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Linda Lael Miller

Linda Lael Miller

Titel: Linda Lael Miller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denn dein Herz kennt den Weg
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reisen? Es ist eine abscheuliche Stadt, voller
Diebe, voll Unrat auf den Straßen und Ratten in jedem Dachboden und Keller.«
    »Das weiß
ich«, stimmte Melissande zu, weil sie ihm in dieser Hinsicht immer recht
gegeben hatte. »Aber mein Geschäft befindet sich in London, und in der Nähe, in
Taftshead, besitze ich ein Haus.«
    »Deine
Galeeren.« Die Worte kamen so kalt, so brüsk, daß sie ein Frösteln in
Melissande auslösten.
    Sie erhob
sich nun doch und ging zu ihm. »0 Christian«, flüsterte sie bewegt und legte
eine Hand auf seine Schulter. Er versuchte, sie abzuwehren, doch zum guten
Schluß war er nicht stark genug und konnte sich ihr nicht entziehen. »Wie
kannst du nur glauben, ich hätte dir irgend
etwas antun wollen? Ich war noch Jungfrau, als ich mich dir schenkte, und
liebte dich von ganzem Herzen.«
    Einen
langen Moment schaute er ihr nur prüfend ins Gesicht. Die Antwort, die er ihr
dann gab, schockierte sie o sehr, daß sie vorübergehend wieder sprachlos war.
Nach meiner ersten Auspeitschung, sechs Monate etwa, nachdem ich
gefangengenommen worden war«, sagte er grimmig, »ließ der Kapitän mich in seine
Kajüte bringen. Er zeigte mir einen Brief, den du persönlich unterzeichnet
hattest, und der den Befehl enthielt, mich als Galeerensklaven auf die Eleanora zu bringen.«

6. Kapitel
    ... Er
zeigte mir einen Brief, den du persönlich unterzeichnet hattest, und der den Befehl enthielt,
mich als Galeerensklaven auf die Eleanora zu bringen ...
    Melissande
starrte Christian betroffen an. »Einen derartigen Befehl habe ich niemals
unterzeichnet!« rief sie und legte eine Hand an ihren Hals, weil die Worte
schmerzten wie ein Dolch in ihrer Kehle. Und vor allem, weil sie sich jetzt,
noch während sie die Worte sagte, an all die Dokumente erinnerte, die sie auf
Geheiß ihrer Stiefmutter unterzeichnet hatte, ohne vorher Gelegenheit gehabt
zu haben, sie zu lesen. Es war einige Wochen vor Christians > Tod < gewesen, als ihr Vater sich auf einer seiner Reisen befunden hatte ...
    Nicht die
geringste Emotion spiegelte sich auf Christians geschwollenem Gesicht wider –
weder Zweifel, Vertrauen, noch irgend etwas anderes. Er beobachtete Melissande
nur schweigend.
    Langsam
begann sie zu begreifen, was geschehen war –, daß sie beide, sie und Christian,
ausgerechnet von jenen Menschen verraten worden waren, denen sie am meisten
vertraut hatten. James hatte sie zur Gattin neh men wollen, um auf diese Weise
die Kontrolle über ihr Vermögen zu gewinnen. Ihr Vater und Eleanora hatten den
Titel gewollt, den nur James ihnen liefern konnte, da er der erstgeborene Sohn
war. Sie hatten sich zusammengetan, diese drei, um ihre Ziele zu erreichen,
und dabei eine Liebe zerstört, die so rein und hell wie Sternenlicht gewesen
war.
    Melissande
kämpfte gegen ihre Tränen – sie würde ihnen später freien Lauf lassen, in der
Ungestörtheit ihrer Zelle, wo niemand ihre Schwäche sehen würde. Langsam wandte
sie sich ab, und ein Zittern lief über ihren Rücken, als sie mehrmals tief
einatmete, um sich zu beruhigen.
    »Wenn du es
nicht warst, Melissande«, wandte Christian nüchtern ein, »wer dann?«
    Sie drehte
sich nicht zu ihm um, aber sie straffte ihre Schultern und hob ihr Kinn. Sie
war viel zu lange Kind gewesen; es wurde Zeit, erwachsen zu werden. Sie hatte
ein Geschäft, um das sie sich kümmern mußte, und ein neues Gelübde zu erfüllen,
den Schwur, jeden einzelnen der Männer, die auf ihren Schiffen als Sklaven
gehalten wurden, zu befreien und für das erlittene Unrecht zu entschädigen.
    »Schau in
dein Herz«, erwiderte sie ruhig. »Dort wirst du die Wahrheit finden, ob du nun
bereit bist, sie anzuerkennen oder nicht.«
    »Du lügst.«
    »Das würde
ich nicht tun«, beharrte sie, ohne sich zu ihm umzudrehen. »Lügen ist eine
Sünde.«
    »Und deinen
Liebhaber in die Sklaverei zu verkaufen auch«, versetzte Christian in täuschend
mildem Ton. »Komm schon, Melissande – hier ist deine Gelegenheit, den ersten Stein
zu werfen. War es vielleicht mein Bruder? Oder hatte dein Vater im letzten
Augenblick beschlossen, daß er eine weitaus bessere Partie für seine einzige
Tochter hätte finden können?«
    Erst da
drehte sie sich zu ihm um, mit so heftig klopfendem Herzen, daß der Puls in
ihren Ohren dröhnte und ihr Atem schnell und flach ging. »Und wenn sie
Komplizen waren und
sich gegen uns verschworen hatten?« herrschte sie ihn an. »Würde das etwa
bedeuten, daß ich auch etwas damit zu tun

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