Limonow (German Edition)
dreht sie sich erschöpft und verstört auf die Seite. Er will sie noch einmal nehmen. Sie stößt ihn zurück, sagt mit schläfriger Stimme nein, sie könne nicht mehr, ihre Muschi täte ihr weh. Er fällt in ein Gefühl des Verlassenseins wie in einen Brunnen. Er steht auf, geht in den Verschlag, der als Küche, Bad und Klo herhält. Unter der gelben Glühbirne wühlt er im Wäschekorb, zieht einen Slip von ihr heraus, schnüffelt und kratzt mit dem Fingernagel daran, auf der Suche nach Spuren vom Sperma des anderen Mannes. Er zieht ihn über und onaniert lange, ohne zum Orgasmus zu kommen, dann geht er ins Bett zurück, dessen Laken nach Schweiß, Angst und dem schlechten Wein riecht, den man verschüttet, wenn man aus der Flasche trinkt. Auf den Ellenbogen gestützt schaut er den zusammengekrümmten, weißen, mageren Körper der Frau an, die er liebt, ihre kleinen, spitzen Brüste und die dicken Socken am Ende ihrer langen Froschschenkel. Sie klagt über schlechte Durchblutung, ihre Füße sind immer eiskalt. Er hat es geliebt, so geliebt, ihre Füße in seine Hände zu nehmen und sanft zu reiben, um sie wieder aufzuwärmen. Wie sehr er das mochte! Wie schön er sie fand! Ist Elena wirklich so schön? Hat sich die alte Giftkröte dort drüben, Lili Brik, nicht grausam über sie lustig gemacht, als sie ihr einredete, im Westen würden sich ihr alle zu Füßen werfen? Wenn Alex Liberman nichts für sie tut und die Agenturen nicht zurückrufen, gibt es wohl einen Grund, und dieser Grund springt einem in die Augen, wenn man die Fotos in ihrem book anschaut. Ein hübsches Mädchen, ja, aber von einer linkischen, provinziellen Anmut. In Moskau konnte sie damit Eindruck schinden, aber Moskau ist eben Provinz. Wenn man sich einmal dessen klar wird, ist der Kontrast zwischen ihrem Getue als Femme fatale und ihrer tatsächlichen Situation eines would be -Models, das von drittklassigen Fotografen aufs Kreuz gelegt wird und das es nie schaffen wird, erschütternd. Er sieht das jetzt alles ganz klar, und er hat Lust, sie zu wecken und es ihr zu sagen. Er sucht nach den grausamsten Sätzen, je grausamer, desto hellsichtiger kommen sie ihm vor, er hat einen schmerzlichen Genuss daran; gleichzeitig steigt eine Welle immensen Mitleids in ihm auf; er sieht ein ganz kleines, verschrecktes, unglückliches Mädchen, er möchte es beschützen und nach Hause bringen, von wo sie nie hätten weggehen dürfen, seine Augen richten sich auf die Ikone, die sie wie alle Russen, selbst die ungläubigen, in einer Ecke dieses düsteren, auf fremdem Boden verlorenen Zimmers aufgehängt haben, und es kommt ihm vor, als schaue die Jungfrau, die über ihrer Brust ein kleines Jesuskind mit zu dickem Kopf hält, sie beide traurig an und als liefen ihr Tränen über die Wangen; und er fleht sie an, sie beide zu retten, und glaubt selber nicht daran.
Sie wacht auf, und die Hölle beginnt von Neuem. Sie will hinaus, er will sie nicht gehen lassen, also streiten sie sich, trinken, werden handgreiflich. Sie wird gemein, wenn sie trinkt; und da er von ihr verlangt hat, ihm alles zu sagen und nichts zu verheimlichen, wunderbar, verheimlicht sie ihm nichts und sagt ihm all das, was ihn am meisten zu verletzen vermag. Zum Beispiel, dass Jean-Pierre sie in den Sadomasochismus eingeführt habe. Dass sie sich gegenseitig fesseln, dass er ihr ein mit Nägeln beschlagenes Halsband gekauft hat, das einem Hundehalsband ähnelt, und einen Dildo wie den ihren, aber noch dicker, den sie ihm in den Arsch steckt. Dieses Detail – der Dildo, den sie, sie!, in Jean-Pierres Hintern schiebt – lässt ihn den Kopf verlieren. Er presst sie aufs Bett und umklammert ihren Hals. Er spürt die zerbrechlichen Wirbel unter seinen starken, nervösen Händen. Zuerst lacht sie und fordert ihn heraus, dann wird ihr Gesicht rot, ihr Ausdruck kippt von der Kampfansage in Ungläubigkeit, dann von Ungläubigkeit in reines Entsetzen. Sie beginnt sich aufzubäumen und um sich zu schlagen, aber er drückt sie mit seinem Gewicht nieder und sieht in ihren Augen, dass sie begreift, was ihr gerade geschieht. Er drückt zu, immer fester, die Abdrücke seiner Hände auf ihrem Hals werden weiß, und sie schlägt um sich, sie will Luft, will leben. Ihr Entsetzen und die Zuckungen ihres Körpers erregen ihn derart, dass er ejakuliert, und während sein Geschlecht sich endlich in langen Stößen entleert, löst er den Druck, öffnet seine Hände, lässt sie schlaff herunterbaumeln und legt sich auf
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