädchen –«
    »Julian, warten Sie mal.«
    »Das ist kein Problem. Wirklich nicht.«
    Jericho schüttelte den Kopf. Ich habe Wichtigeres zu tun, lag es ihm auf der Zunge. Ich muss eine Stehleuchte und einen Teppich konfuzianisch verehelichen, das ist nämlich mein Leben, doch er wollte Orley nicht beleidigen, zumal er ihn, ganz wie Shaw vorausgesagt hatte, tatsächlich mochte. Der Brite strahlte etwas aus, dass man vorbehaltlos bereit war, sich mit ihm ins nächste Abenteuer zu stürzen.
    »Ich kann hier nun mal nicht weg«, sagte er. »Ich habe Klienten, und Sie wissen ja – man soll niemanden im Stich lassen.«
    »Nein, da haben Sie recht.« Orley kraulte seinen Bart, merklich unzufrieden mit der Situation. Dann richtete er seine meerblauen Augen wieder auf Jericho. »Aber vielleicht gibt es eine Möglichkeit, in Shanghai zu bleiben und trotzdem dabei zu sein – mal ehrlich, Owen, können Sie ruhig schlafen, ohne das hier abgeschlossen zu haben?«
    »Nein«, sagte Jericho müde. »Aber es ist nicht mehr mein –«
    Er stockte, suchte nach dem passenden Begriff.
    »Feldzug?« Orley nickte. »Schon klar, mein Freund. Ich weiß. Sie müssen Ihre Geschichte abschließen, nicht meine. Trotzdem, hören Sie sich meinen Vorschlag an. Es läuft auf einen Kurzauftritt hinaus, aber den sollten Sie sich gönnen, Owen. Den sollten Sie sich wirklich gönnen!«
     

VENEDIG, ITALIEN
     
    Um den Rang des größten je von Menschenhand geschaffenen Spiegels der Welt wetteiferten das Binocular Telescope Observatory in Arizona auf der Spitze des Mount Graham – zwei Einzelspiegel, um genau zu sein, je achteinhalb Meter durchmessend und 16 Tonnen schwer – sowie das Hobby-Eberle-Telescope in Texas mit einer Grundfläche von rund zehn mal elf Metern, zusammengesetzt aus reflektierenden Waben. Hingegen bestand über den schönsten Spiegel der Welt kein Zweifel. In Zeiten globaler Überflutungen schlug die Piazza San Marco in Venedig alles Dagewesene.
    Gerald Palstein saß vor dem Café Florian, umtost vom nie versiegenden Strom der Touristen, der ihm ebenso zuwider war, wie ihn die Schönheit des überfluteten Markusplatzes magisch anzog. Seit einigen Jahren stand die Piazza fortlaufend unter Wasser. Ihretwegen nahm er das invasive Spektakel in Kauf, zumal sich im Besuchergebaren langsam etwas veränderte. Selbst japanische Reisegruppen ließen nun eine gewisse Scheu erkennen, den Platz an sonnigen Tagen wie diesem zu überqueren und die Ruhe des knöchelhohen Binnengewässers zu stören, das die Basilica di San Marco, ihren vorgelagerten Campanile und die umliegenden Prokuratien perfekt spiegelte, eine auf Wasser gegründete und zugleich darin memorierte Welt, ein symbolischer Blick in die Zukunft. So unausweichlich, wie die Lagune anstieg, sackte die Stadt ins Meer, einer uralten Logik folgend, wonach Liebende einander zustrebten, und sei es um den Preis des Ineinander-Vergehens.
    Darüber hinaus hatte sich nichts in der Stadt verändert. Wie eh und je zeigte der Uhrenturm schräg gegenüber mit seiner Einmündung zur Merceria auf

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