Limonow (German Edition)
Vorzüge des Reichtums, ohne die damit verbundenen Sorgen zu haben – denn die Reichen, meint sie, haben eine Menge Sorgen, man möchte nicht mit ihnen tauschen …
Das kann man natürlich so sehen. Eduard könnte seine Inthronisierung in dieses Haus, wo er inzwischen praktisch wohnt, als wunderbares Geschenk des Schicksals betrachten. »Nur Scheiße, Jenny, du bist das Dienstmädchen! Und ich der Liebhaber des Dienstmädchens!« Eines Tages knallt er ihr das vor, als spucke er ihr ins Gesicht. Er will sie zum Explodieren bringen. Aber sie explodiert nicht. Sie schaut ihn mehr überrascht als verletzt an, als sei er verrückt, und statt sich aufzuregen, antwortet sie ruhig: »Niemand zwingt dich, hier zu bleiben, Ed.« Eine einfache, aber gute Antwort. Nein, niemand zwingt ihn zum Bleiben. Außer dass er jetzt, da er vom Luxus gekostet hat als einer, der mit seinen fünfunddreißig Jahren praktisch nie in annehmbaren Verhältnissen gelebt hat, nicht die geringste Lust hat, ins Hotel Embassy, zu den müßigen Tagen auf den Rasenflächen des Central Parks oder zu Bettgeschichten in Elendsvierteln zurückzukehren. Schade, dass Steven nicht schwul ist, denkt er.
7
Schmakow, der jeden kennt, überbringt ihm Neuigkeiten von Elena. Eduard war davon ausgegangen, sie mache in einer Welt Karriere, die für ihn unerreichbar ist – in Lofts, mit Champagner, Kokain, internationalen Künstlern und Models –, doch in Wirklichkeit schlägt sie sich mehr schlecht als recht durch. Sie hat Jean-Pierre verlassen und andere Liebhaber gehabt, die sie ziemlich schlecht behandelt haben, der letzte hat sie sogar sitzenlassen.
Sie sehen sich wieder. Sie wohnt in einem dunklen Atelier, das kaum besser ist als ihre frühere Bruchbude auf der Lexington. Sie schnieft und hat rote Augen, ihr Kühlschrank ist leer. Sie fragt ihn kaum danach, was aus ihm geworden ist: Umso besser, er hätte keine Lust zuzugeben, ein angeheirateter Butler zu sein. Sie gehen hinaus spazieren, und er schlägt ihr vor, zu Bloomingdale’s Klamotten kaufen zu gehen – er weiß, dass dies bei ihnen beiden wie ein Zaubermittel wirkt. »Such dir aus, was dir gefällt«, sagt er. Misstrauisch und besorgt mustert sie ihn: Hat er denn genug Geld? Kein Problem, er hat gerade seinen Welfare -Scheck abgeholt. Gut. Raten Sie mal, was Elena auswählt? Unterhöschen. Süße, kleine, nuttige Unterhöschen, mit denen sie ihre Möse bedeckt, die er nicht mehr auseinanderschieben und in die er nicht mehr eindringen darf. Sie probiert sie an und kommt aus der Umkleidekabine: barbusig, mit hohen Absätzen und über einer Feinstrumpfhose das Höschen; und beide Stoffe sind so dünn, dass man ihre Schamhaare durchsieht.
Er fragt sich, ob sie in ihrem Beruf tatsächlich so herumzulaufen pflegt und es selbst nicht mehr merkt oder ob sie es absichtlich tut, um ihn zu erregen und zu frustrieren. Er verachtet sie: Sie ist eine Nutte, ein verhindertes Model, eine Verdorbene, mit der es noch böse enden wird; aber aus der Tiefe dieser Verachtung spült eine Woge von Liebe und Mitleid in ihm hoch und schlägt über ihm zusammen. Dass seine russische Prinzessin vor lauter Angst zu dieser pathetischen, vulgären, gemeinen Kreatur geworden ist, macht sie für ihn nur noch wertvoller. Er hat jetzt weniger Lust, sie zu vögeln, als sie in seine Arme zu nehmen, sie hin und her zu wiegen und zu trösten. Er hat Lust, ihr zu sagen: »Hören wir auf mit dem Quatsch, hauen wir ab, solange noch Zeit ist, geben wir uns eine zweite Chance; das Einzige, was auf dieser Welt zählt, ist die Liebe, jemandem vertrauen zu können, und du kannst mir vertrauen, ich bin treu, gut und stark, und wenn ich mein Wort gegeben habe, halte ich es auch. Wir können nicht wieder nach Hause, aber wir können diese große Stadt, die uns auffrisst, verlassen und an einen ruhigen Ort gehen. Ich suche mir einen normalen Job, ich werde Möbelpacker wie Lionja Kossogor, und dann kaufe ich mir einen oder zwei Laster und werde Chef einer Umzugsfirma. Wir gründen eine Familie, und am Abend stellst du die Suppe auf den Tisch, ich erzähle dir von meinem Tag, und in der Nacht pressen wir uns aneinander, ich sage dir, dass ich dich liebe, ich werde dich immer lieben, und irgendwann werde ich dir die Augen schließen oder du schließt meine.«
Nachdem er 100 Dollar für zwei Unterhosen bezahlt hat, schlägt er vor, etwas trinken zu gehen. Sie kennt ein Lokal in der Nähe, und das ist selbstredend sehr teuer. Sie lässt ihn
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